Andreas Hennemann schätzt den Blick von hier oben: Vom Bismarckturm aus sieht man die Konstanzer Innenstadt aus der Distanz – und Ober- wie Untersee. Es geht dem Rechtsanwalt um den Perspektivwechsel: Vor Gericht sehe es häufig zunächst so aus, als habe der Angeklagte eine Straftat begangen und müsse bestraft werden.

Dann aber komme die Verteidigung und somit die Perspektive des Beschuldigten hinzu. Und schon seien die Dinge komplexer als sie auf den ersten Blick schienen. Ähnlich sei es in der Politik.

Häufig sei ein Wechsel der Perspektive nötig, um Dinge zu verstehen, weg von der eigenen Perspektive, hin zum Allgemeinwohl. „Warum brauchen wir eine Klimaschutzstrategie? Weil wir bei globaler Erwärmung mehr Schatten brauchen. Das ist vielen nicht klar“, erläutert der 44-Jährige.

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Politik will erklärt werden

Genau so möchte Hennemann künftig mit Kommunalpolitik umgehen: näher am Menschen, mehr erläutern, mehr ins Gespräch kommen, auch an ungewöhnlichen Orten. Er nennt ein Beispiel: Auf dem Wochenmarkt sei es für die SPD vergleichsweise leicht, mit den Besuchern ins Gespräch zu kommen.

Aufschlussreicher war ein Termin vor dem Seerheincenter in Petershausen. Viele Menschen dort hätten sich vor ihm und den anderen Wahlkämpfern „weggeduckt, fast versteckt“. Wenn man mit ihnen ins Gespräch kam, hätten viele von ihnen Interesse gezeigt; mit anderen aber sei kein Dialog möglich gewesen.

Immer wieder den Kontakt suchen

Wie spricht man Menschen an, die wütend sind? Andreas Hennemann bleibt dabei: Einfache Lösungen gibt es nicht. Man müsse aber dranbleiben und immer wieder den Kontakt suchen. So handhabt er es auch mit der eigenen Partei, der SPD. Ja, die Partei habe eine schlechte Phase, die Wahlerfolge bleiben aus.

Er bleibt ihr dennoch treu. „Gibt es irgendetwas an den Werten der Partei auszusetzen? Es kann doch niemand etwas dagegen haben, dass man soziale Ungleichheiten auszugleichen versucht?“ Ein bisschen sei es wie in einer Partnerschaft: Nur weil gerade nicht alles gut laufe, gebe man den anderen nicht auf.

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Beim Versuch, die Bürger der Stadt zu erreichen, setzt Hennemann auf verschiedene Wege. Soziale Medien dürfen aus seiner Sicht gern eine Rolle spielen und diese seien im Wahlkampf schon erfolgreich eingesetzt worden. Ob er sozialdemokratische Politik auf Tiktok darstellen könne? Nein, das glaube er nicht. Denn für Vereinfachung und Falschdarstellung sei er nicht zu haben. Über Instagram aber lasse sich mancher Inhalt transportieren.

Im Jahr 2020 ist Andreas Hennemann als OB-Kandidat angetreten. Der Wahlkampf war anstrengend und kraftraubend. Aber dennoch: „Wenn man das einmal probiert hat, ist es nie ganz abgeräumt.“ Völlig ausschließen will er eine erneute Kandidatur 2028 nicht. „Aber im Moment ist das kein Thema.“ Der Rechtsanwalt möchte jetzt etwas bewegen, nicht abwarten, um etwas bewegen zu können. Politik mache ja auch Spaß, sagt er schmunzelnd. Man sollte seine Kraft dazu nicht zu lange aufschieben.