Der Widerstand gegen eine geplante Bauschutt-Recyclinganlage in der Gemeinde Mühlingen wird immer größer. Vor allem bei den Anwohnern des Zoznegger Ortsteils Berenberg direkt neben dem Areal der alten Ziegelei, auf dem die Lämmle Recycling GmbH bauen will, ist der Unmut groß. Sie befürchten trotz verschiedener Gutachten Lärm, Staub und zuviel Verkehr.

In Zoznegg saßen am Montagabend drei Anwohner, Ortsvorsteher Georg Neugebauer und mehrere Ortschafts- sowie Gemeinderäte zusammen, um über die Situation und eine Unterschriftenliste für ein Bürgerbegehren gegen die Baupläne zu sprechen. Alle hoffen, dass in nächste Woche viele Einwohner zur Gemeinderatssitzung kommen und der Saal im Mühlinger Rathaus aus den Nähten platzt. Denn es geht um die Entscheidung, ob es die Aufstellung und den Entwurf eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans gibt oder nicht.
Argumente gegen die Anlage
"Die Planung bringt gravierende Verluste der Lebensqualität für die Anwohner", sagt Gemeinderat Reinhold Stroppel. Die ersten Häuser lägen Luftlinie 250 bis 300 Meter neben der alten Ziegelei. Zudem seien durch die örtlichen Gegebenheiten Zoznegg oder das Neubaugebiet "Im Göhren" in Mühlingen durch Lärm und Staub betroffen. Er verweist darauf, dass es im Stockacher Industriegebiet Hardt bereits eine ähnliche Recyclinganlage gebe und auch im angrenzenden Landkreis Sigmaringen genug Möglichkeiten vorhanden seien.
Bedenken treffen auf Verständnis
"Wir wollen alles zum Schutz der Anwohner in die Waagschale werfen, damit die Anlage nicht zustande kommt", sagt er. "Wir verstehen die Motivation der Firma. Alle hier wissen, dass man recyceln muss, aber nicht in so zentraler Lage." Stroppel und Ortschaftsrätin Manuela Romer fürchten auch Gefahren durch mehr Lastwagenverkehr für die Kinder, die mit dem Rad zur Weiherbachschule fahren.

Christian Maier wohnt unmittelbar neben dem Ziegelei-Areal. Neben den Bedenken wegen Lärm und Staub weist er auch darauf hin, dass dort keine Arbeitsplätze für Bürger entstehen würden. Es gebe aber eine Wertminderung der Grundstücke. Ein Nachbar befürchtet, dass die, die zuhause sind, den ganzen Tag den Lärm hören. Die Anwohner und Räte sind sich auch einig, dass es nicht zusammenpasse, wenn es eine solche Anlage gäbe, aber die Gemeinde junge Familien auf die Bauplätze locken wolle.
Was der Bürgermeister sagt
Während die Gegner der Baupläne in den Raum stellen, dass keine nennenswerten Gewerbesteuereinnahmen zu erwarten seien, spricht der Bürgermeister Manfred Jüppner von einer "erheblichen Gewerbesteuerzahlung". Er nennt aber aus Datenschutzgründen keine Summe. Insgesamt schreibt Jüppner zu den Argumenten der Bürger: "Seitens des Rathauses ist nicht erkennbar, dass schützenswerte Rechte der Anlieger berührt sind." Aber gleichzeitig erklärt er, "die Befindlichkeiten von Nachbarn sind sehr ernst zu nehmen".
Stellungnahme von den Verantwortlichen
Die Räte und Berenberger haben auch Angst, dass die Anlage eines Tages größer werden könnte. Achim Huppertz vom Genehmigungs-Management der Wilhelm Geiger GmbH, zu der die Lämmle GmbH gehört, erklärt allerdings in einer Stellungnahme an die Gemeinde, dass es über den Durchführungsvertrag eine rechtliche Bindung bezüglich der Größe, Ausstattung und Abfallmaterialarten geben werde. Zur Angst vor Lärm und Verkehr sagt er unter anderem, dass Lärmschutzwälle geplant seien und die Sieb- und Brechanlage nur etwa 30 Tage im Jahr in Betrieb sein werde. Es gebe eine Alternative für die Lastwagenzufahrt und es solle ein sicherer Weg für Kinder zur Bushaltestelle entstehen.
Eine Idee von Udo Kempter
Gemeinderat Udo Kempter brachte am Montag auch noch einen anderen Aspekt ins Spiel: "Berenberg ist vernachlässigt worden. Es ist Zeit, das Wohnen dort zu entwickeln. Mit der Ziegelei sollte es lieber in diese Richtung gehen."

