Ein Blick auf den Bodensee zeigt: Wo sich im Sommer zahlreiche Boote tummeln, herrscht derzeit weitestgehend Leere. Nur vereinzelt dümpeln sie in den Häfen, die unterm Jahr dicht belegten Liegeplätze sind zum Großteil unbesetzt. Viele Boote, die am Bodensee gemeldet sind (siehe Grafik), verschwinden im Herbst aus dem Wasser. Doch wo sind sie dann? Und was wird mit ihnen gemacht?
Eine Möglichkeit zur Unterbringung der Boote im Winter sind Dienstleister wie Jens Henkel, der gemeinsam mit seiner Frau einen Boots- und Yachtservice in Zizenhausen betreibt. Bei ihm verbringen die Wasserfahrzeuge die Zeit außerhalb des Wassers in Hallen oder auf Freiplätzen – und die sind begehrt. "Unsere Hallenplätze sind voll", erklärt er.
Durch das Herausholen aus dem Wasser sollen die Boote geschützt werden. Denn friert der See bei niedrigen Temperaturen zu, so kann das Eis erhebliche Schäden an Rumpf und Lack anrichten. Noch schlimmer träfe es die Motoren. Sie werden überwiegend mit Wasser gekühlt, das mithilfe von Pumpen direkt aus dem See entnommen und ihm wieder zugeführt wird und dem daher kein Frostschutzmittel beigemischt werden kann. Wird es nun kalt, gefriert dieses Wasser und lässt den Motor beim Ausdehnen regelrecht platzen. Und das kann teuer werden. Aber auch Frischwassertanks und Abwasserrohre, über die viele größere Boote verfügen, könnten durch sich ausdehnendes Eis gesprengt werden.

Zudem erlauben einige Gemeinden gar keine Nutzung ihrer Häfen während des Winters. So müssen etwa in Gaienhofen die Boote Ende Oktober das Wasser verlassen haben, in Moos Mitte November, wie aus den Hafenordnungen hervorgeht. Bis zum Frühjahr können dann beispielweise Arbeiten am Hafen verrichtet werden, die sich bei besetzten Liegeplätzen nur schwer erledigen lassen, so Martin Graf, Hafenmeister in Iznang und Moos.
Andreas Rietschel, Vorstand im Yachtclub Ludwigshafen, hat sein Segelboot im Oktober aus dem See geholt. Schon im Voraus mussten Segel eingeholt, die Persenning (siehe Erklärtext unten) versorgt und der Mast abgebaut werden, bevor es für ihn mit dem Motorantrieb nach Sipplingen ging, wo das Segelboot durch einen Kran an Land gehoben wurde. Und das kostet: 32 Euro sind hier für eine Krannutzung von auswärtigen Bootsbesitzern pro Tonne Bootsgewicht fällig.
Die Zeit bis zum Frühling verbringt das Boot nun auf dem Gelände seiner Firma in Ludwigshafen, zum Schutz vor Wind und Wetter unter einer Abdeckplane verborgen. Die übrigen Plätze vermieten er und Geschäftspartner Thomas Begher, der im Yachtclub Ludwigshafen das Amt des Schriftführers innehat. 15 Euro pro Quadratmeter verlangen sie von Ende Oktober bis Mitte April.

Damit sein Boot im Winterlager auch unbeschädigt ankommt, hat Andreas Rietschel sich von einem Dienstleister helfen lassen – denn der Transport ist aufwendig. Ab einer Breite von 2,56 Metern und einer Höhe von 4,01 Metern muss vorab eine Sondergenehmigung beim zuständigen Straßenverkehrsamt beantragt werden. Ist das Boot breiter als drei Meter, wird ein Begleitfahrzeug vorgeschrieben, ab einer Breite von 3,51 Metern sogar eine Polizeieskorte, wie Katrin Roth, Pressesprecherin des Landratsamts Konstanz erklärt. Hinzu kommt, dass gewöhnliche Autos kaum dafür geeignet sind, die mitunter tonnenschweren Boote zu ziehen.

