Bröckelnde Fassade, verrammelte Fensterfronten, lockere Dachziegel und kaputte Scheiben: Das Wohngebäude an der Ecke von Färber- und Brunnenstraße steht schon seit zwei, drei Jahrzehnten leer und verfällt zunehmend. Unter Dach nisten hunderte von Tauben.

Wird das baufällige Gebäude, Adresse Färberstraße 12, nun endlich abgerissen? Dazu gibt es eine neue Lage: Das Regierungspräsidium (RP) hat jetzt bestätigt, was die Stadtverwaltung VS vor eineinhalb Jahren verfügt hat: Das Haus muss abgebrochen werden.

Die Erwartung aber, dass der Schandfleck in der Färberstraße bald verschwunden ist, sie könnte trügerisch sein.

Warum soll das Haus weg?

Die städtische Baurechtsbehörde hat, wie mehrfach berichtet, am 6. Oktober 2022 mit dem Argument der Baufälligkeit und der Sicherheitsrisiken den Abbruch des Gebäudes verfügt. Allerdings legte der Eigentümer, der das Gebäude 2021 erworben hat, Widerspruch gegen die Abrissverfügung ein.

Doch dieser Widerspruch ist seit dem 5. Juni vom Tisch. „Mit unserer Entscheidung haben wir die Anordnung der Stadt Villingen-Schwenningen vom 6. Oktober 2022 zum Abbruch des Gebäudes bestätigt“, berichtet die Pressesprecherin des RP, Heike Spannagel.

Gebäudeverfall bei Ortstermin bestätigt

Der Widerspruch des Eigentümers – es soll sich angeblich um einen Steuerberater aus dem Raum Pforzheim handeln – wurde vom Regierungspräsidium zurückgewiesen, so Spannagel, „denn eine Besichtigung des Gebäudes hat bestätigt, dass sich das über einen erheblichen Zeitraum ungenutzte Gebäude im Verfall befindet.“

Unter dem Dach des Gebäudes nisten zahllose Tauben. Sie fliegen durch die offene Dachgaupe ein- und aus.
Unter dem Dach des Gebäudes nisten zahllose Tauben. Sie fliegen durch die offene Dachgaupe ein- und aus. | Bild: Stadler, Eberhard

Die schlechte Nachricht für die Stadtverwaltung aber: Das Regierungspräsidium hat im selben Bescheid „den von der Stadt angeordneten sofortigen Vollzug des Abbruchs sowie das in diesem Zusammenhang angedrohte Zwangsgeld aufgehoben“.

Die Stadt, so sehen es die Juristen des RP, könne bis auf Weiteres mit verstärkten Kontrollen und gegebenenfalls Absperrungen dafür sorgen, dass keine Gefährdung für die Bevölkerung von dem Gebäude ausgehe.

Schnelles Durchgreifen gescheitert

Der letzte Punkt ist für die Stadtverwaltung eine bittere Pille. „Das Regierungspräsidium hat zwar die grundsätzliche Linie, leider aber nicht die sofortige Umsetzung und Veränderung der Situation bestätigt“, äußert Rathaus-Sprecherin Madlen Falke.

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Eigentumsrechte sind hierzulande stark geschützt

Warum hat das RP die Stadt ausgebremst? Einer, der sich mit solchen Fragen auskennt, ist Stefan Bartholme, promovierter Fachanwalt für Verwaltungsrecht in einer Schwenninger Kanzlei. Er verdeutlicht: „Eigentumsrecht hat in Deutschland Verfassungsrang.“ Sie ist im Grundgesetz verankert. Und. „Die Baufreiheit ist Teil der Eigentumsfreiheit.“ Es handle sich damit um besonders geschützte Rechtsgüter.

Stefan Bartholme ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht.
Stefan Bartholme ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht. | Bild: Kanzlei

Dass der von der Stadt verfügte Sofortvollzug des Abbruchs vom RP zurückgepfiffen wurde, lässt Bartholme vermuten, dass sie die akute Gefährdung, die von dem Haus ausgehen soll, nicht umfassend habe nachweisen können. Bartholme: „Eine Begründung, dass dies ein Schandfleck sei, reicht da nicht aus.“ Und: „Die Verhältnismäßigkeit spielt immer eine Rolle“, betont der Verwaltungsrechtler.

Der Eigentümer habe nun die Möglichkeit, so der Jurist, gegen die Zurückweisung seines Widerspruchs erneut Rechtsmittel einzulegen, dann beim Verwaltungsgericht. Bis zu einem Urteil könnte viel Zeit ins Land gehen. Auf rund zwei Jahre beziffert der Anwalt die übliche Verfahrensdauer.

Stadt suchte Gespräch mit Eigentümer

Bleibt am Ende die Erkenntnis, dass ein schneller Abriss, trotz der Bestätigung des Abbruchbescheids, nicht zwangsläufig zu erwarten ist. Ein baldiger Neubau hängt vor allem vom Wollen und Können des Eigentümers ab.

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Er muss zwar aktiv werden, aber nicht sofort. Die Stadt ist damit umso mehr auf dessen Kooperation angewiesen, will sie eine zügige Verbesserung im Ortsbild erreichen.

Wie soll es weitergehen? „Die Stadt wird weiterhin mit dem Eigentümer im Gespräch bleiben, um eine Entwicklung der Immobilie und des Grundstücks zu forcieren“, heißt es aus dem Rathaus. Madlen Falke verweist auf positive Signale: „Die Gespräche mit dem Bauherren zeigen aktuell an, dass dieser die Entwicklung der Immobilie anstrebt.“