Sanft ergreift der elegant gekleidete ältere Herr die Hand seiner Frau und schließt die Augen. In der Nachbarschaft hat sich ein jüngeres Paar in der Kirchenbank eng aneinandergeschmiegt. Auf der anderen Seite wischt sich jemand ein paar Tränen aus den Augen. Gerade hat Otto Sauter zusammen mit seinem kongenialen Begleiter Christian Schmitt den ersten Satz aus Georg Philipp Telemanns Sonate B-Dur angestimmt. Warm und weich singt die Piccolo-Trompete das Cantabile und versetzt die Zuhörer in der Singener Herz-Jesu-Kirche in festliche Stimmung.
Zwei weltbekannte Trompeter spielen mit
Zum 20. Silvesterkonzert hat der gebürtige Tengener, Otto Sauter, diesmal keinen Schauspieler oder Sänger eingeladen, sondern zwei weltbekannte Trompeter-Kollegen. „Walter Scholz war schon in der Kindheit mein Idol“, sagt Otto Sauter im SÜDKURIER-Gespräch. Dass er heute mit dem 81-Jährigen zusammen musizieren kann, ist ihm eine besondere Freude. Als dritten im Bunde hat er den Amsterdamer Jazz-Trompeter Erik Veldkamp für das Singener Konzert gewinnen können. „Vor 20 Jahren hat alles mit der Trompete begonnen“, erklärt Sauters Ehefrau und Managerin Sabine Kierdorf. „Das war für uns jetzt der Anlass für eine Trompetengala.“ Allerdings nicht ohne den Konzertorganisten Christian Schmitt. Er ist schon seit Jahren nicht nur treuer Begleiter der Silvesterkonzerte, sondern brilliert auch als Solist mit Stücken wie der Bach-Fuge in g-moll.

Konzert ist für viele ein Ritual
Schon eine Stunde vor Konzertbeginn treffen die ersten Besucher ein. Für viele gehört die festliche Musik zum Ritual des Jahresausklangs. Sie wollen ein würdiges Ende finden, noch einmal die vergangenen zwölf Monate Revue passieren lassen und schwungvoll in das neue starten. Die Trompeter und der Organist helfen ihnen dabei. Das Programm bietet einige Ohrwürmer der Klassik, wie das „Gloria in Excelsis Deo“ von Händel oder das Adagio von Joaquin Rodrigo aus dem Concierto de Aranjuez. Die Trompeter wechseln sich ab. So erleben die Zuhörer die unterschiedlichen Klangfarben und Stimmungen der verschiedenen Instrumente ganz hautnah. Im „Ave Maria“ von Giulio Caccini sind alle drei Trompeter gemeinsam zu hören, wobei Erik Veldkamp jazzige Elemente mit seinem Flügelhorn einbaut. Die Musiker spielen von der Orgelempore, während viele Zuhörer die Musik mit geschlossenen Augen genießen. Für die Zugabe, „The Rose“, wechseln sie unter stehendem Applaus in den Altarraum. Danach ist Otto Sauter umringt von Besuchern, die sich persönlich bedanken wollen.
Heimat und Hilfsfond motivieren
Was veranlasst den Trompeter, der das Jahr über in 64 Ländern der Welt und an so spektakulären Plätzen wie der chinesischen Mauer, der Akropolis oder in der Urwaldoper in Manaus konzertiert, seinen Silvesterabend im Hegau zu verbringen? „Das Elternhaus in Tengen und der Hilfsfonds“, sagt Otto Sauter. Vor 20 Jahren hatte er die Idee, bedürftigen Menschen aus der Region unbürokratisch zu helfen. Dafür hat er den Fonds gegründet, der sich aus dem Erlös der Silvesterkonzerte speist. Bürgermeisterin Ute Seifried dankte als Vorsitzende des Hilfsfonds den Besuchern für ihre Treue. „Der Fonds springt immer wieder ein, wenn keine andere Stelle mehr helfen kann“, sagt sie.