Sie hat noch vor der Jahrtausendwende Second Hand vom Wühlkisten-Image befreit und in den vergangenen Jahen neben jungen Eltern auch Großeltern zu ihrer Kundschaft gemacht. Doch jetzt ist genug. Aus Altersgründen schließt Kirsten Senger ihren Laden „Alles fürs Kind“ an der Zeppelinstraße. 23 Jahre bewegte sie sich im Metier des Wiederverkaufs. Im September 1997 ging es auf 40 Qadratmetern an der Rosenstraße los. Im Jahr 2005 erfolgte der Umzug ins Gutbrod-Haus, einem Ort mit Tradition im Kinderbedarf. „Hier gab es schon Kinderwagen und Autositze“, erinnert sich Senger.

Raus aus dem Bankwesen

Sie selbst hat in dieser Zeit etwas ganz anderes gemacht. Weil sich ihr Tätigkeitsfeld im Bankwesen veränderte und sie keine Lust hatte, dieses Weg mitzugehen, wagte sie den beruflichen Neustart. Natürlich nicht ohne das Gefühl, wohin die Reise gehen könnte. „Ich war damals viel auf Flohmärkten unterwegs“, sagt sie. Während sie Haushaltsgegenstände anbot, begegneten ihr viele Mütter, die Babysachen suchten.

Kinderschuhe im Regal
Kinderschuhe im Regal | Bild: Wursthorn, Jens

Der Bedarf an Kinderbekleidung war also da. Er musste nur bedient werden. Und hier schlug Senger Pfähle ein im übertragenen Sinn: Mit dem Erfolg, dass sie mit 23 Jahren als Ladeninhaberin schon zu den in diesem Punkte langlebigsten Einzelhändlern in der Stadt zählt. Bei ihr gab es von Anfang an verlässliche Öffnungszeiten. Markenware hängt sauber und gebügelt an der Stange, Schuhe stehen im Regal, andere Artikelgruppen liegen ordentlich in Kisten.

Bekleidung macht 80 Prozent aus

Auch wenn sie Babyausstattung, Spielzeug und Kinderbücher führt, machen doch Textilien 80 Prozent des Umsatzes aus. Die Ware wird in Kommission angeliefert. Das heißt, erst wenn Senger etwas verkauft, bekommt die Verkäuferin den Betrag, abzüglich Sengers Provision.

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Damit der Standard – nichts älter als zwei Jahre und nichts vom Discounter – gehalten wird, muss eine Auswahl getroffen werden. Eine Angestellte hat bis zuletzt geholfen, die übers Jahr in 400 bis 500 Kisten angelieferte Kommissionsware zu sichten, nach Verkaufspotenzial zu sortieren und Unverkäufliches gleich wieder zurückzugeben.

Auch gebrauchte Kinderbücher gibt es an der Zeppelinstraße.
Auch gebrauchte Kinderbücher gibt es an der Zeppelinstraße. | Bild: Wursthorn, Jens

Bettwäsche etwa ist etwas, was sich kaum verkauft. Oberbekleidung jeder Art hat dagegen bessere Chancen. Fast ein Vierteljahrhundert „Familiendienst“ vor Ort beschert der Einzelhändlerin neue Kundschaft. „Inzwischen kommen die Großeltern zu mir, die in jungen Jahren bei mir gekauft haben.“ Sie machen geschätzt etwa die Hälfte der Kundschaft aus.

Letzter Öffnungstag am Samstag

Diesen Samstag hat Senger das letzte Mal geöffnet. Nach einer zweimonatigen Schließung wagt dann eine Nachfolgerin den Neuanfang. „Der September ist ein guter Monat“, weiß die Vorgängerin aus Erfahrung. September/Oktober und März/April stehen für den Saisonwechsel. Da brauchen Kinder neue Kleidung für Sommer und Winter. Denn sie wachsen aus den alten Sachen raus.

Kistenweise gesammelt: Kopfbedeckungen aller Art.
Kistenweise gesammelt: Kopfbedeckungen aller Art. | Bild: Wursthorn, Jens

Nachteilig wäre ein Wechsel im Januar. Weihnachten ist gerade vorbei, in den Geschäften locken Preissenkungen und die Wintersachen liegen noch im Schrank. „Ein toter Monat“, urteilt die Geschäftsfrau. Den nächsten Januar muss sie nicht mehr antun.