Mit einer achtlos weggeschnippten Zigarettenkippe verursachen Raucher einen größeren Schaden, als sie vermutlich annehmen. Denn aus den Resten entweichen noch eine Vielzahl von giftigen Stoffen, die das Leben auf dem Planeten durchaus nachhaltig schädigen können, wie nun bei einem vom BUND im Milchwerk veranstalteten Vortrag zu dem Thema deutlich wurde.
Der Forschungsgruppenleiter der Abteilung Ökohydrologie und Biochemie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Markus Venohr, zeigte dabei auf, welche Folgen die Zigarettenkippen auf das Trinkwasser haben. Denn dorthin gelangen früher oder später zumindest Teile der insgesamt 7000 Schadstoffe einer Zigarette, von denen allein mehr als 50 nachweislich krebserregend sind, wie er berichtete.
Wasser nicht standardmäßig auf Nikotin überprüft
Auch wenn man in den insgesamt neun Tiefbrunnen und acht Quellen der Stadt Radolfzell bisher niemals die vorhandenen Grenzwerte überschritten habe oder sie zum Teil gar nicht nachweisen konnte, müsse davon ausgegangen werden, dass die Reststoffe eine ungünstige Wirkung auf Lebewesen und die Umwelt haben. Ohnehin werde das Wasser nicht standardmäßig auf Nikotin überprüft, wie Stadtwerke-Wassermeister Lukas Seel bei dem Vortrag erklärte.
Ein einziger Zigarettenstummel sei zudem in der Lage, den Nikotingehalt in 1000 Liter Wasser auf eine bedenkliche Konzentration anzuheben. Doch generell zersetzen sich längst nicht alle Inhaltstoffe so schnell wie das enthaltene Nikotin. Immerhin 80 Prozent davon werden nach drei Tagen im Wasser abgebaut, im Boden sogar nach einem halben Tag. Gleichwohl sei das Gift eine Bedrohung. Eigentlich produzieren es Pflanzen wie der Tabak, aber auch andere Nachtschattengewächse wie Tomaten, Auberginen, Paprika und Kartoffeln, um Fressfeinde abzuwehren.
Schaden auch für Menschen
Wie bei dem Vortrag weiter erläutert wurde, würden täglich alleine in Deutschland 40 Kinder mit einer Nikotin-Vergiftung in Krankenhäuser eingeliefert. Und die zahlreichen Inhaltsstoffe der Zigaretten hätten zudem eine ungünstige Wirkung auf die Umwelt.
Wie groß diese tatsächlich ist, sei noch weitgehend unerforscht, wie Markus Venohr feststellte. Man müsse aber davon ausgehen, dass die Stoffe über die Nahrungskette zu den Menschen gelangen. Darunter befinden sich laut Vortrag auch nicht abbaubare Stoffe, die sich in den Organismen und Lebewesen anreichern und somit am Ende auch dem Menschen schaden können.
Filter bauen sich nur langsam ab
Ein nicht minder großes Problem seien die Filter der Zigaretten. Sie seien aus einem kunststoffähnlichen Material gefertigt, das zehn bis 15 Jahre benötige, um abgebaut zu werden. Bei derzeit etwa 1,13 Milliarden Rauchern auf der Welt, die rund 5,7 Billionen Zigaretten pro Jahr rauchen – etwa 97 Prozent davon mit Filtern -, kommen da schon deutliche Mengen zusammen, wie erläutert wurde.
Überlinger sammeln 100.000 Stummel in einem Jahr
Davon konnten bei der Veranstaltung auch Mitglieder einer Gruppe berichten, die es sich in Überlingen zur Aufgabe gemacht haben, eben jene Zigarettenkippen aufzusammeln, die in der Natur und am Ufer liegen. Innerhalb des Jahres hätten sie rund 100.000 Stummel aufgesammelt, die immerhin ein 200-Liter-Behältnis füllen. Mittlerweile sind sie vor die Frage gestellt, wie man das Material fachgerecht entsorgt. Dabei bleibt eigentlich nur eine Verbrennung bei hohen Temperaturen, die die meisten Inhaltstoffe beseitigen kann.
Um die Verursacher auf das Problem aufmerksam zu machen, sprechen die Mitglieder Raucher direkt an und schenken ihnen einen Taschenaschenbecher, mit dem sie die eigenen Kippen transportieren und dem Hausmüll zuführen können.
Ob man dem Problem noch anders Herr werden kann, darüber scheiden sich die Geister. In manchen Kommunen und Städten wird das achtlose Entsorgen der Kippen bereits als Ordnungswidrigkeit betrachtet, jedoch in der Praxis kaum geahndet. Ein anderer Weg wäre ein Pfandsystem, bei dem die Raucher mit dem Kaufpreis praktisch zu einer Rückgabe animiert werden.