Aktuell besuchen zahlreiche Stammgäste Rosemarie Arend-Daum in ihrem Pavillon am See im Stadtgarten, überreichen ihr Präsente und sagen Dankeschön. 30 Jahre hält sie hier nun die Stellung. Aber wo begann die Gastro-Karriere der Kult-Wirtin?

Die ältere Generation erinnert sich noch an die urgemütlichen Abende im Salzbüchsle mit interessanten Gesprächen an der Theke und an die heißen Matches am Flipperautomaten, denn hier begann Rosies Weg als Wirtin. „Eigentlich habe ich Verwaltungswissenschaften studiert und 1980 mein Diplom gemacht“, schmunzelt Rosemarie Arend-Daum (67) und erzählt weiter: „Ab 1979 hab ich im Salzbüchsle gejobbt und bin hängengeblieben.“

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Die seinerzeitige Wirtin hatte Rosemarie Arend-Daum nämlich gefragt, ob sie das Lokal für ein Jahr übernehmen könne. Aus einem wurden viele Jahre. Bis 1991 schmiss sie den Laden und machte sich nicht zuletzt aufgrund ihrer Aufgeschlossenheit und Authentizität einen Namen. Rosie wurde rasch zum Begriff in der Konstanzer Gastro-Landschaft.

Schweren Herzens hat sie letztlich ihr Lokal aufgegeben. „Büchsle war eine schöne Zeit“, seufzt sie. Und sie hätte es gerne weiterbetrieben, „wenn nicht das mit den Augen gewesen wäre“. Zu langes Tragen von Kontaktlinsen hatten die Hornhaut vernarben lassen; drei Hornhauttransplantationen scheiterten und der Rat vom Arzt: „Sie müssen aus der Luft raus“, berichtet Arend-Daum, schließlich war das Salzbüchsle seinerzeit ein Raucherlokal.

Der erste Moment im Kiosk? „Ich war entsetzt!“

„Ich war gerade in Erlangen zu meiner dritten Operation, da hat mein Mann im SÜDKURIER die Ausschreibung für den Kiosk im Stadtgarten gesehen und gemeint, ich solle mich bewerben“, erzählt Rosemarie Arend-Daum und meint: „Ich war noch nie dort.“ Obwohl sie den Kiosk nicht kannte, bewarb sie sich. „Es gab 256 Bewerber“, erinnert sie sich. Nach der Gemeinderatssitzung „hat mich der seinerzeitige Oberbürgermeister Horst Eickmeyer um 23.30 Uhr angerufen und mir mitgeteilt, dass ich die neue Pächterin bin“.

Während Corona ist es ruhig im Stadtgarten. Normalerweise ist der Pavillon am See nämlich Treffpunkt für Einheimische und Touristen.
Während Corona ist es ruhig im Stadtgarten. Normalerweise ist der Pavillon am See nämlich Treffpunkt für Einheimische und Touristen. | Bild: Scherrer, Aurelia

Das war vor 30 Jahren. Unvergessen bleibt ihr diese Übernahme in Erinnerung. „Ich habe den Schlüssel bekommen, ohne je hier drin gewesen zu sein. Ich war sowas von entsetzt!“ Sie erzählt von dem unsäglichen Zustand, in welchem sich der Kiosk damals befunden hatte. „Ich hab sofort mit meiner Bank verhandelt und dann 80.000 Mark investiert.“

Statt den Fokus auf Souvenirs zu legen, richtete sie eine Küche ein, „um einfache, preiswerte, bodenständige deutsche Küche für Konstanzer und Touristen zu bieten; das war mein Konzept“, so Arend-Daum. Dieses Konzept bescherte ihr den Erfolg.

Unvergessen sind auch die Livekonzerte in den 1990er Jahren. „Golden Four mit Jürgen Waidele, Little Fat Men Das war großartig, sensationell. Hunderte haben hier gefeiert und getanzt“, schwelgt sie in Erinnerungen. Aufgrund notwendiger Sicherheitskonzepte seien solche Veranstaltungen für sie heute nicht mehr machbar.

Seit 30 Jahren führt Rosemarie Arend-Daum den Pavillon am See im Stadtgarten und sie ist stolz auf ihr engagiertes Team (von links): ...
Seit 30 Jahren führt Rosemarie Arend-Daum den Pavillon am See im Stadtgarten und sie ist stolz auf ihr engagiertes Team (von links): Erika Bächle, Artur Blank, Lena Schuberth, Kai Dimmler, Tofan Mohammad, Sascha Panadia, Rosemarie Arend-Daum, Moritz Bauermeister, Selina Grbavac und Stefan Scheideck. | Bild: Scherrer, Aurelia

Ans Aufhören denkt Rosemarie Arend-Daum aber noch lange nicht. Ein Leben ohne Gastro ist für sie nicht denkbar, denn sie hat nach wie vor Freude an diesem Beruf. „Ich bin zu jung zum Golfspielen“, meint sie mit ihrem trocken Humor. Dafür hat sie sich vor drei Jahren tatkräftige Unterstützung geholt und mit Sascha Panagia (26) eine GbR gegründet. „Allein wurde es mir zu viel“, bekennt sie.

Seit drei Jahren ist Sascha Panagia mit an Bord

Diese Konstellation war für die beiden naheliegend. „Mit 14 Jahren habe ich bei Rosie schon mein Taschengeld verdient. Hier bin ich zum Mann geworden. Rosie ist wie eine Mama für mich“, sagt Sascha Panagia und fügt schmunzelnd an: „Wir streiten uns auch wie Mutter und Sohn.“ Dem gelernten Bankkaufmann liegen Rosie und der Pavillon sehr am Herzen. „Der Laden darf nicht aus dem Familienbesitz“, sagt Sascha Panagia mit Nachdruck; deshalb war es für den Wahl-Sohn selbstverständlich, in den Betrieb einzusteigen.

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Er schwärmt rundheraus von Rosie: „Harte Schale, weicher Kern. Sie kümmert sich rührend um ihren kranken Mann und schaut immer, dass es ihren Mitarbeitern gut geht. Was sie für andere schon alles getan hat, ist echt krass“, meint Sascha Panagia. Beide hoffen, dass bald wieder ein einigermaßen normales Leben Einzug hält, denn momentan ist es viel zu ruhig im Stadtgarten. Dass sie auch diese Krisenzeit überstehen werden, da sind beide optimistisch.

Rosemarie Arend-Daum hat schließlich schon einiges überstanden, beispielsweise das Hochwasser 1999. „Freitag vor Pfingsten, da kam um 16 Uhr schon Wasser aus dem Kanal. Um 18.30 Uhr standen wir schon bis zu den Waden im Wasser“, erzählt sie, als wäre es gestern gewesen. „Ich hab dann beim Tourismus-Chef Norbert Henneberger angerufen und gesagt, ich bräuchte dringend Sandsäcke. Er meinte: Sie übertreiben mal wieder. Als er schließlich herkam, wurde er blass.“

Diese Aufnahme zeigt den überschwemmten Stadtgarten im Mai 1999.
Diese Aufnahme zeigt den überschwemmten Stadtgarten im Mai 1999. | Bild: R. Marxer/SK-Archiv

Vier Wochen lang betrieb sie während des Hochwassers einen Ausschankwagen an der Marktstätte. „Ich wäre sonst verrückt geworden; wir hatten schönstes Wetter“, bemerkt die umtriebige Gastronomin. Viele Hürden hat Rosemarie Arend-Daum in ihrem Leben genommen. Sascha Panagia ist überzeugt, dass sie gemeinsam auch diese Krise überstehen, denn: „Rosie ist ein Sonntagskind.“

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