Der Bodensee gehört auch zum Einsatzort der Ortsgruppe Konstanz des Technischen Hilfswerks (THW). Die Ehrenamtlichen retten keine Menschen vor dem Ertrinken, denn das ist das Kerngeschäft der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Bootsbrände und dergleichen fallen in das Leistungsportfolio der Feuerwehr.
Was hat dann das THW auf dem Wasser zu suchen? „Einiges“, schmunzelt der Ortsbeauftragte Wolfgang Rüdiger und gibt einige Beispiele: Treibholz bei Hochwasser aus dem See holen, havarierte Boote sichern und bergen, bei Such- und Rettungseinsätzen unterstützen „und das Flugzeugunglück in Überlingen 2002 fiel übrigens auch in unser Metier.“
Bodensee ist nicht zu unterschätzen
Der Bodensee hat seine Tücken, gleichzeitig wird er sehr genutzt. „Im Sommer sind bis zu 50.000 Freizeitkapitäne auf dem See: Segler, Motorbootfahrer, Paddler, Kanuten, Wind- und Kitesurfer, Stand-Up-Paddler…“, schildert Peter Herr, Gruppenführer der Fachgruppe Wassergefahren.
Dass der Bodensee nicht zu unterschätzen ist, wissen die Konstanzer Ehrenamtlichen des THW nur zu gut. „Bei Sturmlagen gibt es dann schon mal dreieinhalb Meter hohe Wellen“, so Peter Herr und Wolfgang Rüdiger stellt fest: „Mit einer kleinen Nussschale nicht empfehlenswert.“
Das THW geht „dann raus, wenn andere zurückkommen“, so Rüdiger. Kann es aktuell aber nicht, denn seit einem Jahr liegt das alte Boot auf dem Trockenen. Die Konstanzer THWler sind aber nur halb traurig, denn das alte Boot, das 1989 angeschafft wurde, ist alles, nur nicht mehr sicher. „Das Modernste ist der Magnetkompass“, stellt Peter Herr lapidar fest.
„Ich habe schon viele haarsträubende Ritte auf dem Boot gemacht“, erzählt er über das 7,5 Meter lange und 2,5 Meter breite, offene Boot. Er erinnert sich an einen Wintereinsatz bei Sturm, wo das Wasser nur so ins Boot reinschwappte. „Unsere Stiefel sind festgefroren“, so Herr, der in Anbetracht der Unzulänglichkeiten des Wassergefährts urteilt: „Im Zweifel sind wir die ersten, die Hilfe brauchen.“

Fachgruppe Wassergefahren ist nicht einsatzbereit
Ein zweites Boot hat der Konstanzer THW-Ortsverband nicht am Start, lediglich ein Schlauchboot, liebevoll „Radiergummi“ genannt. Fakt ist: „Die Fachgruppe Wassergefahren ist nicht einsatzbereit“, stellt Peter Herr fest. Damit entsteht auf dem Bodensee eine Lücke, denn „am See gibt es nur zwei THW-Gruppen Wassergefahren: Lindau und wir“, erklärt Wolfgang Rüdiger.
Rüdiger fügt an: „Wenn etwas untergeht, dann tut sich jeder schwer.“ Sprich: Der Konstanzer Ortsverband bräuchte nicht nur ein neues, sondern vor allem „ein größeres Boot mit mehr Technik, denn speziell für mittlere bis schwere Bergung fehlt hier am Bodensee noch was“.
Kernaufgaben: Retten und Bergen
Was sie wollen, das wissen die Konstanzer THWler längst: „Wir wollen ein Wasserfahrzeug, mit dem wir unsere Kernaufgabe – in erster Linie Retten und Bergen – erfüllen können, und zwar ohne Gefahr für die Mannschaft“, so Peter Herr. Konkret: „Ein großes Arbeitsboot, das am See noch fehlt. Beispiel: Beim Flugzeugunglück bei der Insel Mainau waren wir für die Bergung auf die Autofähre angewiesen.“

Peter Herr geht ins Detail: „15 bis 17 Meter lang und fünf Meter breit, Gewicht 15 Tonnen, damit wir auch bei schlechtem Wetter eine stabile Arbeitsplattform haben. Geringer Tiefgang, damit wir bis ins Flachwasser können. Und 30 Knoten, das sind etwa 60 Stundenkilometer.“
Es sollte über eine beheizbare Kabine verfügen und mit einem hydraulischen Bergekran sowie diversem Equipment ausgestattet sein, „um Havaristen zu retten und zu bergen“, wie Peter Herr beschreibt. Mit welchen Kosten er rechnet? „Der Investitionsrahmen dürfte zwischen 800.000 und einer Million Euro liegen.“
„Wir wollen nicht etwas Besseres als andere. Wir wollen lediglich sicher unterwegs sein, helfen können und unsere Aufgaben erfüllen, ohne selber in Gefahr zu kommen“, stellt Peter Herr klar. Warum die Investition sinnvoll ist? „Wir sind günstig gelegen. Innerhalb einer Stunde können wir dann in jedem Teil des Bodensees sein“, sagt Wolfgang Rüdiger.
Konstanzer THW braucht Rückenwind
Mit den Planungen beschäftigen sich die Konstanzer, die der ehrenamtlich getragenen Organisation des Bundes angehören, schon länger. „Bonn weiß schon seit fünf bis sechs Jahren Bescheid“, sagt Peter Herr trocken.
„Wenn die Leitung in Bonn Ja sagt, dann geht es zum Bundesbeschaffungsamt und dann erfolgt die europaweite Ausschreibung. Aber so weit sind wir noch lange nicht. Der Landesbeauftragte ist zwar begeistert, aber unsere Idee muss sich noch vielen Prüfungen stellen“, erklärt Peter Herr, wohlwissend, dass noch dicke Bretter zu bohren sind.
Aktuell nimmt der Ortsverband Kontakt zu den Bürgermeistern der Städte und Gemeinden am See auf. Den Grund bringt Herr auf den Punkt: „Wir erhoffen uns den entsprechenden Rückenwind“, schließlich will der Ortsverband Konstanz endlich auch auf dem See wieder einsatz- und leistungsfähig sein, mit der nötigen Handbreit Wasser unter dem Kiel.