Bei der Integration von Flüchtlingen gibt es derzeit ganz erhebliche Defizite, bundesweit, aber auch im Landkreis. Besonders dramatisch und bedauerlich: Es gibt einen immensen Stau bei den Sprachkursen. Viele Flüchtlinge, die Deutsch lernen sollen und wollen, um sich integrieren zu können, haben derzeit keine Chance auf einen qualifizierten Unterricht.
Es fehlt allenthalben an Lehrern
„Es fehlt uns an Lehrerinnen und Lehrer, die diese Kurse anbieten können“, berichtet Jan Hauser, der Leiter des Sozialamtes beim Landkreis Schwarzwald-Baar.
Die Feststellung kommt natürlich nicht überraschend in einem Land, dass aktuell enorme Probleme hat, selbst den Regelunterricht an seinen staatlichen Schulen aufrecht zu erhalten.
Doch auch in diesem Falle trifft es die sozial Schwächsten besonders. Wie groß der Mangel ist, zeigen folgende Zahlen: Von rund 2000 aus der Ukrainer geflüchteten Menschen aus der Ukraine, die einen Sprachkurs belegen sollen, haben nur 500 einen Platz bekommen. Rund 1500 stehen auf der Warteliste. Es kann noch Jahre dauern, bis dieser Rückstau abgearbeitet ist.
Aufgabe für viele Jahre
Auch bei den Flüchtlingen aus anderen Ländern – und das ist mit zwei Dritteln die große Mehrheit im Landkreis – sei das Angebot vergleichbar schlecht wie für die Ukraine-Flüchtlinge, berichtet Hauser. Das ist aus Sicht des Sozialamtsleiters umso dramatischer, weil der Spracherwerb die Schlüsselqualifikation für eine soziale und berufliche Integration darstelle. Eine Lösung? Für Hauser ist sie derzeit nicht in Sicht. „Diese Aufgabe wird uns noch Jahre beschäftigen“, ist er überzeugt.
Die zweite große Beaustelle ist die Kinderbetreuung. Es fehlt im Landkreis überall an Kindergartenplätze. Keine Kinderbetreuung bedeutet für die vielen jungen Mütter aus der Ukraine, die in großer Zahl auch im Schwarzwald-Baar-Kreis gestrandet sind, dass sie keine Möglichkeit für eine Erwerbstätigkeit haben.

Das Landratsamt habe zwar in zwei Sammelunterkünften Eltern-Kind-Gruppen eingerichtet, berichtet Sozialamtsleiter Jan Hauser. Doch genehmigt werden für diese einfache Betreuungsform nur maximal zehn Wochenstunden. Längere Kinderbetreuungen sind nur im Kindergarten möglich. So ist die Rechtslage.
Scheitern an deutschen Standards
„Wir scheitern an den rechtlichen Standards hierzulande“, beklagt der Sozialamtsleiter das Dilemma der Behörden. Insofern, sagt Hauser, teile er die Kritik von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Palmer, der mit dem Vorschlag vorangegangen war, für die Flüchtlingskinder einfache Spielgruppen einzurichten, um die Kindergärten zu entlasten. Palmer monierte: Die deutsche Gesellschaft sei nicht flexibel genug unterwegs, um solche großen Problemlagen zu meistern.
Gleichwohl zeigte sich der Sozialamtsleiter überzeugt, dass der Landkreis bei der Bewältigung der Flüchtlingswelle 2022 viele Lehren aus der Krise 2015/16 gezogen und seine Strukturen spürbar verbessern konnte, sowohl bei der Integrationsarbeit als auch bei der Bewältigung der Unterbringung. „Ich kann ein stückweit stolz darauf sein, dass wir das bisher ganz gut bewältigt haben.“