Wo bleiben die geplanten 750 Wohnungen auf dem ehemaligen Siemensareal in Petershausen-West? Das fragen sich viele. Sechs Jahre nach der Übernahme des Geländes durch die I+R Wohnbau GmbH wurde jetzt ein weiterer Schritt in Richtung klimafreundliche Bebauung vollzogen. Doch bis die ersten neuen Häuser stehen, können noch Jahre vergehen.
Was hat sich jetzt verändert?
Der Entwurf des Bebauungsplans für das Mischgebiet aus Gewerbe und Wohnen steht, ebenso die Termine für öffentliche Beteiligung. Die Neubauten sollen unter anderem zu 100 Prozent Erdwärme nutzen; bei der Mobilität soll es Alternativen zum Auto geben. Verena Vögt, Stadträtin des Jungen Forums, forderte im Technischen Ausschuss, gleich die Möglichkeit von Balkonkraftwerken mitzudenken. Und der Name des Projekts steht auch: Bücklepark.
Warum dauert das alles so lange?
Im Jahr 2017 hatte die I+R Wohnbau GmbH das Gelände mit 95.600 Quadratmetern Nutzfläche übernommen. 2019 rief die Stadt den Klimanotstand aus und prüfte Baumaßnahmen auf Klimaverträglichkeit. Vor diesem Hintergrund hatte der Träger des Vorhabens Konzepte für die Energie und die Mobilität erarbeitet. Auch beim Brandschutz musste nachgearbeitet werden.
Was ist daran so klimafreundlich?
Die Neubauten auf dem Areal sollen zu 100 Prozent Wärme aus dem Boden (Geothermie) nutzen. Mit Hilfe von Wärmepumpen soll sie verteilt werden. Zudem soll es Nahwärmenetze geben, die Energie aus einer Wärmepumpe, Holzpellets und einem mit Gas befeuerten Blockheizkraftwerk beziehen.
Fast alle Neubauten und ein Altbau sollen Solaranlagen auf dem Dach tragen. Das Auto soll „nicht zwingend die erste Wahl, sondern ein Teil neuer, integrierter Mobilitäts- und Verkehrssysteme sein“, heißt es im Mobilitätskonzept.

Wie sieht die alternative Mobilität aus?
Neben den Anschlüssen mit Bus und Bahn sind neue Wege im Quartier vorgesehen sowie Stationen für das Teilen von Elektroautos und Rädern (auch Lastenräder) geplant. Als Stellplatzschlüssel für Autos gelten verschiedene Werte. Sie reichen von mindestens 0,2 pro Appartement für Auszubildende/Studierende bis mindestens 0,6 pro Wohneinheit in bestimmten Häusern.
Es gibt also jeweils Spielraum nach oben, vor allem bei den teuren Wohnungen. Besondere Schlüssel gelten fürs Gewerbe, die Gastronomie und den Kindergarten. Gerechnet auf das gesamte Quartier komme man auf maximal 0,9 pro Wohnung, heißt es in den Unterlagen für den Ausschuss.
Wie lief die Parkplatzdebatte?
Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn nannte die 0,9 für den Stellplatzschlüssel „ein ausgewogenes Maß“. Dieses solle üblicherweise gelten. Er sieht auch Potenzial, Plätze von der Straße ins Parkhaus zu verlegen.
Stadtrat Achim Schächtle (FDP) hakte ein: Die Zahl der Stellplätze knapp zu halten, reduziere nicht die Zahl der Autos, das sehe man auch im Paradies. „Die werden den öffentlichen Nahverkehr und das Rad nutzen und dennoch nicht aufs Auto verzichten.“ Er plädierte dafür, jeder Wohnung so viele Parkplätze wie möglich zuzuordnen.

Auch SPD-Mann Alfred Reichle stellte fest: Den Glauben, dass weniger Autos unterwegs sind, wenn man weniger Stellplätze anbietet, habe er verloren. „Das ist ein bisschen ein Glaubenskrieg an dieser Stelle“, stellte Bürgermeister Langensteiner-Schönborn fest.
Wo stehen die Autos?
Die meisten Parkplätze befinden sich in Tiefgaragen mit unterschiedlich gelagerten Einfahrten unter der Erde. Ziel ist es, die Zufahrtsmöglichkeiten über die Schneckenburgstraße und die Oberlohnstraße zu verteilen. Östlich der Shedhalle soll für Gewerbetreibende, Dienstleister, Besucher und Bewohner eine Parkpalette mit 166 Plätzen entstehen. Für Besucher oder Kunden im Bücklepark sowie das Car-Sharing sollen 24 Parkplätze an der Bücklestraße und wenige zwischen den Baufeldern bereit stehen.
Welche Klima-Anregungen gab es?
Verena Vögt, Stadträtin des Jungen Forums, forderte, Ladesäulen und Balkonkraftwerke bei diesem Bauvorhaben gleich mit zu denken. Anne Mühlhäußer, Stadträtin der Grünen, gab ihr Rückendeckung: „Es ist ein Gebot der Stunde, alle Flächen zu nutzen, die Energie erzeugen können.“ Auch im Aufsichtsrat der Wohnungsbaugesellschaft Konstanz sei dies demnächst Thema.

Von Seiten der Bauherren hieß es, man habe sich über Balkonkraftwerke noch keine Gedanken gemacht. Es werde aber auf jedem Balkon eine Steckdose geben. Auch die Grundlagen für die Installation einer Lademöglichkeit am Stellplatz werden geschaffen. Vögt hatte Erfolg mit ihrem Antrag, auch Radplätze für Besucher zu überdachen.
Wie sieht der Zeitplan aus?
Der Entwurf des Bebauungsplans soll vom 6. März bis 28. April 2023 öffentlich ausliegen. Im Juli ist dann der Beschluss des Bebauungsplans geplant. Die frühzeitige Beteiligung der Bürgerschaft ist schon beendet. Anwohner hatten vor allem Sorge vor einer Zunahme des Verkehrs und zu wenigen Stellplätzen.
Eine Bürgerin regte eine zusätzliche Buslinie durch die Bücklestraße und Fahrtmöglichkeiten mit dem Zug in einem kürzeren Takt an. Beides will die Stadtverwaltung außerhalb des Bebauungsplanverfahrens prüfen.