Hat es das Boot schließlich bis zu seinem Winterlager geschafft, beginnt ein neuer Arbeitsabschnitt: Es muss winterfest gemacht werden. Hierzu muss sämtliches Wasser an Bord abgelassen und der Motor mit einem Frostschutzmittel durchgespült werden. Anstatt sich hierfür an einen Fachmann zu wenden, erledigt Andreas Rietschel all diese Aufgaben selbst. „Es ist ein Lebenstraum“, beschreibt er sein Hobby. „Deshalb arbeite ich gerne selbst am Boot. Das gehört einfach dazu.“ Auch während des Winters kümmert er sich daher darum, trägt neuen Lack auf, tauscht die Leinen aus, ölt die Winsch und überprüft die Technik. Nur wenige Arbeiten überlässt er erfahrenen Mechanikern.

Jürgen Schmitz, Vorsitzender des Motoryachtclubs Radolfzellersee, erledigt dagegen alle Aufgaben alleine. „Man kann eben Kosten reduzieren, indem man viel selbst macht“, begründet er seinen Einsatz. Im April werden Rietschel und Schmitz ihre Boote daher auch selbstständig wieder auf die Zeit auf dem Wasser vorbereiten. Es müssen Batterien geladen und der Motor Probe gelaufen lassen werden, damit das Frostschutzmittel wieder austritt und später nicht in den See fließen kann. Danach heißt es Boote festzurren und zurück zum Hafen bringen, wo es schließlich per Kran wieder ins Wasser gelassen wird.
Kann die Zeit auf dem Boot diesen Aufwand wert sein? Andreas Rietschel ist sich dessen sicher. „Wenn ich an den See komme, ist das Urlaub“, sagt er. „Der Kopf ist dann frei.“ Und Jürgen Schmitz sagt: „In dem Moment, in dem man auf den See fährt, ist man in einer anderen Welt. Egal, wie klein das Boot ist, der Effekt ist immer der gleiche.“
Saisonzeiten und Fachbegriffe
Wie viel Zeit verbringen Boote eigentlich über das Jahr hinweg auf dem Wasser? Und was bedeuten Begriffe wie "Winsch" oder "Persenning"? Wir haben das Wichtigste für Sie zusammengefasst.
- Die Bootssaison dauert im Normalfall von April bis Ende September oder Oktober. Durch den niedrigen Wasserstand während des reganarmen Sommers mussten im vergangenen Jahr Fahrzeuge mit größerem Tiefgang schon Anfang August aus dem Wasser geholt werden.
- Auch im Sommer kann es vorkommen, dass Boote nicht im Hafen liegen, sondern auf Plätzen an Land gelagert werden. Dies kommt etwa vor, wenn Bootsbesitzer keinen Hafenplatz zugeteilt bekommen haben, erklärt Dienstleister Jens Henkel. Möchte der Bootsbesitzer dann auf den See, muss das Boot zunächst erst zum Hafen transportiert und dann über die Sliprampe ins Wasser gelassen werden.
- Winsch: Der Begriff kommt vom englischen „winch“ und bezeichnet eine Winde, mit der die Seile zum Kontrollieren der Segel bedient werden können. Die Winsch kann meist mit einer Handkurbel gedreht werden.
- Persenning: Die Persenning ist eine wasserfeste Plane, die entweder über das ganze Boot oder aber Teile davon gelegt werden kann, um es vor Wind und Wetter zu schützen.
- Sliprampe: Die Sliprampe wird auch Slipanlage genannt. Damit wird die Rampe bezeichnet, über die die Boote am Hafen ins Wasser gelassen werden können. Der Anhänger, auf dem sich das Boot befindet, kann beispielweise zum Abladen rückwärts über die Rampe an das Wasser herangefahren werden.