Warum sich die Württemberger mehr als die Badener mit dem Hohentwiel verbunden fühlen – dieser Frage ging Wolfgang Kramer, der 25 Jahre lang als Kreisarchivar im badischen Konstanz und 15 Jahre im württembergischen Tuttlingen tätig war, in seinem Vortrag in der Singener Stadthalle nach.
Mit zahlreichen Bildern, die teils auch in der aktuellen Hohentwiel-Ausstellung im Singener Kunstmuseum zu sehen sind, ergänzte er seinen Vortrag.
915 erstmals urkundlich erwähnt
Nachdem der Hohentwiel 915 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde, stand er ab dem 16. Jahrhundert unter württembergischem Einfluss. Damals wurde die Burg immer weiter zur Festung ausgebaut und war ein wichtiges Bindeglied zwischen dem württembergischen Stammland und den Besitztümern im Burgund.
Im 30jährigen Krieg hielt sie fünf Belagerungen unter dem Kommandanten Konrad Widerholt stand. 1650 konnte dieser den Hohentwiel unbezwungen an Herzog Eberhard von Württemberg zurückgeben. Während Widerholt rings um den Hohentwiel durch Rauben, Plündern und Zerstören Angst und Schrecken verbreitete, war er für die Württemberger der tapfere Festungskommandant, der den Hohentwiel als protestantische Bastion 16 Jahre lang verteidigte.
Schule und Kindergarten nach Kriegsherrn benannt
Nach seiner Zeit auf dem Hohentwiel zog Widerholt als Obervogt nach Kirchheim/Teck. Dort erfährt er bis heute besondere Verehrung. Dass ein Platz nach ihm benannt ist und eine Widerholt-Medaille verliehen wird, mag noch verständlich sein. Jedoch erstaunt es sehr, zu erfahren, dass dort sowohl eine Schule als auch ein Kindergarten den Namen eines erfolgreichen Kriegsherrn tragen.
Nach der Zerstörung der Festung durch Napoleons Truppen im Jahre 1800 wurden der Hohentwiel und das Singener Bruderhofgebiet 1850 Teil der württembergischen Gemeinde Tuttlingen. Und so pflegte der Tuttlinger Gemeinderat stets eine Sitzung pro Jahr auf dem Singener Hausberg abzuhalten. Eine Tradition, die 1969 mit Eingemeindung des Hohentwiels nach mehr als 400 Jahren württembergischer Vorherrschaft ihr Ende fand.