Der Volkstrauertag, der in diesem Jahr zum 100. Mal begangen wird, ist in Stockach traditionell mit Kranzniederlegungen und einer Ansprache am Kriegerdenkmal vor der St. Oswald Kirche verbunden. Den musikalischen Rahmen lieferten die kleine Besetzung der Stadtmusik Stockach unter der Leitung von Jochen Fischer sowie der Eintracht-Chor unter der Leitung von Bernd Frank, der mit dem Lied „Irischer Segenswunsch“ die Feier eröffnete.

Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Stockach legten Kränze nieder. Im Hintergrund die kleine Besetzung der Stadtmusik Stockach unter ...
Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Stockach legten Kränze nieder. Im Hintergrund die kleine Besetzung der Stadtmusik Stockach unter der Leitung von Vize-Dirigent Jochen Fischer. | Bild: Buhl, Reinhold

Bürgermeisterstellvertreter Werner Gaiser begrüßte die Anwesenden im Namen der Stadt und betonte, dass der Volkstrauertag nicht nur ein Tag des stillen Gedenkens an alle Opfer von Krieg und Gewalt sei, sondern auch ein Tag der Besinnung, wie wir heute auf Krieg, Gewalt und Terror reagieren. „Was können wir heute für Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit tun?“, eine Frage, die wir uns stellen sollen.

Der Dialog der Schüler

Diese Frage versuchten die Schüler Laura Brecht und Leon Muffler (beide 14 Jahre alt) aus der neunten Klasse des Schulverbunds Nellenburg in ihrer in Dialogform vorgetragenen Rede zu beantworten. Mit dieser Situationsbeschreibung eröffneten die beiden Schüler ein Zwiegespräch: „Man stelle sich ein Gespräch zwischen zwei Schülern vor, die im Unterricht beiläufig das Wort Volkstrauertag gehört haben“.

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Laura Brecht und Leon Muffler stellten dann die Frage: „Was ist denn ein Volkstrauertag?“ Das sei wohl ein Gedenktag in Deutschland, an dem an die Opfer von Gewalt und Krieg erinnert werde. „Krieg? Das ist doch so weit weg“, entgegnete der eine und ergänzte, dass keiner aus seiner Familie damit etwas zu tun habe. „Meine Großeltern, Eltern und wir kennen doch nur den Frieden“, pflichtete der andere bei und räumte ein: „Nachrichten über Krieg schalte ich immer weg, das will ich nicht sehen.“

Und die Mitschüler aus der Ukraine?

Spätestens hier wurde der Dialog zu einem Streitgespräch, denn die Schülerin meinte, dass man sich davon nicht einfach abwenden dürfe. „Ich denke an die neuen Mitschüler, die aus der Ukraine zu uns kommen“, spannte Laura Brecht den Bogen zu ihren alltäglichen Erlebnissen. „Diese jungen Ukrainer sind Jugendliche wie wir, mit denselben Wünschen und Zielen, denselben Gefühlen und Ängsten so wie wir.“ Auch sie hätten vorher keinen Krieg gekannt und doch sei er gekommen.

Sie wirkten unter anderen am Volkstrauertag mit (von links): Rudolf Berner, Sebastian Schmidt, Markus Berner, Leon Muffler, Laura ...
Sie wirkten unter anderen am Volkstrauertag mit (von links): Rudolf Berner, Sebastian Schmidt, Markus Berner, Leon Muffler, Laura Brecht, Werner Gaiser, Thomas Schmid und Berthold Bregenzer. | Bild: Buhl, Reinhold

Mit diesem Gedankengang schien es bei den beiden jungen Rednern Klick zu machen, denn plötzlich erkannten sie, welchen Sinn dieser Volkstrauertag hat. „Jetzt begreifen wir den Sinn dieses Tages“, schlossen die beiden Jugendlichen ihren beeindruckenden Dialog an diesem trüben Sonntagmorgen und richteten einen Appell an die Anwesenden: „Stellen wir uns gegen Hass und Menschenverachtung, und lasst uns aus der Vergangenheit lernen.“

Ungewöhnliche Besetzung

Wie kam es zu der ungewöhnlichen Besetzung am Rednerpult? Laut Sebastian Schmidt, Klassen- und Geschichtslehrer der Klasse 9f der Realschule Stockach, hat die Stadt bei Schulleiterin Beate Clot angefragt, ob sie sich vorstellen könne, dass die Rede am Volkstrauertag von Schülerinnen und Schülern ihrer Schule gehalten werden könnte. Schulleiterin Clot konnte sich das sehr wohl vorstellen und kontaktierte den Geschichtslehrer Sebastian Schmidt, der diese Entscheidung unterstützte: „Ich finde es richtig, dass Jugendliche in diese Art von Veranstaltungen eingebunden werden, sind sie es doch letztendlich, um deren Zukunft es geht.“

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Für die feierliche Kranzniederlegung am Gefallenen-Ehrenmal vor der St. Oswald-Kirche, stellte die Freiwillige Feuerwehr die Kranzträger. Spalier standen Vertreter des Reservistenverbandes Stockach Süd, des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der Kolpingsfamilie sowie vom Bund der Vertriebenen in Stockach. Die Stadtmusik Stockach spielte zu dieser Zeremonie das Deutschlandlied.