Katharina Pfarrherr betrachtet die Fotos in ihrer Hand mit einem staunendem Gesichtsausdruck. "Für uns ist es echt interessant, die alten Bilder zu sehen. Man vergisst so schnell, wie es vorher aussah." Sie zeigen ihr Elternhaus vor rund vier Jahren. Seitdem hat sich Einiges getan, denn die 35-Jährige hat mit ihrem Mann dafür gesorgt, dass das Gebäude in neuem Glanz erstrahlt. "Einfach in einen anderen Ort zu ziehen, nur weil dort gerade ein schönes Neubaugebiet entsteht, hätten wir schade gefunden", meint sie, "Für mich hat das Haus auch ideellen Wert. Mein Urgroßvater hat es 1930 erbaut und seitdem hat jede Generation ihren Teil dazu beigetragen, es zu erhalten und weiterzuentwickeln." Auch Daniel Pfarrherr ist in Hubertshofen verwurzelt, seine Eltern wohnen nur zwei Häuser weiter. "Ich bin waschechte Hubertshofenerin, Daniel ist zugezogen", erklärt Katharina Pfarrherr dennoch mit einem Schmunzeln im Gesicht. Ihr Mann verdreht nur die Augen: "Mit einem Jahr." In Hubertshofen gelten eben noch andere Regeln.
Ein Projekt wie gemacht für eine Förderung
Die Donaueschinger Stadtverwaltung dürfte es gefreut haben, dass Familie Pfarrherr nicht nur Hubertshofen erhalten blieb, sondern zudem das Ortsbild durch die Sanierung des Elternhauses aufwertete. Als Ortsvorsteherin Monika Winterhalder Ende 2014 Wind von den Plänen bekommen habe, sei sie deshalb auch gezielt auf sie zugekommen, erinnert sich das Ehepaar, denn ihr Projekt war wie gemacht für die Ortskernförderung der Stadt Donaueschingen.

Die Finanzspritze hilft
Einziges Problem: Die offizielle Bewerbung startete erst im April 2015 und vor der Antragsstellung durften keine Baumaßnahmen erfolgen. Da ihnen die Verwaltung den Zuschuss bereits im Februar so gut wie zugesichert hatte, geduldeten sie sich mit dem Baubeginn. Etwa zwei Wochen nachdem sie den zweiseitigen Antrag ausgefüllt hatten, traf die Genehmigung ein. Die Arbeiten konnten endlich beginnen. In die Finanzierung hatten sie die Förderung jedoch nicht einkalkuliert. "Das hätte die Bank gar nicht interessiert", meint Daniel Pfarrherr. Bis zum Abschluss der Bauarbeiten war nicht sicher, wie hoch der Zuschuss sein würde. Erst nachdem alle Rechnungen eingereicht waren, erhielten die Pfarrherrs den Höchstsatz von 20 000 Euro plus 5000 Euro Familienförderung. Ohne die Finanzspritze hätten sie einiges erst in einigen Jahren fertigstellen können und auch eine Nachfinanzierung blieb ihnen erspart.
Wohnrecht nicht unproblematisch
Nicht ganz unproblematisch für die Bank war dagegen das Leibgedinge der Großeltern von Katharina Pfarrherr, die genau wie ihre Eltern noch immer in dem Haus wohnen. Leibgedinge ist ein erweitertes Wohnrecht, das dem Paar nicht nur den Verbleib im Gebäude sichert, sondern die Pfarrherrs auch dazu verpflichtet, dies zu ermöglichen. Sollte beispielsweise Barrierefreiheit notwendig werden, so muss das Ehepaar für entsprechende Baumaßnahmen aufkommen. Die Bank sieht das Wohnrecht gar nicht gerne, denn im Falle einer Privatinsolvenz wäre es für das Unternehmen äußerst schwierig, das Haus zu veräußern. Nichtsdestotrotz wurde dem Kredit stattgegeben, wobei sich die Kostenplanung eines solchen Umbaus deutlich schwieriger gestaltet, als bei einem Neubau, wie Daniel Pfarrherr glaubt. "Es gibt immer wieder Überraschungen: Manches ist teurer, manches günstiger als gedacht. In allererster Linie kosten unvorhergesehene Schwierigkeiten aber eine Menge Nerven."

Ammoniak hat das Holz ausgehölt
Im Falle der Pfarrherrs gehörten Probleme in der Bauphase fast zum Tagesgeschäft. Ein Vorfall wird ihnen dagegen immer im Kopf bleiben: Der Teil des Hauses, den sie sich zu Wohnzwecken umbauten, war bis Ende der 90er Jahre als Stall genutzt worden. Die Pfarrherrs wussten von der Begutachtung des Architekten bereits, dass einige Holzbalken im ehemaligen Stallbereich ausgetauscht werden müssten. Aus den Exkrementen der Kühe hatte sich Ammoniak im Holz angelagert und dieses von innen ausgehöhlt. Was das Ehepaar nicht wusste: Das Holzgerüst des Hauses war bis unters Dach von dem Problem betroffen. Ein Riesenschock."Eigentlich wäre es sinnvoller gewesen, den Gebäudeteil abzureißen und neu aufzubauen", resultiert Daniel Pfarrherr. Leider wurden die Ausmaße der Zerstörung zu spät bemerkt, ein Abriss kam nicht mehr in Frage. Stattdessen mussten alle Balken mühevoll ausgetauscht werden.
80 000 Euro in Eigenleistung
Glücklicherweise brachte der 41-Jährige als Konstrukteur berufliche Erfahrung mit in das Projekt und konnte viele Arbeiten selbst übernehmen. Zusammen mit Verwandten und Freunden stemmte er rund 80 000 Euro der Gesamtkosten von 375 000 Euro in Eigenleistung. Seine Frau Katharina fiel dagegen fast vollständig aus, denn im August 2015 erblickte Tochte Danica das Licht der Welt. Mit dem sechs Wochen alten Baby mussten sie im Oktober schließlich in Katharinas altes Kinderzimmer ziehen. Ihre alte Wohnung hatten sie optimistisch gekündigt, der Bau war aber noch nicht fertig. Zwei Tage vor Weihnachten wurde die Toilette installiert und die junge Familie konnte in ihr neues Zuhause ziehen. Ein Waschbecken gab es noch nicht, Zähneputzen musste in die Badewanne verlagert werden. Das Wichtigste stand aber schon im Flur: der Weihnachtsbaum.

