Sandra Bossenmaier

Warum Elektroautos keine Rettung vor dem Klimawandel oder genauer vor der drohenden Klimakatastrophe darstellen, erklärte der Buchautor Winfried Wolf während eines Vortrages im Kulturzentrum Gems. Gut wäre es wohl gewesen, an diesem Abend per Fahrrad oder zu Fuß zum Veranstaltungsort zu kommen, denn genau eine solche nichtmotorisierte Mobilität sollte laut Wolf, der immer mit dem Zug fährt und seit 1985 kein eigenes Auto mehr besitzt, gefördert werden. Dagegen sollte der motorisierte Verkehr auf den Straßen, besonders in den Städten, reduziert werden. Der Verkehrsmarkt müsse sich verändern.

Das könnte Sie auch interessieren

Wolf redete von einer Mobilitätskrise, welche sich in den letzten zehn Jahren zugespitzt habe. Er kritisierte die Entwicklung der großen Autokonzerne in Bezug auf Elektromobilität und stellte die Glaubwürdigkeit der Kfz-Konzerne in Frage. Für eine erfolgreiche Verkehrswende benötige es auch eine öffentliche Kontrolle der mächtigen Autoindustrie. Mit Elektroautos würde sich die Krise in den Städten nicht entspannen.

Elektroautos mit ökologischem Rücksack

Ganz im Gegenteil: Immer mehr Autos nehmen immer mehr Platz in Anspruch. Was seien denn das für Null-Emissions-Autos, die über zwei Tonnen wiegen, sehr teuer sind und von Null auf Hundert unter vier Sekunden beschleunigen? Im Vergleich zu einem Auto mit Verbrennungsmotor habe ein Elektroauto aufgrund seiner Herstellung und der großen Batterie einen ökologischen Rucksack, der erst einmal abgetragen, beziehungsweise abgefahren werden müsse. Außerdem benötige ein solches Auto viel Strom und dieser werde wiederum auch aus fossilen Brennstoffen und in Atomkraftwerken gewonnen.

Das könnte Sie auch interessieren

„Elektroautos sind keine Lösung, weil diese mit einem Bumerang-Effekt verbunden sind“, sagte Wolf. Die meisten Käufer würden sich solch ein Auto lediglich als Zweit- oder gar Drittauto anschaffen, die Zahl der Verbrennungsautos reduziere sich dadurch nicht. Die E-Autos kämen als schmutziges Sahnehäubchen noch oben drauf, meinte der Verkehrsexperte. Neben einer Abhängigkeit vom Öl mache man sich mit der E-Mobilität zusätzlich noch abhängig von Rohstoffen wie Nickel, Lithium und Kobalt, deren Abbau ethisch fragwürdig sei.

Bahn statt Auto

Wer über eine Verkehrswende redet, müsse alles dafür tun. Konkret: zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren. Und den öffentlichen Personennahverkehr stärken, beispielsweise mit einem Nulltarif und Preisreduzierungen für Fahrten mit der Bahn. Diese müsse in der Fläche ausgebaut und zu 100 Prozent elektrifiziert sein.

Das könnte Sie auch interessieren

Wie die jungen Leuten der Fridays for Future-Bewegung, die sich für eine schnelle Klimaschutzpolitik einsetzen, sollten alle eine Änderung des Systems beziehungsweise der Denkweisen fordern. Nach dem Referat gab es die Möglichkeit zur Diskussion. Gemeinderätin Birgit Kloos (SÖS) fragte nach einer sinnvollen Lösung für die Stadtbusse. „Wenn Strom, dann Oberleitungsbusse“, so Wolfs Alternative zu Dieselbussen.

Zur Serie

Der SÜDKURIER war überrascht über die Teilnahme: Rund 5000 Leser aus dem Landkreis Konstanz beteiligten sich an der detaillierten Umfrage „Jetzt mitreden“. Die Redaktion hat dadurch wertvolle Tipps bekommen, was die Menschen in der Region bewegt. Besonders groß ist das Interesse an Themen rund um die Mobilität, und dem kommt die Redaktion Singen/Hegau in der Serie „Abgefahren“ nach. Sollten Sie dazu weitere Anregungen oder Ideen haben, wenden Sie sich einfach an die Redaktion – am besten per Mail an: http://singen.redaktion@suedkurier.de