Die bisherige Telekom-Kundin Melanie Link wohnt in der Furtwanger Rabenstraße. Und sie ärgert sich. Die Telekom hat ihr den Vertrag fürs Telefonieren und Internet auf Januar 2018 gekündigt und bietet ihr nun einen Zwei-Jahres-Vertrag an – mit einer Laufzeit bis Januar 2020.
Der Alt-Vertrag könne nicht beibehalten werden, weil die Telefonie von der analogen auf die digitale Vermittlung (IP-Technik) umgestellt werde, also künftig über einen Internet-Router auch Telefongespräche liefen, so lautet nach Angaben von Link die Begründung der Telekom.
Melanie Link hofft aber auf schnelles Internet durch den Zweckverband Breitbandversorgung Schwarzwald-Baar, der derzeit die Datenautobahn im Kreis ausbaut und mit dem Glasfaserkabel voraussichtlich in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres bei ihr an der Haustüre ankommt. Sie versuchte bei der Telekom deshalb, nur eine einjährige Laufzeit des Vertrages zu erwirken, stieß dabei aber nach eigener Aussage auf taube Ohren bei dem großen Unternehmen.
Link vermutet, dass dieses Vorgehen bei der Telekom System hat, um Kunden an sich zu binden. Diesen Eindruck bestätigt auch Marina Stiegeler, die für Stiegeler IT die Öffentlichkeitsarbeit in Händen hält. Stiegeler IT betreibt das Netz des Zweckverbandes Breitbandversorgung. Dabei verweist Marina Stiegeler auf aktuelle Erfahrungen im Bereich St. Georgen-Peterzell. Der Zweckverband Breitbandversorgung baue derzeit sein Glasfasernetz dort aus.
Über Anwohner habe die Firma Stiegeler mitbekommen, dass die Telekom im selben Bereich nun die Altverträge kündige und ihren bisherigen Kunden die Zwei-Jahres-Verträge anbiete. Auch hier drängt sich für Melanie Stiegeler der Verdacht auf, dass die Telekom ihre Kunden weiter an sich binden möchte, bevor sie zu jemand anderem wechseln, in diesem Fall zu Stiegeler IT.
Doch es gibt Alternativen zum Zwei-Jahres-Vertrag bei der Telekom, betont Marina Stiegeler. In den allermeisten Fällen könne der Kunde gleich nach Ablauf des Altvertrags mit der Telekom zu Stiegeler IT wechseln, noch bevor das Glasfaserkabel durch den Zweckverband am Haus verlegt sei. Bis das Breitband vor Ort sei, im Fall von Melanie Link also im Lauf des nächsten Jahres, nutze Stiegeler IT so lange das Leitungsnetz der Telekom. Die Kosten seien für den Kunden die gleichen. Sobald die Glasfaser des Zweckverbands vor Ort sei, könne der Vertrag dann auf das neue Datenvolumen hin angepasst werden.
Eine weitere Alternative: Laut Marina Stiegeler kann ein Internet-Versorger wie Stiegeler IT die Telekom dazu drängen, ihren Altvertrag mit einem bisherigen Kunden um bis zu ein halbes Jahr zu verlängern und so die Kündigungsfrist um ein halbes Jahr hinauszuzögern. In der Hoffnung, dass dann das Glasfaserkabel des Zweckverbands vor Ort angekommen sei.
Melanie Link ist glücklich über diese Alternativen und hofft nun, dass sie bereits im Laufe des nächsten Jahres das schnelle Glasfaserkabel nutzen kann. Bislang werde ihr Haushalt in der Rabenstraße mit einem Kupferkabel versorgt, das angesichts der Länge von rund drei Kilometern nur eine geringe Datenübermittlung von drei Megabit (MBit) pro Sekunden zulasse. An Internet-Fernsehen sei da gar nicht zu denken. Auch das Herunterladen von Bildern brauche viel Geduld.
Wie Marina Stiegeler von Stiegeler IT einräumt, habe auch die Telekom die Möglichkeit, das schnelle Glasfasernetz des Zweckverbandes Breitbandversorgung Schwarzwald-Baar zu nutzen, sprich dieses Netz für ihre Kunden zu mieten. Doch ihres Wissens nach nehme das die Telekom für Privatkunden noch nicht in Anspruch. Stiegeler geht davon aus, erst wenn das Netz des Zweckverbandes mehr Kunden hat, werde eine solche Überlegung für die Telekom und andere Internet-Anbieter lukrativ und interessant.
Anders sei die Sachlage bei Geschäftskunden. Dort gebe es bereits Fälle, bei denen die Geschäftsleute über ihren Internet-Versorger das Netz des Zweckverbandes nutzten. Die Firma Stiegeler IT betreibt das Glasfasernetz des Zweckverbands. Laut Marina Stiegeler gebe es im Kreis mittlerweile 3000 Hausanschlüsse ans Glasfasernetz des Zweckverbandes. Davon seien rund 1000 Kunden, die die Hausanschlüsse bereits nutzten.
Telekom verteidigt ihr Vorgehen
Die Telekom betont, sie gehe bei ihrer Vertragsumstellung auf die neue IP-Technik „so einfach und transparent wie möglich“ vor. Die Umstellung sei notwendig, biete Vorteile für den Kunden durch eine höhere Datenübertragung und die Nutzungsmöglichkeit verschiedener Dienste, erklärt Telekom-Pressesprecher Dirk Becker.
Der Kunde habe über vier Monate Zeit, über das Angebot des neuen Vertrags nachzudenken. Im Fall von Melanie Link aus Furtwangen habe sie den Brief am 18. August erhalten.
Für die meisten Kunden verbessere sich mit der neuen Technik auch die Datenübertragungsrate. Bei Melanie Link bleibe es leitungsbedingt bei sechs Megabit (MBit). Falls Kunden diese Vertragsänderung nicht wünschten, sei die Telekom juristisch dazu verpflichtet, den bestehenden Vertrag zu kündigen.
„Unsere Verträge haben – wie bei den meisten Wettbewerbern auch üblich – eine Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten“, so Becker weiter. „Grundsätzlich sind wir bestrebt, möglichst allen Kunden optimale Anbindungen zur Verfügung zu stellen. Dazu schließen wir auch Kooperationen mit größeren und kleineren Anbietern“, erklärt Becker. „Mit dem Zweckverband Breitbandversorgung Schwarzwald-Baar besteht allerdings noch keine Vereinbarung“, räumt er ein.
Von der schrittweisen Umstellung auf die IP-Technik sei das gesamte Netz der Telekom betroffen. Die entsprechenden Anschreiben an die Kunden „erfolgen in mehreren Wellen“. Becker betont außerdem, dass das „offene und transparente“ Vorgehen der Telekom von den Kunden geschätzt werde. „Bis auf wenige Ausnahmen gehen sie den Schritt mit uns und wechseln ins IP-Netz.“
Wie Dirk Becker anmerkt, wird die Kabelleitung im IP-Netz zum Alleskönner. Je nach aktuellem Bedarf laufen darüber Internet-Daten, Telefongespräche, das Fernsehprogramm oder in Zukunft ganz viele andere Dienste, „von denen wir heute noch gar keine Vorstellung haben“. Die Telekom habe bis Mai 2017 über 14 Millionen Kunden erfolgreich auf IP umgestellt.