Das härteste Jahr seines Lebens
"Man braucht ein bisschen Abenteuerlust", resümiert die promovierte Pädagogin. Das Jahr 2015, das für Daniel Pfarrherr das härteste seines Lebens war, wolle er aber nicht noch einmal durchmachen müssen: "Am Ende bin ich wirklich auf dem Zahnfleisch gegangen – nervlich und körperlich." Dennoch gebe es noch immer etwas zu tun, meint seine Frau mit einem Augenzwinkern: "Wenn man am einen Ende aufhört, fängt man am anderen wieder an. Wir haben Ausbaupotenzial."
Die SÜDKURIER-Serie
Alte Häuser haben einen besonderen Wert. Sie zeugen von den Geschichten, die sich unter ihren Dächern abgespielt haben – Erfolge wie Tragödien.
Deshalb ist es wichtig, dass man sie nicht dem Verfall überlässt. Stellvertretend für alle, die sich der Innenentwicklung widmen, stellt der SÜDKURIER fünf Familien vor.
8. Januar: Folge 1 – Die Planung mit dem Architekten
15. Januar: Folge 2 – Der Ärger mit dem Denkmalamt
22. Januar: Folge 3 – Die Förderung, die nur kostet
29. Januar: Folge 4 – Der Zuschuss, um die Ortskerne zu verschönern
5. Februar: Folge 5 – Der ganz normale Bauwahnsinn
Ortskernförderung – Wie funktioniert der Zuschuss?
- Was und wer wird gefördert? Ziel des Zuschusses ist, die Entwicklung der Ortskerne in den Donaueschinger Ortsteilen Aasen, Grüningen, Heidenhofen, Hubertshofen, Neudingen, Pfohren, Wolterdingen sowie in den Stadtteilen Allmendshofen und Aufen zu unterstützen. Anspruch auf die Förderung hat, wer ein Wohngebäude, das mindestens 40 Jahre alt ist, erwirbt und/oder saniert, ein Wohnhaus in einer vorhandenen oder durch Abbruch geschaffenen Baulücke errichtet oder ein Ökonomiegebäude zu Wohnzwecken umbaut. Dabei spielt es keine Rolle, ob im Rahmen der Arbeiten ein Einfamilien- oder ein Mietwohnhaus entsteht. Grundvoraussetzung ist natürlich, dass das Objekt in einem der oben aufgelisteten Orstkerne liegt. Zudem muss sich die Summe der Erwerbs-, Modernisierungs- beziehungsweise Neubaukosten auf mindestens 150 000 Euro belaufen. Eigenleistungen und Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Notaraitskosten, Maklergebühren oder ähnliches werden nicht angerechnet.
- Wie wird gefördert? Die einmalige Unterstützung beträgt zehn Prozent der entstandenen Kosten, wobei jedoch maximal 20 000 Euro pro Objekt und Grundstück vergeben werden. Ziehen die Initiatoren des Umbaus anschließend selber ein, werden für bis zu zwei Kinder zusätzlich je 5000 Euro als Zuschuss gezahlt. Dafür muss es sich um den Hauptwohnsitz handeln und die Kinder müssen unter 18 Jahre alt sein, wobei der Zeitpunkt des Antrageinganges bei der Stadtverwaltung entscheidend ist. Außerdem muss es sich um leibliche oder adoptierte Kinder handeln. Im besten Fall kann also eine Gesamtförderung von 30 000 Euro erfolgen.
- Welche Auflagen müssen eingehalten werden? Der Zuschuss kann nur erfolgen, wenn die entsprechenden Mittel im Haushalt der Stadt Donaueschingen vorhanden sind. Die Baumaßnahmen, die gefördert werden sollen, dürfen zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht begonnen haben. Beim Antragsteller muss es sich auch um den Eigentümer des Hauses handeln. Wird die zusätzliche Förderung der Kinder gewährt, so sind die Hausbesitzer dazu verpflichtet, das Gebäude innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach der Bezuschussung nicht zu veräußern, sondern es selbst zu nutzen. Selbst wenn die Eigentümer nur für eine begrenzte Zeit ihren Wohnort wechseln und danach wieder zurückkehren, verstoßen sie gegen die Auflagen. In diesen Fällen muss der Zuschuss, also bis zu 10 000 Euro zurückgezahlt werden.
- Ist der Zuschuss kombinierbar? Andere Förderungen wie das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum oder das städtische Förderprogramm können nicht mit der Orstkernfördung kombiniert werden.
- Wann wird der Zuschuss ausbezahlt? Die Fördermittel werden erst dann an die Antragsteller überwiesen, wenn die Nachweise über die Gesamtkosten erbracht sind, also erst nach Beendigung der Maßnahmen. Zudem muss der Zuschuss zu diesem Zeitpunkt im Grundbuch eingetragen sein. Die Kosten für diesen Eintrag müssen die Antragsteller tragen.