Unterlagen wie diese hat wohl auch Andreas Napel, der Chef des Baurechts- und Denkmalamts, noch nicht so oft gesehen. 47 Seiten umfasst eine Bauvoranfrage, gestellt von einer Sea Palace AG aus Bäch im Kanton Schwyz. Und bereits die ausdrücklich als vorläufig einzustufenden Informationen, die das Dokument über ein Projekt auf dem Büdingen-Areal preisgibt, zeigen: Was ein Schweizer Investor an der Stelle plant, sprengt alle Dimensionen, wie man sie in Konstanz bisher kannte.
Das Projekt "Sea Palace Hotel" sieht unter anderem eine 406 Quadratmeter große Suite vor. Und sie soll auf dem Dach einen Hubschrauberlandeplatz erhalten. "Die exklusive Qualität des geplanten Gesundheitshotels verlangt nach höchsten Sicherheitsansprüchen für ranghohe Personen aus Politik und Wirtschaft", die in einem medizinsichen Notfall sofort mit dem Helikopter weggebracht werden müssten. So steht es in der Bauvoranfrage.
Hinter dem Projekt stehen ein Architekt und ein Investor aus Graubünden. Der Mann, der das Büdingen-Areal im Frühjahr 2016 gekauft hat, will seinen Namen noch nicht in der Zeitung lesen. Er sei aber ein erfahrener Hotelbesitzer und -betreiber, und er werde sich an die Festsetzungen der Baubehörde halten. Ob er sein Vorhaben aufgibt, wenn die Stadt es nicht zulässt, dass er zwar Grundfläche einspart, dafür aber in bestimmten Bereichen höher baut als im Bebauungsplan vorgesehen, ließ er offen. Zu Details werde er sich erst äußern, wenn er eine Antwort auf die Bauvoranfrage hat.
Unter den Nachbarn ist die Unruhe groß. Als sie von der Stadtverwaltung über das Vorhaben informiert wurden, war ihnen schnell klar: Mit dem seit Jahrzehnten immer wieder diskutierten Hotel-Neubau im bisher weitgehend naturbelassenen Parkgelände könnte es diesmal wirklich ernst werden. Auch der Verein Bürgerpark Büdingen, der lange für eine Öffnung des Geländes als reinen Park kämpfte, hat sich eingeschaltet. In einer Erklärung heißt es, man befürchte den Verlust der Grünzone und mehr Verkehr. Und weiter: "Die Bewohner des Viertels wollen keine Sonderrechte für sich, sie wollen aber auch nicht Opfer eines Bauprojekts werden, das vorrangig den Interessen auswärtiger Kapitalanleger dient, nicht aber der Verschönerung des Stadtbildes." Es sei "kein öffentliches Interesse, einen Bau an zentraler Stelle der inneren Konstanzer Bucht an den Interessen 'ranghoher Personen aus Politik und Wirtschaft' auszurichten, nicht aber am Normalbürger".
Der Büdingenpark-Verein fordert "alle Entscheidungsträger auf, die Bauvoranfrage abzulehnen", doch ob diese Forderung Gehör findet, ist ungewiss. Der Gestaltungsbeirat gab dem Vorhaben nach SÜDKURIER-Informationen in der zweiten Verhandlungsrunde seine Zustimmung. Dass teilweise höher gebaut werde als der Bebauungsplan es vorsieht, sei aus gestalterischer Sicht kein Problem, soll es in der nicht-öffentlichen Sitzung geheißen haben. Auch die vorgestellte Architektur wurde demnach positiv aufgenommen. Und kann die Politik überhaupt eine Bauvoranfrage ablehnen? Stadtrat Peter Müller-Neff, der genau dieses Thema jüngst in den Technischen und Umweltausschuss eingebracht und eine lange Debatte über den Charakter solcher Bauvoranfragen ausgelöst hatte, ist sich nicht sicher. Aber er fordert: "Wir müssen über solche Projekte früh, transparent und öffentlich diskutieren."
Wie enge Grenzen dieser Forderung gesetzt sind, zeigt die Antwort der Stadtverwaltung auf Fragen des SÜDKURIER. Unter Verweis auf den Datenschutz heißt es, zum Stand des Verfahrens könnten keine Aussagen getroffen werden. Allerdings bestätigt die Verwaltung die Pläne. Die erweiterte Nachbarschaft sei beteiligt worden, was auch aus dem Park-Verein bestätigt wird. Dass die Politik mitsprechen kann, hält man im Rathaus für sehr unwahrscheinlich. Weil es einen rechtsverbindlichen Bebauungsplan gibt, wäre "für etwaige Ausnahmen oder Befreiungen ein sogenanntes Einvernehmen der Gemeinde nicht erforderlich; eine Entscheidung hierüber unterliegt ausschließlich geltenden bauplanungsrechtlichen Bestimmungen". Was so viel heißt wie: Die Entscheidung über das Luxushotel fällt in den Verwaltungsbüros und nicht im Ratssaal.
Das Büdingen und die Pläne
Benannt nach der zwischen 1889 und 1971 betriebenen Privatklinik der Ärztefamilie Büdingen, ist das baumbestandene Grundstück zwischen Seestraße und Mainaustraße ein echtes Konstanzer Filetgrundstück.
- Festlegung auf ein Hotel: Ein Bebauungsplan von 1987, geändert 1991, schreibt für die Fläche die Bebauung mit einem Hotel vor. Aus genau diesem Grund konnte der langjährige Besitzer, die Baden-Württembergische Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte, es nicht verkaufen – es fand sich kein Investor. Das hat sich 2016 geändert, als ein Schweizer Hotelier das Gelände kaufte.
- Öffnung des Parks: Neben den Baugrenzen und der Baumasse schreibt der Bebauungsplan auch vor, dass der Park für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Dies sieht auch die Bauvoranfrage ausdrücklich vor. Schützenswerte Bäume werden laut dem Dokument weitgehend erhalten.
- Nächste Schritte: Da die Bauvoranfrage gegenüber den Limits im Bebauungsplan eine um rund 10 000 Kubikmeter höhere Baumasse vorsieht, muss die Stadtverwaltung abwägen. Unter anderem ist die Frage, ob der Investor höher bauen darf, wenn er dafür die Baufenster nicht voll ausnutzt. Auch einige Baugrenzen sind leicht überschritten, wie die Stadtverwaltung auf Anfrage mitteilt. (rau)