Von Gudrun Trautmann

An die Wochen, als ein Mini-Bagger auf den Dächern der fünf Mehrfamilienhäuser in der Überlinger Straße mit ohrenbetäubendem Lärm den Estrich aufgeschlagen hat, möchte Axel Nieburg an diesem Festtag am liebsten nicht erinnern. Und doch muss er es tun, um seine Hochachtung für die Geduld seiner Mieter während dieser nervenaufreibenden Zeit zu verdeutlichen.

Wie sonst sollte man verstehen, was die Bewohner in der Zeit der Sanierung der 200 Wohnungen alles erduldet haben. Doch jetzt, da sie den höheren Komfort ihrer Wohnungen genießen, ist von den Strapazen nichts mehr zu spüren.

Schön hell wohnt es sich im Dachgeschoss wegen der hohen Fenster. Rund um die Wohnung verläuft ein großer Balkon. So können die Bewohner ...
Schön hell wohnt es sich im Dachgeschoss wegen der hohen Fenster. Rund um die Wohnung verläuft ein großer Balkon. So können die Bewohner alle Jahreszeiten vom Sofa aus verfolgen. | Bild: Sabine Tesche

Im Dezember 2011 hatte die Baugenossenschaft Hegau mit der Sanierung und Aufstockung der Siedlung begonnen. Jetzt ist das Großprojekt, das sich das Unternehmen 16 Millionen Euro hat kosten lassen, abgeschlossen. – Das musste jetzt mit Anwohnern und Genossenschaftsmitgliedern gefeiert werden.

Bei Sonnenschein, Musik, Kaffee und Kuchen sowie Gegrilltem sollten die Mieter den Lärm, den Staub und die Einschränkungen der vergangenen Jahre vergessen. Die meisten haben das alles längst hinter sich gelassen und genießen jetzt den Neubaustandard ihrer sanierten Wohnungen.

Bewohner und Mitglieder der Baugenossenschaft Hegau  feiern den Abschluss der Sanierung der Häuser in der Überlinger Straße.
Bewohner und Mitglieder der Baugenossenschaft Hegau feiern den Abschluss der Sanierung der Häuser in der Überlinger Straße. | Bild: Sabine Tesche

An diesem Dientsagnachmittag haben sich viele von ihnen auf den Grünflächen zwischen den Häusern versammelt, um das Ende der Verjüngungskur zu feiern. Passend zum Motto gibt es eine Musikperformance mit Betonmischer, einen kleinen Pflanzenverkauf für die zahlreichen vergrößerten Balkone und eine Führung durch den kleinen badischen Bauerngarten.

Vom Dachgeschoss haben die Bewohner auch die modernen Nachbarhäuser und den Hegau im Blick.
Vom Dachgeschoss haben die Bewohner auch die modernen Nachbarhäuser und den Hegau im Blick. | Bild: Sabine Tesche

Zu besichtigen sind auch eine Penthauswohnung und eine modernisierte Mietwohnung. Hier können die Besucher sich von der Barrierefreiheit der modernen Bäder überzeugen. Auch dazu hat Axel Nieburg eine Geschichte zu erzählen: "Als die Bäder dran waren, haben wir einen Bad-Container aufgestellt", berichtet er. 


Schließlich habe die gesamte Bad-Sanierung ja in bewohntem Zustand der Wohnungen über die Bühne gehen müssen. Schließlich könne man den Mietern während der Bauphase nicht zumuten, die Sanitäranlagen beim Nachbarn zu nutzen.

So modern lebt es sich in einer Penthaus-Wohnung in der Überlinger Straße. Davon hat die Hegau Baugenossenschaft zehn auf die Häuser aus ...
So modern lebt es sich in einer Penthaus-Wohnung in der Überlinger Straße. Davon hat die Hegau Baugenossenschaft zehn auf die Häuser aus den 1960er Jahren gesetzt. | Bild: Sabine Tesche

Offenbar sind Baugenossenschaften beim Werterhalt ihrer Immobilien erfinderisch und ihre Mitglieder leidensfähig. Beim Modernisierungsfest waren jedenfalls alle sehr zufrieden. So auch Adrian Dominik, der mit seiner Tochter Jasmin auf dem Festgelände einen Spielturm aufbaut. "Wir fühlen uns sehr wohl in der Genossenschaftswohnung", sagt der Familienvater.

Zufrieden ist auch Oberbürgermeister Bernd Häusler.

Er hat am Beispiel seiner Schwiegermutter selbst erlebt, wie sich in einem Hochaus aus den 1960er Jahren wohnt. Häusler lobte die Barrierefreiheit in allen Wohnungen (mit Ausnahme der Dachgeschosswohnungen, zu denen noch eine Treppe zu überwinden ist). Besonders aber freut er sich über die "außerordentlich günstigen Mieten", die bei 6,25 Euro liegen.

Wer sich auf das Abenteuer Modernisierung eingelassen hatte, der zahlt nach der Modernisierung sogar nur zwischen 5,25 und 5,70 Euro Miete pro Quadratmeter, wie Nieburg zuvor berichtet hatte. Damit komme die Genossenschaft ihrem sozialen Auftrag nach, nachhaltigen und bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu schaffen. In Zeiten des immer knapper werdenden Wohnraums und der explodierenden Mieten sei das besonders hervorzuheben, sagte der OB.
Der Geschäftsführer der Baugenossenschaft Hegau  Axel Nieburg zeigt SÜDKURIER-Redakteurin Gudrun Trautmann den Blick vom Penthaus in den ...
Der Geschäftsführer der Baugenossenschaft Hegau Axel Nieburg zeigt SÜDKURIER-Redakteurin Gudrun Trautmann den Blick vom Penthaus in den Hegau. | Bild: Sabine Tesche

Mit ihren barrierefreien Wohnungen will die Hegau alle Generationen ansprechen und setzt dabei neben einem hohen Energiestandard auch auf Farbe und Weitblick. Das Gesamtkonzept nach dem Entwurf des Stuttgarter Büros Hermann und Bosch wurde – wie bereits berichtet – mit zwei begehrten Architekturpreisen ausgezeichnet.

Solche Anerkennung trägt zur Wertsteigerung bei. Das wissen auch die Mitglieder, die der Genossenschaft seit vielen Jahren treu geblieben sind.

Für drei von ihnen gab's zum Fest auch noch einen Blumenstrauß, weil sie seit 50 Jahren dabei geblieben sind.

Schöne Aussichten haben die Bewohner der Penthauswohnungen der Baugenossenschaft Hegau in der Überlinger Straße.
Für 50-jährigeTreue ehrte die Baugenossenschaft Hegau vier Mitglieder. Darunter auch die Firma Georg Fischer, die sich schon früh ...
Für 50-jährigeTreue ehrte die Baugenossenschaft Hegau vier Mitglieder. Darunter auch die Firma Georg Fischer, die sich schon früh Anteile an dem Bürgerunternehmen sicherte. | Bild: Sabine Tesche

Die Hegau

Der genossenschaftliche Bau hat im Hegau eine lange Tradition. Ziel des gemeinschaftlichen Bauens sind verlässliche und bezahlbare Mieten. Die Baugenossenschaft Hegau ist hat rund 4500 Mitglieder, einen vermieteten Wohnungsbestand von rund 2000 Wohnungen und weitere 2000 Wohnungen in der Verwaltung. Die Bilanzsumme hat ein Volumen von rund 96 Millionen Euro. In den kommenden zwei Jahren erstellt die Hegau über 200 neue Mietwohnen. Ebenfalls sehr aktiv in Singen sind die Baugenossenschaft Oberzellerhau und die Familienheim Radolfzell.