Die Liste ist lang und wird immer länger: drei Mal Ibis, B&B, 47 Grad sind in den zurückliegenden Jahren entstanden, das Waldhaus Jakob und Riva erweitern, Hilton will sich an der Reichenaustraße niederlassen, am Torhaus geht es zügig voran, die Sparkasse schafft Platz für Hotelzimmer in Premiumlage, am Projekt Büdingen erhitzen sich derzeit die Gemüter. Gefühlt benötigt die Stadt nicht noch mehr Hotels, und die ersten Bürger setzen diesen Markt in Konkurrenz zum Wohnbau. Dieser Markt wächst immerhin. Im Gegensatz zur Industrie.
Aus Brachen wurden belebte Viertel
Mehr als 5000 Schlafgelegenheiten in Konstanz, Tendenz stark steigend. Mit jedem weiteren Hotel, das aus dem Boden geschossen ist, stieg der Unmut in der Stadt. Die ohnehin schon so überlaufen sei, und dann sollen immer mehr Touristen angezogen werden?
Konstanz ist beliebt bei Tagestouristen und Urlaubsgästen, das zeigen die Übernachtungszahlen. Andere Regionen und Städte wären froh, sie fänden solchen Anklang. Jeder Besucher bringt Kaufkraft mit, lässt viele Euro beim Einkauf und im Restaurant oder im Museum und auf der Blumeninsel liegen, er gibt einer für Konstanz so wichtigen Branche Rückhalt.
Auch das gehört zur ganzen Wahrheit: Wäre die Stadt nicht so begehrt, hätte sie ihre Fassade innerhalb der zurückliegenden 15 Jahre nicht so extrem aufpolieren können. Wo früher Brachen waren, stehen heute ein Einkaufszentrum, ein Kaufhaus mit Wohnungen auf dem Dach oder eben ein Hotel. Gewiss mögen Tourismus und Einkaufsbranche nicht die größte Wertschöpfung haben, aber eine nicht zu vernachlässigende.
Nicht am Ast sägen
Unabhängig von der Frage, welchen Standard Konstanz noch benötigt, gerade der Berherbergungssektor scheint noch viel Potenzial zu haben. Wie viel und wo, das soll ein Gutachten demnächst darlegen. Bauherren werden aber nicht Millionen von Euro investieren, wenn sie in der Stadt nicht noch Chancen sähen.
Zwischenzeitlich lockt sie auch in der kalten Jahreszeit die Urlauber an, Attraktionen wie der Weihnachtsmarkt und die Therme helfen hierbei. Der Anklang spült nebenbei Gewerbesteuer in die städtische Kasse. Diese Einnahmen kommen von jenen großen Unternehmen nicht mehr, die zuletzt ihre Segel gestrichen haben.
Die Ansiedlung neuer Firmen ist nicht in Sicht. Genau dies ist das Thema. Neben den kleinen Denkfabriken, die in der Stadt einen guten Nährboden für ihre Entwicklung finden, ist das Gastgewerbe ein immer wichtiger werdender Wirtschaftszweig. Lieber auf Wohnraum anstatt auf Tourismusförderung zu setzen, damit würde die Stadt an einem Ast sägen, auf dem sie sitzt. Sie muss das eine tun, ohne das andere zu lassen.