Es war ein Hauch von Promi-Rummel, der am Dienstagabend in der Stockacher Oberstadt zu erleben war – da waren Teenager unterwegs, die ihren Idolen nachreisen und jedes Wort mit dem Smartphone aufzeichnen. Und die auch dann noch um ein Autogramm ausharrten, als der Regen eines nahenden Gewitters schon eingesetzt hatte. Und es gab Popstars, die sich um ihre Fans kümmern und jedem einzelnen geduldig Autogramme schreiben und zum Erinnerungsfoto posieren, nach Beginn des Gewitters im Gebäude.
Ort dieser Szenen war das Pallottiheim, das Veranstaltungshaus der katholischen Kirchengemeinde Stockachs – ein Ort, der zugegebenermaßen eher nicht für Glanz, Glamour und Showbusiness steht. An dem an diesem Abend aber das Popduo Glasperlenspiel zu Gast war, zu einem kleinen und ganz entspannten Auftritt im intimen Rahmen der Gesprächsreihe Lebenserfahrungen. Das ist gewissermaßen eine Live-Talkshow auf der Bühne, die der Stockacher Pfarrer Michael Lienhard seit einiger Zeit zwei Mal im Jahr veranstaltet. Nachdem in der Reihe nun einige Menschen im eher gesetzteren Alter – wie Graf Wilderich von und zu Bodman oder der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel – aufgetreten sind, habe er gedacht, es wäre gut, mal jüngere Leute zu haben, erzählt Lienhard am Rande der Veranstaltung. Im vergangenen Jahr habe er den ersten Kontakt zu Carolin Niemczyk und Daniel Grunenberg aufgenommen. Nun, kurz vor ihrem ausverkauften Auftritt beim Hohentwielfestival am Donnerstag, 20. Juli, hat es geklappt.
Und wie passt das zusammen? Besser, als manch einer vielleicht spontan denken mochte. Denn die Verbindungen sind vielschichtig, wie das Publikum zu hören bekam. Nicht nur stammen die beiden Musiker aus der Gegend – Daniel Grunenberg aus Stockach und Carolin Niemczyk aus Singen. Beide haben sich durch die Musik kennengelernt. Mit 14 habe sie sich bei Grunenbergs damaliger christlich orientierter Band "Crazy Flowers" mit einer Demo-Aufnahme beworben, erzählt Niemczyk. Grunenberg fährt fort: "Das war die Rettung der Band." Und er beschreibt einen Moment, den er nicht vergessen wird, nämlich als er sie zum ersten Mal gesehen hat – "mit Zahnspange", wie er unter Gelächter im Saal hinzufügte. Um genau solche intensiven Momente ging es auch in "Nie vergessen", einem der Songs, die Glasperlenspiel an dem Abend spielten und die auch in akustischer Version mit zwei Stimmen und Klavier hervorragend funktionierten.

Doch Lienhards Fragen zielten auch auf die Gegenwart ab. Etwa: Wie bleibt man geerdet und authentisch? Antwort: Durch den Kontakt zu Familie und Freunden, nicht zuletzt am Bodensee, wo Niemczyk und Grunenberg oft sind. Was ist Glück? Wenn man einfach nur glücklich ist, unabhängig von äußeren Umständen, sagt Grunenberg dazu. Was sind die unschönen Momente? Die Angst davor, krank zu werden und ein Konzert mit mehreren tausend verkauften Karten absagen zu müssen, sagt Niemczyk. Und natürlich ging es auch um Glauben. Gott sei für sie ein Halt, der immer da ist, erzählt Niemczyk. Und Grunenberg zitiert die Wertvorstellung, andere so zu behandeln, wie man selber behandelt werden will.
Und wie war es so für die beiden, die nun schon längst zu Stars geworden sind, zu den Wurzeln ihres gemeinsamen Lebens zurückzukehren? Eine sehr schöne Sache, die viel Spaß gemacht habe, da sind sie sich einig. Gleichzeitig war es für sie aber auch eine Premiere. Denn bislang seien sie noch nie im Pallottiheim aufgetreten.
Zu den Personen
Carolin Niemczyk und Daniel Grunenberg sind heute das Elektropop-Duo Glasperlenspiel. Nach den Anfängen in der Kirchenpop-Band "Crazy Flowers" kam für sie die ebenfalls in Stockach beheimatete Band "Keine Zeit", mit der sie erste selbst komponierte und getextete Lieder spielten und ihre erste Platte aufnahmen. Das Lied "Echt" markiert den Beginn der großen Karriere, damit traten sie 2011 beim Bundesvision Song Contest an. Niemczyk und Grunenberg unterstützen drei Stiftungen, die Kinder fördern. Beide sind auch privat ein Paar. (eph)