Eigentlich wollte die Allensbacherin Gilla Herbst interessierten Mitbürgern lediglich Tipps für das Anfertigen einer tauglichen Mund-Nasen-Maske geben. Die Diplom-Biologin und Lehrerin, die selbst zur Risikogruppe gehört, war von dem bestehenden Angebot nicht überzeugt und überlegte, wie sie sich möglichst optimal vor einer Corona-Infektion schützen kann. Ihr Konzept, das der SÜDKURIER vorstellte, überzeugte sofort viele Menschen.

Sofortig Hilfe von vielen Seiten

Wie ein Lauffeuer sprach es sich in der Gnadenseegemeinde herum, versierte Schneiderinnen und begeisterte Hobbynäherinnen meldeten sich und es begann ein Bürgerschaftsprojekt der besonderen Art: Die Aktion „takecare4allensbach“ nahm Fahrt auf, mit Unterstützung der Kliniken Schmieder und tatkräftiger Hilfe der Hochschule Konstanz – Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG).

Diese Mund-Nasen-Maske hat die Allensbacherin Gilla Herbst selbstgemacht. Hier zeigt sie den zugehörigen Filter.
Diese Mund-Nasen-Maske hat die Allensbacherin Gilla Herbst selbstgemacht. Hier zeigt sie den zugehörigen Filter. | Bild: Scherrer, Aurelia

Anfangs eine andere Idee

Noch immer schüttelt Gilla Herbst ungläubig den Kopf, wenn sie darüber nachdenkt, welchen Stein sie da ins Rollen brachte. Eigentlich wollte sie lediglich Tipps zum Selbermachen auf der spontan von ihrer Tochter Rebekka Herbst kreierten Homepage www.takecare4all.de veröffentlichen, damit jeder Interessierte sich selbst eine Maske nähen kann. Dass darauf ein höchst erfolgreiches Projekt entstehen würde, hatte sie nicht geahnt. „Es ging alles Schlag auf Schlag“, stellt sie fest und skizziert: Modedesignerin Annette Cronenberg hatte sich gemeldet und einen biozertifizierten doppellagigen Baumwollstoff gefunden, der sich ideal für eine Mund-Nasen-Maske eigne, durch den man gut atmen könne.

Ein dreischichtiger Filter

Das Besondere an Gilla Herbsts Masken-Variante ist ein dreischichtiger Filter, er besteht auf der Innenseite aus Schafswollfilz, in der Mitte ist ein Silberflies eingebracht und auf der Außenseite Kupfer. „Kupfer und Silber sind antibakteriell. Gerade auf Kupfer können sich Bakterien und Viren nicht halten“, stellt die Biologin fest, die eingehend recherchierte. Dieses Filtermaterial bestellte sie dann rollenweise.

CAD-Gerät schneidet zu

Innerhalb kürzester Zeit haben sich viele weitere Allensbacher Frauen gefunden, die mithelfen wollten. Lediglich das Ausschneiden der Filter erwies sich als aufwändig. Doch schon öffnete sich das nächste Türchen. Frauke Link, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Open Innovation Lab der HTWG, bot an, die Filter mit einem CAD-Gerät zu schneiden. Dadurch ging die Produktion viel schneller. „Das Material wurde optimal ausgenutzt“, sagt Gilla Herbst, es habe kaum Reste gegeben.

Unterstützung von den Kliniken Schmieder

Gilla Herbst ist den Kliniken Schmieder für die finanzielle Unterstützung dankbar, denn dadurch konnte sie die Masken gratis an die Bürger abgeben. „Die Initiative zeigt, was man gemeinsam erreichen kann und wie wichtig die Fürsorge für andere in einer Pandemie ist. Wir freuen uns sehr, das Projekt unterstützen zu können“, erklärt Geschäftsführerin Lisa Friedrich.

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Auch Cafe, Praxen und Geschäfte ziehen mit

Alle zogen also an einem Strang. Im Café am Rathaus konnte die Gruppe die vorab bestellten Mund-Nasen-Masken zur Abholung bereitstellen, Arztpraxen und weitere Geschäfte boten sich überdies zur Verteilung an. „Takecare4allensbach“ wurde rasch zum Selbstläufer und die Masken fanden reißenden Absatz. Gleichzeitig ließen die fleißigen Näherinnen nicht ab, den Tragekomfort zu optimieren. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass Männer mit Bart mit dem Schnitt der Maske Probleme hatten; die Maske verrutschte beim Sprechen. Gilla Herbst und das Team tüftelte an einem verbesserten Schnitt und die Variante „move“ entstand.

Stolz auf das Erreichte

„1350 Stück haben wir gefertigt und fast alle sind weg“, sagt Herbst, „der Bedarf ist da und die Leute sind äußerst dankbar und freuen sich über die Aktion.“ Sie hält kurz inne und sagt: „Eine tolle Geschichte. Ich hätte nie gedacht, dass wir Allensbach so versorgen könnten.“ Dabei hatte sie zu Beginn des Bürgerschaftsprojekt Zweifel, ob die Masken gewünscht oder gebraucht würden. Jetzt ist sie doch begeistert, was in einer guten Gemeinschaft zu Stande gebracht werden kann, um einander auch in schwierigen Zeiten zu helfen.

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