Unterschriftensammlung läuft
Jürgen Renner, Gemeinderat und Ladenbetreiber, hat bereits zum zweiten Mal eine Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren begonnen. Der erste Versuch hatte zwar weit mehr als 400 Unterschriften, doch die formalen und rechtlichen Vorgaben stimmten nicht. Nun läuft seit dem 19. Januar eine neue Runde. "Wir haben bisher um die 160 oder 170 Unterschriften", erzählt Renner. Bis zur Sitzung würden die nötigen sieben Prozent der wahlberechtigten Mühlinger Bürger erreicht, ist er überzeugt. Alle Listen soll der Gemeinderat vor oder in der Sitzung am 5. Februar bekommen.
Bürgermeister Manfred Jüppner bezieht sich in einer Stellungnahme in der Sitzungsvorlage für Dienstag auf die zurückliegende Unterschriftensammlung beziehungsweise einen Bruchteil der aktuellen Liste. Es reiche nicht für ein Bürgerbegehren, sagt er zum Stand, der der Gemeinde vorliegt. Zudem weist er darauf hin, dass ein solcher Antrag erst nach der Aufstellung sowie dem Entschluss eines Bebauungsplans relevant wäre.
Andere Aktionen gegen die Baupläne
Neben den Bürgern und Räten, die sich am Montag getroffen haben, gibt es noch andere, die sich gegen die geplante Anlage einsetzen. Jemand hat eine Internet-Umfrage gestartet, jemand anderes ruft dazu auf, in die Ratssitzung am Dienstag zu kommen und ein unbekannter Verfasser hat eine Internetseite für eine Bürgerinitiative eingerichtet, die offenbar entstehen soll. Die Inhalte der Seite sind jedoch beleidigend. Jüppner sagt zu all diesen Bemühungen von verschiedenen Seiten: "Mein Wunsch wäre, dass die Diskussion sachlicher ist – egal wer welcher Meinung ist."

Die nächsten Veranstaltungen
Und wie geht es jetzt weiter? Am Freitag besichtigen Gemeinde- und Ortschaftsrat eine Recyclinganlage bei Friedrichshafen. Daran können auch Interessierte teilnehmen, so Jüppner. Am Dienstag, 5. Februar, 20 Uhr, steht der Bebauungsplan für das Ziegelei-Areal dann auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats. Zuvor wollen die Bürger ihre gesammelten Unterschriften einreichen. Sie sind überzeugt, dass formal und bei der Anzahl alles für einen Bürgerentscheid stimmt. Jüppner vermutet, dass viele Bürger in die Sitzung kommen, nachdem die Stimmung so angeheizt worden sei.
Bürgerbegehren und die Baupläne
- Unterschriftensammlung: Einwohner können laut Paragraf 21 der Gemeindeordnung von Baden-Württemberg einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Richtet sich das Begehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von drei Monaten nach dem Beschluss eingereicht werden. Es müssen dabei bestimmte formale Regeln beachtet und Inhalte vorhanden sein. "Das Bürgerbegehren muss von mindestens sieben vom Hundert der Bürger unterzeichnet sein", sagt die Gemeindeordnung. Das bedeutet sieben Prozent der wahlberechtigten Einwohner. Ist das Bürgerbegehren als gültig befunden worden, muss der Bürgerentscheid innerhalb von vier Monaten stattfinden.
- Die Pläne: Die Lämmle Recycling GmbH mit Sitz in Eberhardzell will eine Anlage zur Verwertung und Verarbeitung von Bauschutt sowie Erdaushub auf einem 3,5 Hektar großen Bereich des Ziegelei-Areals (17 Hektar) errichten. Die Firma hat das Gelände vor vier Jahren gekauft. Wie Bürgermeister Manfred Jüppner in der Vorlage für den Gemeinderat zusammenfasst, sei ein Teil der alten Gebäude unter Bestandsschutz und es sei ausdrücklich keine Deponie geplant. Es sei kein Eingriff in die Biotope am Ziegeleiweiher und angrenzenden Flächen vorgesehen. Die Firma hat den Erlass eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beantragt. Alle notwendigen Gutachten liegen vor – diese geben an, dass alle Grenzwerte in Richtung der Nachbarn eingehalten würden. Der Weiler Berenberg ist im Flächennutzungsplan als Mischgebiet ausgewiesen. Der Entwurf des Bebauungsplans für die alte Ziegelei sieht auf dem Areal ein Gewerbegebiet mit Sondergebiet für das Recycling und einen Brecher vor. Es soll zwei Erdwälle mit Lärmschutzwänden geben.