Bezahlbare Mietwohnungen sind schon heute heiß begehrt und es wird in Zukunft noch weniger geben. Die Gründe: Die Bau- und Energiepreise steigen, die Inflation erreicht Höchstwerte und Förderungen fallen weg. Warum die Baugenossenschaft Hegau 64 solcher Wohnungen an der Überlinger Straße trotzdem baut, erklärte Hegau-Geschäftsführer Axel Nieburg beim Richtfest der ersten beiden Häuser 7a und 9a, deren Rohbau acht Monate nach dem Spatenstich steht.

Zimmerer Simon und Erwin Künstle, Axel Nieburg, Jörg Müller, Kai Feseker (alle Baugenossenschaft Hegau), OB Bernd Häusler, Bertram Greif ...
Zimmerer Simon und Erwin Künstle, Axel Nieburg, Jörg Müller, Kai Feseker (alle Baugenossenschaft Hegau), OB Bernd Häusler, Bertram Greif (Baugenossenschaft Hegau) und Statiker Thomas Relling (von links) beim Richtfest. | Bild: Weiß, Jacqueline

Dieses Projekt, die ‚Überlinger Höfe‘ mit insgesamt fünf Häuser, wäre auch nicht gebaut worden, wären nach Erteilung der Baugenehmigung 2021 nicht schon Vorarbeiten erledigt worden und hätte das Grundstück nicht schon der Genossenschaft gehört. Nachdem aber die Garagen der bestehenden Häuser abgerissen waren und für einen Ersatzparkplatz gesorgt war, wollte die Hegau zu ihrem Wort stehen und die Häuser bauen.

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Förderung wurde über Nacht gestoppt

Doch es erwartete den Bauherrn eine weiterer Rückschlag, wie er berichtet: Über Nacht sei die KfW-40 Förderung gestoppt worden, berichtet Nieburg. Das ist eine staatliche Förderung für energiesparende Neubauten. Für die „Hegau“ bedeutete das eine Zuschusskürzung von mehr als einer Million und eine Bauverzögerung um fast ein Jahr, weil die Förderbedingungen sich geändert haben.

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Zu diesem Zeitpunkt seien die ursprünglich geschätzten Baukosten von 21 Millionen Euro längst nicht mehr zu halten gewesen und die Baugenossenschaft rechne jetzt mit einem Investitionsvolumen von rund 24 Millionen Euro, so Nieburg. „Seriöse Baupreisberechnungen sind unter den derzeitigen Bedingungen jedoch nicht möglich“, erklärte der Geschäftsführer. Die Baugenossenschaft fühle sich dem Existenzgut „Wohnen“ verpflichtet und sei nicht darauf aus, Gewinne zu erzielen, doch die Projekte müssen kostendeckend sein.

Die „Überlinger Höfe“ umfassen fünf Häuser und 64 Wohnungen. Sie verteilen sich auf drei größere Wohnhäuser mit je 16 Wohnungen und zwei kleineren mit je acht Wohnungen. Die Rohbauten der ersten beiden größeren Häuser sind fertig. Diese Häuser sollen bis September nächsten Jahres bezogen werden können, die anderen Häuser bis Ende 2024. Wie hoch die Miete für die Wohnungen ausfallen wird, kann der Geschäftsführer heute noch nicht sagen, da kaum vorherzusehen sei, wie sich die Kosten entwickeln.

Blick nach oben beim Richtspruch für die Überlinger Höfe. Im Hintergrund ist eines der modernisierten, bestehenden Häuser zu sehen.
Blick nach oben beim Richtspruch für die Überlinger Höfe. Im Hintergrund ist eines der modernisierten, bestehenden Häuser zu sehen. | Bild: Weiß, Jacqueline

Gebaut würden Zwei-, Drei und Vier-Zimmer-Wohnungen, die zwischen 48 und 89 Quadratmeter groß sind. In den Erdgeschossen sind Technik- und Abstellräume sowie Carports für die Bewohner vorgesehen. Darauf werden drei Wohngeschosse gebaut, darüber entstehen Penthäuser mit Dachterrassen. Die Wärmeversorgung erfolgt über das eigene Nahwärmenetz der Holzhackschnitzelheizzentrale in der Überlinger Straße.

Bedarf an Wohnungen bleibt hoch

Der Bedarf an bezahlbaren Mietwohnungen ist und bleibe hoch. Doch die Zahl der Bauanträge sei seit 2022 immer weiter eingebrochen. Das Statistische Bundesamt habe im Vergleich zu 2022 einen Rückgang um 31,5 Prozent festgestellt. Außerdem habe laut ifo Institut München die Stornierungswelle im Wohnungsbau im August mit 20,7 Prozent einen Höchststand erreicht. Bund, Länder und Gemeinden würden mit ihren Auflagen zur Baukostensteigerung beitragen. „Es werden immer neue Auflagen hinzugefügt“, schildert er die Lage.

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Die Hegau wolle trotzdem weiter Projekte entwickeln. Doch sie werde vor Realisierung jedes Projektes prüfen, ob es wirtschaftlich realisiert werden kann. „Wohnen ist ein Existenzgut, auf das niemand verzichten kann und deshalb für den sozialen Frieden bedeutsam“, erklärte Nieburg und seiner Rede zum Richtfest.

Neubauten wichtig für die Stadt

Torsten Kalb, Leiter des Fachbereichs Jugend und Soziales bei der Stadt Singen, ist überzeugt, dass Projekte, wie die „Überlinger Höfe“ gut für die Stadt sind, weil sie breiten Schichten neuen Wohnraum bieten, der dringend gebraucht werde, und den sozialen Gedanken verfolgen. In nächster Zeit würden auch einige Sozialwohnungen im geförderten Wohnbau entstehen, berichtet er. So zum Beispiel an der Feuerwehrstraße und zwei Häuser an der Hauptstraße im neuen Scheffelareal.