Einen Rest Hoffnung hatten sich die Organisatoren der grenzüberschreitenden Museumsnacht Hegau-Schaffhausen noch erhalten, nachdem die Regeln zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie in Baden-Württemberg und in der Schweiz Ende Juni weiter gelockert wurden. Wenn die Museen unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln wieder Besucher empfangen können, wenn wieder Veranstaltungen mit bis zu 250 Besuchern stattfinden dürfen, sollte doch auch die Museumsnacht im September kein Problem sein. Doch die Realität sieht anders aus. In einer nüchternen Meldung hat die Steuerungsgruppe jüngst bekannt gegeben, dass es 2020 keine Museumsnacht geben wird.
„Bei genauer Betrachtung sind wir zu dem Schluss gekommen, dass das Risiko zu groß wäre“, sagt die Singener Kulturmanagerin Catharina Scheufele. „Die Besucher hätten an jeder Station ein Formular zur Nachverfolgung ausfüllen müssen. Die Ateliers hätten strikte Einlassbeschränkungen umsetzen müssen. Der zwanglose Austausch wäre einfach nicht möglich. Es wäre eine völlig andere Museumsnacht geworden, als die Menschen sie kennen. Das hätte nur zu Enttäuschung geführt.“ Um unnötige Kosten, zum Beispiel für Programmhefte, Musikgruppen, Künstleraufträge oder technische Ausrüstung zu vermeiden, habe man jetzt die Reißleine ziehen müssen, so die städtische Kulturbeauftragte.

Der Schaffhauser Bildungsreferent und Stadtrat Raphael Rohner bestätigt diese Einschätzung. „Tränenden Auges haben wir die Museumsnacht abgesagt“, erklärt er. „Schließlich ist der Besucheraustausch das Merkmal dieser Veranstaltung. Doch in der aktuellen Situation ist das Risiko unüberschaubar.“ Der Gesundheitsschutz habe oberste Priorität. Bei den teilnehmenden Museen, Künstlern und Galerien sei man mit der Entscheidung auf großes Verständnis gestoßen. In der Steuerungsgruppe, der auch Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler angehört, sei man sich einig, dass die Museumsnacht 2021 größer ausfallen soll.
Was die Absage für die Teilnehmer bedeutet, kann Suzanne Mennel vom Schaffhauser Museum Allerheiligen schildern: „Unser Programm unter dem Motto ‚animalisch‘ war von Kurzführungen bis hin zur Musik vollkommen durchgeplant. Dazu gehört auch unsere neue, familientaugliche Hühnerausstellung.“ Für das Museum ist die Museumsnacht jeweils eine gute Gelegenheit, sich einem breiteren Publikum zu präsentieren.

Mit der Museumsnacht lässt das Kunstmuseum Singen für gewöhnlich ihre großen Sommerausstellungen ausklingen. Das Kunstmuseum konzentriert sich vor allem auf die Vermittlung der modernen und zeitgenössischen Kunst aus der Vierländerregion Bodensee, was bestens in das grenzüberschreitende Format der Museumsnacht passt. Umso mehr bedauert das Team deren Absage. „Gerne hätten wir unsere Ausstellung ‚30 Jahre. Kunstmuseum Singen‚ mit der Museumsnacht als krönendem Abschluss in unserem Rahmenprogramm gefeiert“, so Beatrice Dumitrescu, Assistenz der Museumsleitung.
Die bereits geplanten Mitmachangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sollen nun verstärkt in den kommenden Monaten angeboten werden.
Genau das war bereits vor über 20 Jahren der Grundgedanke für die Museumsnacht Hegau-Schaffhausen: ein niederschwelliges Angebot für Menschen, die sonst kaum ein Museum besuchen würden. Das wachsende Interesse in den vergangenen Jahren bestätige diese Idee, sagt Alexandra Lampater, die zusammen mit Marcel Zürcher die Gesamtkoordination innehat.

„Weil sich immer wieder andere Kommunen, Künstler und Galeristen beteiligen, bleibt es spannend“, so Lampater. Diesmal wäre die Zahl der Teilnehmer auf Schweizer Seite größer gewesen als im Hegau. Und weil die Schweizer Corona-Regeln mehr Spielraum lassen als die deutschen, drängt sich die Frage auf, ob die Museumsnacht vielleicht nur dort hätte stattfinden können? „Das kam für uns nie in Frage“, sagt Alexandra Lampater. „In der Steuerungsgruppe waren wir uns immer einig, dass wir das nur gemeinsam machen, ob Zu- oder Absage.“ 45 Einrichtungen hatten bereits ihre Teilnahme zugesagt.
Künstler zeigen trotz Einbußen Verständnis
Für die Kulturschaffenden in der Region, die seit März weitgehend ohne Engagement sind, ist diese Absage ein weiterer Tiefschlag. Trotzdem hätten alle Verständnis für die Entscheidung gezeigt, sagen Catharina Scheufele und Alexandra Lampater übereinstimmend. Wie viele Künstler auf deutscher Seite sich um entsprechende Rettungspakete bemüht haben, ist nicht bekannt. Im Kanton Schaffhausen lägen bisher rund 40 Ausfallgesuche vor, weiß Roland E. Hofer, der für die kantonale Kulturförderung zuständig ist. „Im gesamten Land sind es rund 6000 Anträge.“
Ob ein Künstler anspruchsberechtigt ist, unterliegt einer umfangreichen Prüfung. In der Stadt und im Kanton werden Gagen für nicht geleistete Veranstaltungen bezahlt. „Das ist eine große Entlastung für alle Kulturschaffenden“, sagt Hofer. Das Interesse an der grenzüberschreitenden Museumsnacht bleibe ungemindert groß. Den größten finanziellen Beitrag leistet dort der Verein Agglomeration Schaffhausen.