Beim Bau von Windkraftanlagen auf Gemarkung von Villingen-Schwenningen gehen Stadtverwaltung und die Gemeinderatsgremien auf deutliche Distanz zur bisherigen Planung des Regionalverbandes. Zu nah würden die 200 Meter hohen Anlagen an den westlichen Siedlungsgebieten stehen, zu gering sei an diesen Standorten die Windausbeute.

Eine klare Sache war daher am Mittwochabend, 12. März, der Empfehlungsbeschluss des Technischen Ausschusses an den Gemeinderat. Zehn Gemeinderäte stimmten dafür, die potenziellen Standorte für Windanlagen deutlich weiter nach Westen in die Tiefen des Neuhäuslewaldes zu verschieben: also dorthin, wo mehr Wind bläst und Windenergie effektiver gewonnen werden kann – und maximal weit weg von den Siedlungsgebieten Pfaffenweiler, Herzogenweiler oder Volkertsweiler.

Der für die Windkraftplanung zuständige Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg hatte, wie mehrfach berichtet, die möglichen Standortflächen für Windanlagen deutlich näher an den erwähnten Siedlungsgebieten ausgewiesen.

Bild 1: Windkraft ja – aber möglichst ganz tief im Wald
Bild: SK

Damit wollten die Planer keineswegs die Stadt und ihre Einwohner ärgern. Sie haben vielmehr berücksichtigt, dass es sich bei den von der Stadt favorisierten Waldgebieten um streng geschützte Natur- und Vogelschutzgebiete handelt. Dort in größerem Umfang zehn bis 15 Windkraftanlage zu bauen, dürfte schwer werden.

Ein politisches Dilemma, das auch die Stadtverwaltung und die Gemeinderäte im Technischen Ausschuss auf dem Magen lag. Was geschieht, wenn die Stadt die Flächenausweisung des Regionalverbandes ablehnt, aber mit ihrem alternativen Standortwunsch scheitert? Steht VS dann in einigen Jahren mit leeren Händen da bei ihren Bemühungen um die Energiewende?

Das könnte Sie auch interessieren

Alle politischen Gruppierungen im Gemeinderat mit Ausnahme der AfD waren sich einig, dass der Weg der Stadt zur Klimaneutralität ohne Windkraftanlagen nicht zu meistern ist. Gesucht wird daher ein Weg, der Mensch und Natur gerecht wird. Deshalb hat die Stadt auf eigene Faust eine Voruntersuchung durchgeführt, um festzustellen, ob es überhaupt noch Auerhühner im Neuhäuslewald gibt. Diese Vogelart steht unter besonders strengem Schutz.

Die Erkundung hatte das städtische Forstamt übernommen, das insgesamt 1650 Hektar Waldfläche im Neuhäuslewald zwischen Pfaffenweiler, Herzogenweiler und Vöhrenbach sondierte. Wie Forstamtsleiter Tobias Kühn im Ausschuss berichtete, konnte sein Team nicht einen einzigen Hinweis finden, dass im Untersuchungsgebiet noch Auerhühner nisten. Seit Jahren seien die seltenen Vögel dort nicht mehr gesichtet worden.

Forstamtsleiter Tobias Kühn hat kein Auerwild im Neuhäuslewald gefunden.
Forstamtsleiter Tobias Kühn hat kein Auerwild im Neuhäuslewald gefunden. | Bild: Sprich, Roland

Kühn stellte aber auch klar: Diese Voruntersuchung kann ein ordentliches Gutachten nicht ersetzen. Außerdem ist das Auerhuhn nicht das einzige geschützte Tier. Es geht auch um bedrohte Fledermäuse, und Haselmäuse, um Spechte, Käuze, den Rotmilan und Reptilien. Kühn: „Wir meinen aber, dass wir mit dieser Voruntersuchung einem Windkraft-Investor mehr Sicherheit geben, dass er ein Gutachten in Auftrag geben kann.“ Denn eine solche Untersuchung der Artenvielfalt kostet laut Stadt rund 700.000 Euro.

Die Stadtverwaltung, so führte Bürgermeister Detlev Bührer aus, will nun auf Basis dieser Voruntersuchung versuchen, beim Regionalverband eine Verschiebung der bisherigen Gebietskulisse für Windkraft in VS durchzusetzen. Die Voruntersuchung des Forstamtes öffne dafür die Tür. Kostspielige Gutachten werden nun folgen.

Steigen die Stadtwerke ein?

Bührer stellte dabei klar: Die Kosten für die Gutachten zahlt am Ende nicht die Stadt, sondern der Betreiber der Windkraftanlage. Die Stadt ist bereits im Gespräch mit der Firma Caeli Wind GmbH, die solche Flächen entwickelt und Investoren sucht. Möglicherweise werden auch die Stadtwerke VS mit bis zu 30 Prozent in einen Windpark einsteigen. Damit wäre auch die Kommune indirekt an der Gewinnung von Windenenergie beteiligt. Die Frage wird noch näher geprüft.

Das könnte Sie auch interessieren

Mehrere Stadträte beschäftigte aber auch die Frage: Wenn sich die Stadt jetzt gegen die Regionalplanung wehrt, wie lange wird sich dann der Bau von Windkraftanlagen verzögern? „Es wird deutlich länger dauern“, sagte Bürgermeister Detlev Bührer.

2028 könnte sich das erste Windrad drehen

Kirsten Hellstern, die die neue Leiterin des Stadtplanungsamtes, geht davon aus, dass eine Neuausweisung von Standorten mit den erforderlichen Untersuchungen und Gutachten zum bisherigen Planungsaufwand von zweieinhalb Jahren noch einmal eineinhalb Jahre zusätzlichen Aufwand bedeutet. Die erste neue Windkraftanlage im Neuhäuslewald könnte dann frühestens 2028 in Betrieb gehen.

Kirsten Hellstern, die Leiterin Stadtplanungsamt, rechnet bei einer Standortverschiebung der Windkraftanlagen mit einer Bauverzögerung ...
Kirsten Hellstern, die Leiterin Stadtplanungsamt, rechnet bei einer Standortverschiebung der Windkraftanlagen mit einer Bauverzögerung um eineinhalb Jahre. | Bild: Eberhard Stadler
Die Ortsvorsteher von Herzogenweiler, Andreas Neininger (links) und sein Kollege Martin Straßacker von Pfaffenweiler wollen keine ...
Die Ortsvorsteher von Herzogenweiler, Andreas Neininger (links) und sein Kollege Martin Straßacker von Pfaffenweiler wollen keine Windkraftanlagen unmittelbar neben den Ortschaften. | Bild: Stadler, Eberhard

Eine Zeitverzögerung, die allseits als verkraftbar eingestuft wurde. Am Ende gab es ein klares Meinungsbild im Ausschuss. Windkraft ja, aber nicht direkt im Einzugsbereich der Ortschaft, lautete der Tenor. Der Vorschlag der Stadtverwaltung, die Windkraftstandorte zu verschieben, bekam eine breite Empfehlung. Auch die Fraktion der Grünen trug diese Linie mit.

Nur die AfD scherte aus. Sie lehnt den Bau von Windanlagen im Wald als verfehlte Energiepolitik kategorisch ab. Nächste Woche entscheidet dann der Gemeinderat über das Thema.