Doris Eichkorn und Ramona Löffler

Es ist gleichzeitig eine Niederlage und ein Sieg: Der Mühlinger Gemeinderat hat mit knapper Mehrheit für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan für eine Bauschutt-Recyclinganlage gestimmt. Sieben waren dafür, sechs dagegen und ein Rat war befangen. Aber die Unterschriftensammlung von Bürgern gegen das Bauvorhaben war erfolgreich.

Auf den Listen stehen 393 Namen. Sind genügend davon gültig, kann der Gemeinderat über die Zulassung des Bürgerbegehrens entscheiden. Das würde zu einem Bürgerentscheid führen, der das Vorhaben kippen könnte. Bürgermeister Manfred Jüppner hatte bereits vor der Abstimmung über den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan angemerkt, wie sich die Unterschriften auswirken könnten.

Sehr groß war das Interesse an der Entscheidung des Mühlinger Rates. So kamen gut 180 Zuhörer um diese direkt mitzuerleben. Bild: Eichkorn
Sehr groß war das Interesse an der Entscheidung des Mühlinger Rates. So kamen gut 180 Zuhörer um diese direkt mitzuerleben. Bild: Eichkorn

Die Tagesordnungspunkte zum Areal der alten Ziegelei und die Unterschriftensammlung hatten rund 180 Einwohner aus allen Ortsteilen in das Mühlinger Rathaus gezogen. Nach einer umfangreichen Einführung über die Sachlage gab Jüppner den Bürgern das Wort. Das nutzten die Anwesenden sehr zahlreich.

Das könnte Sie auch interessieren

Günter Steppacher aus Zoznegg, zum Beispiel, sprach den Verkehr an, der eventuell auf der bisherigen Straße fahren würde. Er erinnerte an die aktuelle Nutzung und die klappernden Läden der Fahrzeuge, die bei Leerfahrten bei ihm auf seinem Grundstück ankommen, wenn die unbefestigte Straße starke Ausschwemmungen habe. Seine Frage: "Wer hütet denn die Straße?" Bürgermeister Manfred Jüppner wies hierbei nochmals explizit auf einen bereits erarbeiteten Entwurf eines Durchführungsvertrages mit der Recyclingfirma hin. In diesem würden die Zu- und Abfahrt vom Gelände und weitere Dinge, wie auch Strafen bei Nichteinhaltung, geregelt. "Er muss über die B 313", so Jüppner.

Bürgerin hat andere Idee für Areal

Silvia Hummel war ebenfalls gekommen, um ihre Sicht zum Projekt und eine Planungsalternative für den Standort bei der alten Ziegelei darzustellen. Für sie sei das Gebäude, das "wie eine Trutzburg sehr landschaftsprägend". Es sei ein Industriedenkmal, bei dem sich ein "Abbruch zunächst grundsätzlich verbiete". Sie verwies auf Nutzungsmöglichkeiten wie die Ansiedlung von Kleingewerbe, Gastronomie oder Wohnraum als Alternative gegen den Abriss des Gebäudes. In Punkto Planung solcher Vorhaben verwies sie auch auf bereits umgesetzte Projekt in städtischem Umfeld mit Mitteln aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR). Für ihre Anregung bekam sie Applaus aus den Reihen der Zuhörer.

Das könnte Sie auch interessieren

Ein Bürger aus Zoznegg stellte die Fragen "Was passiert, wenn das Vorhaben nicht kommt? Wenn dieses Gebiet nicht genutzt wird, was machen wir dann?". Bürgermeister Manfred Jüppner gab die Antwort: Man würde sich dann mit der Verwaltungsgemeinschaft absprechen. Dann würden die Flächen, die der Gemeinde als Gewerbeflächen angelastet werden, rausfallen. "Wenn es rausfliegt, wäre das Gebäude noch da, aber nicht mehr die Freiflächen", so Jüppner. Eine nüchterne Prognose wäre dann der Zerfall des Gebäudes.

Es gab auch einige Wortmeldungen von Anwohnern des Ortsteils Berenberg. Unter ihnen war Manfred Schroff, der explizit eine Haltung der Gemeinderäte einforderte. Einige Mitglieder des Gremiums legten dann deutlich ihre Entscheidungsgrundlagen dar. Gemeinderat Markus Traber erinnerte an alle Vorstellungen des Themas in den Sitzungen. Er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und die Unterlagen mehrfach durchgelesen. Er habe auch am Vor-Ort-Termin bei einer Recyclinganlage in Friedrichshafen-Fischbach teilgenommen. Er habe auf der Grundlage der Fakten entschieden. Sein Ratskollege Peter Kible sagte dies ebenfalls.

Das könnte Sie auch interessieren

Neben dieser sachlichen Ebene habe es aber auch unsachliche Äußerungen gegeben, so Traber: Drohungen von Projektgegnern. Manfred Schilling sagte bei einem späteren Tagesordnungspunkt, er habe sich 25 Jahre als Gemeinderat zum Wohle der Bürger eingesetzt und noch nie solch eine Situation wie in den vergangenen Wochen erlebt.

Im Anschluss an die Ratssitzung diskutierten viele Einwohner noch weiter. Antragssteller und Grundstückseigentümer Stefan Lämmle gab respektvoll im Gespräch mit dem SÜDKURIER zu erkennen, dass er seinen Hut vor der sachlichen Diskussion des gesamten Gemeinderates an diesem Abend ziehe.

So geht es nun weiter

Die Gemeinde stellt jetzt die Gültigkeit aller eingereichten Listen sicher. "Wir prüfen gerade die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und machen einen Abgleich mit dem Einwohner-Register. Das wird noch etwas dauern", sagte Manfred Jüppner am Mittwoch-Mittag auf SÜDKURIER-Nachfrage.

Das schnelle Durchzählen der abgegebenen Listen habe 393 Unterschriften ergeben. "Ungefähr 135 wären nötig gewesen. Es sind also deutlich mehr Unterschriften als das nötige Quorum von sieben Prozent der Wahlberechtigten erreicht", erklärte Jüppner. Die Gemeinde Mühlingen habe derzeit etwas mehr als 1900 Wahlberechtigte.

Das Thema könnte am 26. Februar auf der Tagesordnung des Gemeinderats stehen. "Ob wir diesen Termin halten können, muss sich zeigen", so Jüppner weiter. Dies liege an der langen, einzuhaltenden Ladefrist für den Rat. Laut Gemeindeordnung muss ein Bürgerentscheid innerhalb von vier Monaten stattfinden, wenn das Bürgerbegehren für gültig befunden worden ist.