Unerträglich. So empfindet Tobias Volz, Kreisvorsitzender des SPD, den Zustand vor dem Radolfzeller Innovationszentrum (RIZ). Rund 100 Menschen haben sich zu einer Mahnwache zusammengefunden, zu der die SPD aufgerufen hatte. Grund dafür war eine Tagung der Alternative für Deutschland im RIZ. Gerüchte hatten seit Tagen die Runde gemacht. Auch dass die Fraktionsvorsitzende im Bundestag Alice Weidel zugegen sein würde.

Gesehen hatte sie aber an dem Tag niemand. Dafür aber der Sprecher der AfD im Kreis Konstanz Walter Schwaebsch, der mit Unterstützung der Polizei sowie weiteren Parteikollegen, die eine Armbinde mit der Aufschrift "Ordnung" trugen, ihr Hausrecht auf dem Gelände des RIZ geltend machten. Die Demo sei nur an der Stele gestattet und nicht auf dem Gelände des RIZ, bestätigte auch der Radolfzeller Revierleiter Willi Streit. "Dass die AfD das Hausrecht hat, macht alles noch viel schlimmer", rief Volz den Teilnehmern der Demo zu.

Man werde sich als Demokraten an das Gesetz halten und den Platz verlassen, aber dieser Zustand sei einfach unerträglich. Simon Pschorr, er trat im vergangenen Jahr als Bundestagskandidat für die Linke an, sagte mit großem Bedauern, dass die Armbinden wieder Einzug in die ehemalige SS-Kaserne gehalten hätten. Dieser Tabubruch sei eine Schande für den Besitzer des Gebäudes und für die Stadt Radolfzell.

Die Demonstranten übten vor allem Kritik an RIZ-Geschäftsführer Bernhard Bihler. Alfred Heim appellierte direkt an Bihler, er wisse über die Geschichte des Gebäudes. Zu der Buchung der AfD im RIZ hatte sich Bernhard Bihler im Vorfeld nur zögerlich geäußert, er könne keine privaten Buchungen kommentieren und wisse nichts über den Inhalt der Veranstaltung.

Während des Dritten Reichs war das heutige RIZ eine SS-Kaserne. Siegfried Lehmann, FGL-Stadtrat, erinnerte an diese Vergangenheit und die Verantwortung die aus ihr gewachsen sei. "Wir haben es uns nicht leicht gemacht mit diesem geschichtsträchtigen Ort", so Lehmann. Mit dieser Mahnwache wolle man der Partei, die vor allem nur Andersdenkende und Andersgläubige vertreiben wollen würde, zeigen, dass Radolfzell bunt und vielfältig sei.

Die Gruppe der Demonstranten war in der Tat bunt gemischt. Mit Schildern und Fahnen, auf denen sie sich gegen Faschismus und Rassismus positionierten, harrten sie in der noch glühenden Abensonne aus. "Heute ist der 100. Geburtstag von Nelson Mandela, wir können ein Unrechtregime nicht einfach wieder passieren lassen", sagte ein Teilnehmer mit einem großen Banner in der Hand.

Einen Beigeschmack zu der friedlichen Kundgebung hinterließ die Sachbeschädigung am frühen Morgen. Unbekannte hatten den Schriftzug "Hinter dem Faschismus steht das Kapital" an die Hauswand des RIZ gesprüht. Es wurde jedoch schnell wieder übermalt.


Zur Demonstration
Der Kreisverband der SPD hatte zu der Mahnwache aufgerufen. Gefolgt waren viele Bürger und Verbände, Vertreter der Linke, der Gewerkschaften und etliche Stadträte nahmen an der Mahnwache teil. Engagierte Bürger der Stolpersteininitiative, Mitglieder der Satire-Partei "Die Partei" sowie Anhänger der Antifa. Die Teilnehmer der Demonstration wurden von Mitgliedern der AfD die meiste Zeit über gefilmt.