In einem elf auf zwei Meter großen Holzrahmen blickt ein in leuchtenden Farben gestaltetes Augenpaar die Besucher an, und zwar mit einer klaren Aussage. Das Bild weist auf das Thema Klimaschutz hin und regt zum Nachdenken an. Und: Es ist eine optische Bereicherung in der noch nicht fertig sanierten Unterführung.
Die Bodenbeläge des längst in die Jahre gekommenen und unansehnlich gewordenen Bauwerks wurden im Jahr 2020 erneuert. Jetzt muss der Gemeinderat noch rund 400.000 Euro bereitstellen, damit Wände und Beleuchtung sowie die Grundlage für das Kunstprojekt Urban Art Gallery realisiert werden kann.
Der Technische und Umweltausschuss hat bereits den Projektbeschluss gefasst, jetzt muss der Gemeinderat noch grünes Licht geben. Damit sich die Entscheidungsträger vorstellen können, wie die Unterführung künftig aussehen soll, hatte Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn eine Probebemusterung zugesagt, die jetzt umgesetzt wurde.

Die Wände des Bauwerks sollen neu gefliest werden, und zwar mit hellgrauem Glasmosaik; ein Quadratmeter großes Muster sei bereits gefertigt und würde in die Unterführung gestellt, so der Baubürgermeister. Bewusst schlicht sollten die Wände gehalten sein. „Sie sollen sich zurücknehmen und einen ruhigen Hintergrund bilden“, meint Langensteiner-Schönborn, denn die Urban Art Gallery – eine Freiluftausstellung von Graffiti- und Street-Art-Künstlern – solle wirken.
Im Jahr 2016 wurde bereits unter Federführung des Urban-Art Künstlers Emin Hasirci vom Designstudio Eminent ein Graffiti-Projekt realisiert, das auf große Beachtung stieß. Unter dem Motto „Signals Under Traffic“ hatten sieben Künstler aus sieben Nationen großformatige Bilder geschaffen und damit die unattraktiv gewordene Unterführung aufgewertet. Erst im Zuge der ersten Sanierungsphase wurden die Kunstwerke entfernt und eingelagert. Die Intention ist nun, eine dauerhafte Urban Art Gallery an diesem Ort zu realisieren.
Zwölf große, massive Rahmen in unterschiedlichen Formaten sollen in der Unterführung aufgehängt werden. „Wir nehmen Holz- statt Alurahmen“, stellt Karl Langensteiner-Schönborn fest und fügt an: „Eichenholz ist ökologisch nachhaltig und ästhetisch schön.“ Die Rahmen werden mit einer kleinen Distanz von der eigentlichen Wand gehängt, „sodass die Bilder quasi an der Wand schweben“, beschreibt Langensteiner-Schönborn.
Die Rahmen haben aber eine zusätzliche Funktion, denn die künftige Beleuchtung wird integriert. So werde die Unterführung dann indirekt beleuchtet, respektive ausgeleuchtet, ohne Blendwirkung zu erzielen. Die Kosten für diese Probebemusterung lägen im „niedrigen fünfstelligen Bereich“ und würden von Sponsoren übernommen, erklärte Langensteiner-Schönborn auf SÜDKURIER-Nachfrage.

Bei Umsetzung der zweiten Bauphase fielen dann rund 200.000 Euro für die Fliesen und weitere 200.000 Euro für Rahmen und Beleuchtung an. Die Kunst selbst ist damit nicht bezahlt. Um die Flächen dann künstlerisch zu bespielen, kalkuliert Karl Langensteiner-Schönborn etwa 37.000 Euro ein, denn nicht nur das Material, sondern auch die Künstler müssen bezahlt werden.
Gerade in der jetzigen Krise „brauchen Künstler die Möglichkeit, ihre Kunst darzustellen“, meint Emin Hasirci. Mit dieser Freiluftausstellung soll die Attraktivität der Unterführung gesteigert und zu einem Raum für Dialoge werden. Grundlage der Projektidee ist aber auch ein turnusmäßiger Wechsel der Bilder, um dem Galerie-Charakter gerecht zu werden und immer wieder neue Themen und Inhalte zu spielen.
„Nur durch einen Wechsel kann man die Galerie lebendig halten“, so Langensteiner-Schönborn. In welchen Intervallen Künstler eingeladen werden sollen, steht noch nicht fest. Angesprochen auf die angespannte Lage des städtischen Finanzhaushaushalts – schließlich stehen pro Kunstaktion für zwölf Bilder 37.000 Euro im Raum – meint Karl Langensteiner-Schönborn, die Kosten könnten auch über Sponsoring und Crowdfunding gedeckt werden. Überdies ist auch Merchandising im Gespräch, „limitierte Auflage von Kunstdrucken der Bilder“ und dergleichen mehr, wie Emin Hasirci in Aussicht stellt.
Sofern der Gemeinderat seine Zustimmung gibt und damit die finanziellen Mittel bereitstellt, könnten, so der Baubürgermeister, die Fliesenarbeiten bereits im Mai weitestgehend fertiggestellt sein. „Die Rahmen könnten im Juni durch die Technischen Betriebe gefertigt werden, so dass ab Oktober die künstlerische Ausgestaltung mit Graffitis möglich ist“, sagt Karl Langensteiner-Schönborn zum Zeitplan.
