Wie soll und kann es weitergehen mit dem geplanten Museumsquartier Bürk in Schwenningen? Das fragen sich der Freundeskreis Kultur, zusammen mit dem Freundeskreis Städtischer Museen, dem Schwenninger Heimatverein und dem Förderkreis „Lebendiges Uhrenindustriemuseum“ und ihre Positionen im Rahmen eines Pressegespräches deutlich gemacht.
Sorge um den Fortbestand der musealen Landschaft
Während der Gemeinderat finale Entscheidungen verschiebe und gefordert sei, das Geld auf die wichtigsten Projekte zu verteilen, sorgen sich die Kulturschaffenden um den Fortbestand und die Weiterentwicklung der musealen Landschaft in der Doppelstadt.
Sie bemängeln vor allem die Kurzsichtigkeit in der gegenwärtigen Diskussion, wo ihrer Meinung nach nur einzelnen Projekte bewertet werden und dabei der Blick auf das Große und Ganze verloren gehe.
Kostensteigerung von fast 30 Prozent
Konkret stehen bei der angedachten Realisierung des Museumsquartiers im Bürk-Areal Kosten von 19,8 Millionen Euro im Raum. Eine Kostensteigerung von satten 30 Prozent durch das lange Aufschieben des Projekts ist hier schon eingerechnet.
Für dieses Geld könnte das Gebäude-Ensemble aus- und umgebaut werden und neben dem bisherigen Uhrenindustriemuseum auch die Städtische Galerie (ehemaliges Lovis-Kabinett) aus der Friedrich-Ebert-Straße und das Heimat- und Uhrenmuseum am Muslenplatz aufnehmen. Rund die Hälfte des Betrags könnte durch Fördergelder refinanziert werden, vorbehaltlich einer noch offenen Bewilligung.

Aber selbst für die verbleibende Summe von zehn Millionen Euro finde sich im Gemeinderat derzeit keine Mehrheit. Zu dringlich und notwendig sind andere Investitionen, so sei das zumindest hinter verschlossenen Türen zu hören. Die Frage ist also, woher soll das Geld kommen?
Freundeskreis sieht realistische Finanzierungsmöglichkeiten
Für Holger Westendorf vom Freundeskreis ist das aber alles zu kurz gedacht. Er und seine Mitstreiter hätten das Ganze im Blick und sehen durchaus nach eigenen Angaben realistische Finanzierungsmöglichkeiten.
Als erstes ist das die Städtische Wohnbaugesellschaft (Wbg), die das Gebäude entsprechend umbauen und langfristig an die Stadt zu überschaubaren Kosten zurück vermieten könnte. Dazu Rainer Müldner, Geschäftsführer der Wbg: „Wir haben unsere Konzepte durchgeplant und vorgelegt. Wir sind am Start und warten eigentlich nur auf die Entscheidung der politischen Gremien und die Zuteilung der beantragten Fördergelder.“
Im März will die Wbg das Gebäude umbauen
Allerdings müsse auch die Wbg wirtschaften und kann nicht ewig warten. „Wenn wir bis März keine Entscheidung bekommen, müssen wir das Gebäude in vermietbare Wohnungen umbauen“, so Müldner. Genau aus diesem Grund steht für Westendorf fest: „Wir müssen das Zeitfenster jetzt nutzen, wenn wir die Zukunft im Blick behalten und gestalten wollen.“

Was ist mit den frei werdenden Gebäuden?
Und was laut Westendorf bisher noch gar nicht in die Gesamtrechnung eingeflossen ist, sind mögliche Erlöse aus den frei werdenden Gebäuden in der Friedrich-Ebert-Straße und der Kronenstraße (am Muslenplatz). Deren Umwidmung oder Verkauf müsste man ja dann dem Bürk-Areal zurechnen und könnte so den Gesamtkostenblock nochmals deutlich reduzieren.
Zu guter Letzt setzen die Vereinsvorstände zusätzlich auch auf das bürgerliche Engagement. „Das haben wir zuletzt bei der Neubestuhlung für das Theater am Ring gesehen, was da an finanzieller Unterstützung aus der Bürgerschaft kommen kann, wenn nur mal klar ist, was die Stadt will und das es für eine gute Sache im Bereich der Kultur ist“, so Westendorf.
Hohe Kosten durch Sanierung
„Nichts tun ist übrigens auch keine Lösung und kaum billiger“, erklärt Eberhard Hummel vom Freundeskreis. Denn alle drei genannten Gebäude müssen sowieso saniert werden um altersbedingte Schäden zu beheben und vor den aktuellen Brandschutzvorschriften gerecht zu werden.
Auch die Themen Barrierefreiheit, Einbruchsschutz, Klimatisierung und energetische Sanierung stehen hier an. Alleine dafür müssten über die Jahre auch größere Beträge veranschlagt werden, die man so einsparen und besser ins Bürk-Areal investieren könne.
Keine Bilder im Einkaufszentrum
Beim Thema Städtische Galerie liegt aktuell der Vorschlag auf dem Tisch, diese im ehemaligen Einkaufszentrum Rössle unterzubringen, vorausgesetzt dort findet die Stadt eine adäquate Lösung. Solche Ideen weist Westendorf aber eindeutig zurück. „Das Aufhängen von wertvollen Bild-Leihgaben auf den Fluren eines solchen Gebäudes ist ein Unding.“
Seiner Meinung nach brauchen solche Kunstwerke die richtigen Räume und die gäbe es im Rössle-Bau nicht. Und wenn man die dort schaffen will, dann sollte man dieses Geld ebenfalls gleich viel besser im Bürk-Areal investieren.
Stadt gibt wenig für Kultur aus
Die Stadt gebe nur halb so viel Geld für Kultur aus, wie vergleichbare Städte in der Region. Das habe eine Recherche im Jahre 2019 ergeben. Und daran habe sich bis heute auch nichts geändert. Im Gegenteil, inzwischen wurden auch ein bis zwei Personalstellen in diesem Bereich der Stadtverwaltung abgebaut, erklären die Vorsitzenden des Freundeskreises.
Eine einmalige Chance für einen Ort der Begegnung
So plädieren die Kulturschaffenden dafür, einen Blick für das Ganze zu haben, den so lässt sich ihrer Meinung das Projekt Museumsquartier „Bürk“ durchaus finanzieren.
Die verbleibenden Restkosten für die Stadt sehen sie bei weit unter zehn Millionen Euro. Vor allem biete sich hier die einmalige Chance, ein modernes Zentrum für bürgerschaftliche und kulturelle Begegnungen mit innovativen Ausstellungskonzepten an einem historischen Ort zu schaffen. „Wir sehen hier einen Raum für kulturelle Begegnung, ergänzt durch eine gastliche und einladende Gastronomie“, so der Appell des Freundeskreises.
Wie sich der Gemeinderat in dieser Sache entscheidet, werden die kommenden Sitzungen zeigen. Interessant werde auch die Position von Oberbürgermeister Jürgen Roth sein: Zum einen müsse er sparen, zum anderen habe er jüngst erst bekundet, dass er die großen Projekte aber alle realisieren will.
Hier lesen Sie, wie die Stadträte über die beiden Großprojekte Bürk und Rössle debattiert haben.