Was lange erarbeitet wurde, ist nun endlich offiziell: Das Singener Schloss soll in größerem Umfang langfristig angemietet werden, damit es für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt – und möglicherweise einem stadtgeschichtlichen Museum den nötigen Raum bietet. Dort könnten all die Schätze, die Singens Entwicklung vom Dorf zur modernen Industriestadt dokumentieren, ein attraktives Zuhause finden. Eine Sammlung mit tausenden Objekten schlummert schon in Lagerräumen, sie soll nun aufgearbeitet werden. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, nachdem das Thema eine Woche zuvor bereits nicht-öffentlich beraten worden war. Mit dem Konzept eines Fachbüros soll dann entschieden werden, ob das Singener Schloss der richtige Standort für ein Stadtmuseum ist.
Das ist ein Meilenstein, wie die Verantwortlichen um Fachbereichsleiterin Kultur Catharina Scheufele und auch einige Gemeinderäte es formulierten. „Diese Vorlage hat für mich historische Bedeutung“, sagte etwa Angelika Berner-Assfalg (CDU), die auch Beisitzerin des Museumsvereins ist. Seit fast 100 Jahren würden wild Gegenstände gesammelt mit dem Gedanken, dass man dafür irgendwann und irgendwo einen Platz haben wird.
Im Schloss könnte das Stadtmuseum entstehen
„Es kann auch sein, dass das zukünftige stadtgeschichtliche Museum an einem ganz anderen Ort beheimatet ist“, betonte Oberbürgermeister Bernd Häusler in der Sitzung des Gemeinderats. Doch nach dem jüngsten Beschluss ist klar, dass es im Schloss einen Platz finden könnte – als Teil des neuen Schlossquartierts, das dort entstehen soll.
Von der Stadt werden bislang vor allem der Gewölbekeller als Lager sowie das erste Obergeschoss für das Hegau-Museum genutzt. Das Hegau-Museum bietet nach Jahren der Renovierung und Umgestaltung „eine der attraktivsten Ausstellungen der Ur- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg“, wie Abteilungsleiterin Catharina Scheufele in der Sitzungsvorlage festhält.

Gräfliche Wohnung ist bislang nur selten zugänglich
Neu genutzt werden könnte das zweite Obergeschoss. Das wurde seit 200 Jahren durchgehend als repräsentativer Wohnraum der gräflichen Eigentümerfamilie genutzt, wie es in der Sitzungsvorlage heißt. Diese Räume könnten „zum zentralen Ausstellungsobjekt innerhalb eines musealen Konzeptes für die Darstellung der Singener Stadtgeschichte aufgewertet werden“, wie Museumsleiter Ralph Stephan in einem Raumkonzept festhält. Die Stadt sucht nach dem Gemeinderatsbeschluss nun ein Fachbüro, dessen Konzeption diese Vision auf ihre Machbarkeit prüft. Ziel sei ein modernes, pfiffiges Ausstellungskonzept für die stadtgeschichtliche Sammlung, wie Scheufele auf Nachfrage erklärt. Doch der Prozess sei ergebnisoffen.
Künftig wird deutlich mehr Miete fällig
Ebenfalls zugestimmt hat der Gemeinderat einem langfristigen Mietvertrag des Singener Schlosses. Seit 2017 spreche und verhandle man mit dem Eigentümer, schildert Catharina Scheufele, dieser habe mit dem Fortschreiten der Planungen für das Schlossquartier eine Entscheidung gewünscht. An der Friedenslinde-Kreuzung soll mit einem Neubauprojekt eine Mischung aus Wohnen und Arbeiten entstehen. Dafür soll das Gelände aus dem Dornröschen-Schlaf geweckt werden, wie Stefan Nachbaur als Geschäftsführer der Projektentwicklungsfirma Prisma dem SÜDKURIER sagte. Beide Projekte könnten voneinander profitieren, wie auf der 92-seitigen Vorlage mehrfach betont wird. Nun kann die Stadtverwaltung einen Mietvertrag für die nächsten 15 bis 20 Jahre abschließen.
Die Mietzahlungen sind dabei gestaffelt: Bis das Gebäude barrierefrei ist, soll die Stadt rund 48.500 Euro pro Jahr bezahlen. Die Eigentümergesellschaft habe zugesichert, die Umbauarbeiten in Abstimmung mit dem Denkmalschutz zu übernehmen. Anschließend könnten bis zu 111.000 Euro Miete pro Jahr fällig werden.
910.000 Euro für Konzept, Ausbau und Ausstellung
Für eine museale Nutzung könnten laut Konzept einmalige Kosten von 910.000 Euro entstehen: 160.000 Euro insgesamt für die Museumskonzeption, 500.000 Euro für einen Ausbau einschließlich Brandschutz und Heizung, sowie 250.000 Euro für eine barrierefreie Ausstellung in der gräflichen Wohnung. Wovon Besucher wahrscheinlich zuerst etwas merken werden, ist eine intensivere Nutzung des Erdgeschoss: Dort sollen die museumspädagogische Arbeit des Hegau-Museums und Erinnerungsstücke zu Gebäude und Bewohnern präsentiert werden.
Nur wenige kritische Stimmen im Gemeinderat
Die Zukunft eines intensiver genutzten Schlosses gefiel den Stadträten. Diese Möglichkeit müsse man nutzen, befand Kirsten Brößke (FDP). Marion Czajor (Neue Linie) sah es als einmalige Zukunftsinvestition, die von Bürgern sicher angenommen werden werde. Da war sich auch Angelika Berner-Assfalg (CDU) sicher, denn Führungen in der gräflichen Wohnung seien stets ausgebucht gewesen. Dietrich Bubeck (Grüne) fand die Nutzung des Singener Schlosses wichtig, weil viele historische Gebäude nicht mehr existieren.

Sein Parteikollege Eberhard Röhm erinnerte aber an die ständige Abwägung zwischen dem, was wünschenswert ist, und dem, was machbar ist: „Können wir uns das auf Dauer leisten?“, fragte der Grünen-Stadtrat. Auch Projekte wie die Scheffelhalle hätten hohe laufende Kosten. Neben einer langen Liste mit weiteren Projekten müsse auch Geld für Klimaschutz eingeplant werden. Deshalb fälle seine Fraktion ein unterschiedliches Votum.

Letztlich wurden die einzelnen Punkte separat abgestimmt: Zur Aufarbeitung der stadtgeschichtlichen Sammlung mit Blick auf ein entsprechendes Museum gab es drei Gegenstimmen und dem Staffelmietvertrag widersprachen zwei Stadträte. Über die Einstellung eines Sammlungsleiters, die mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, soll später entscheiden werden.