Nicht nur um Zahlen ging es Franziska Schutzbach beim Vortrag im Treffpunkt Horizont zum Weltfrauentag. Bürgermeisterin Ute Seifried hatte sie zum Internationalen Frauentag nach Singen eingeladen. Die 46-jährige Wissenschaftlerin siedelte 1982 mit ihrer Familie in die Schweiz über. Sie studierte an der Universität Basel Soziologie, Medienwissenschaften und Gender-Studies.
Im Jahr 2019 promovierte sie zu einem Thema über die Weltgesundheitsorganisation (WHO), 2021 veröffentlichte sie ihr Buch „Die Erschöpfung der Frauen – Wider die weibliche Verfügbarkeit“. Die feministische Aktivistin und Mutter zweier Kinder initiierte im Jahr 2017 den #SchweizerAufschrei und ist seitdem eine bekannte und gefragte feministische Stimme – auch über die Schweiz hinaus.

Mit im Gepäck hatte die Schweizer Geschlechterforscherin ihr Buch „Die Erschöpfung der Frauen“. Über viele Jahre habe sie Stimmen von Frauen gesammelt, die immer wieder äußerten, sie hätten ein Gefühl, es immer allen recht machen zu wollen. „Ich wollte schon damals einen Text daraus machen, war aber zu erschöpft“, sagt Franziska Schutzbach. Zu jener Zeit hatte sie zwei kleine Kinder.
„Die Angst von Frauen, Fehler zu machen, spielt eine große Rolle in meinem Buch“. Und diese Angst führe besonders bei Frauen gern zum Burn-Out. In der heutigen Leistungsgesellschaft seien zwar nicht nur Frauen, sondern auch Männer erschöpft, doch von den Frauen werde alles erwartet. „Sie sollen Karriere machen, aber nicht vermännlichen“. Bei Männern sei Gefühlskälte eher ein Karrierebooster, so Schutzbach.
Die Definition der Frau sei immer noch an die Rolle der Gebenden gebunden und Frauen würden immer noch als Mädchen sozialisiert. Im Berufsleben würden Frauen Sanktionen bekommen, wenn sie sich weigern, die Gebende zu sein. In der Familie trägt die Frau als Gesamtmanagerin die mentale Last.
Zwar habe sich seit den 1950er Jahren etwas verändert. Männer würden vielleicht Teilzeit arbeiten und mehr mit den Kindern unternehmen. „Doch dann überlassen Männer den Frauen den ganzen Rest“. Frauen würden vor allem auch immer Verantwortung im sozialen Bereich übernehmen.
Wer eine Familie gründen wolle, solle dies als Projekt angehen, riet die Referentin. Man müsse mit dem Partner vor der Geburt von Kindern verhandeln, wie die Rollenverteilung sein werde. Das sei unbedingt notwendig, sagt Schutzbach. Da gibt es aber offenbar noch viel Überzeugungsarbeit.
Die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Konstanz, Petra Martin-Schweizer, erzählte in der anschließenden Diskussion, dass sie mit Frauen, die im Landratsamt arbeiten und in Mutterschutz gehen, Gespräche führe, wie die Rollenverteilung sein werde, wenn das Kind da ist. „Da wehren die Frauen ab, möchten gar nicht drüber sprechen“, ist ihre Erfahrung.
Das sei offenbar ein Tabu-Thema. Das Fazit von Franziska Schutzbach: „Wir müssen laut werden, nicht nur am Frauentag, am Equal-Pay-Day oder am Equal-Care-Day. Aktivismus muss zur Gewohnheit werden, so wie Zähneputzen“, lautet der Appell der Wissenschaftlerin und Autorin.