Als alles vorbei war am Sonntagabend gegen 21 Uhr, wollten die Organisatoren nur noch nach Hause und sich erschöpft in die Horizontale begeben. Rund 1000 Stunden seines Privatlebens investierte Michael Scherer, damit der Altstadtlauf 2019 so erfolgreich war, wie er war. Seine sechs Kollegen vom Organisationsteam zwar etwas weniger – aber nach wie vor eine Menge. „So ungefähr 150 Stunden“, rechnet Jürgen Knörr hoch; er war verantwortlich für die Sicherheit. „Man muss sich der Verantwortung bewusst sein, die man als Verantwortlicher für rund 4000 Menschen hat“, sagt er.

3500 Mitglieder – und kaum jemand will ehrenamtlich helfen

Voll verantwortlich bei vollem Ehrenamt. Der Altstadtlauf lebt von solchen Personen, die viel Leidenschaft und noch mehr Herzblut in ihre Aufgabe stecken. Die breite Masse jedoch ist immer seltener bereit, sich ohne irgendeine Form der Bezahlung für eine derartige Veranstaltung als Hilfskraft gewinnen zu lassen. Seit 37 Jahren richtet der TV Konstanz den Altstadtlauf aus, rund 3500 Mitglieder sind aufgerufen, sich in irgendeiner Art einzubringen.

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„2018 hatten wir im Juli nicht eine einzige Person, die sich gemeldet hatte“, blickt OK-Chef Michael Scherer zurück, der das Amt 2016 von Günter Regele übernommen hat. „Wir sahen uns damals gezwungen, andere Sport- oder Musikvereine anzufragen und Geld für jeden freiwilligen Helfer zu bieten.“ 50 Euro erhielt die jeweilige Abteilung pro abgestelltem Mitglied.

50 Euro pro Person für den jeweiligen Verein

„Dann hat es geklappt und wir bekamen Helfer“, so Michael Scherer. Bis dahin kamen die Einnahmen komplett der Leichtathletik-Abteilung des TV Konstanz zugute, 2018 profitierten auch andere Vereine und deren Abteilungen. 2019 versuchten es die Organisatoren erneut im eigenen Haus und boten die 50 Euro pro Person für die jeweilige Abteilung an – und siehe da: rund 150 Helfer meldeten sich freiwillig. „Die Abteilungsleiter haben dezent Druck aufgebaut. Trotzdem ist das nicht wirklich viel“, so Jürgen Knörr. „Ich war beispielsweise beim Triathlon in Freiburg. Der wurde von einem Verein mit 90 Mitgliedern organisiert. Und dennoch fanden sich problemlos 180 freiwillige Helfer.“ Ohne jegliche Bezahlung wohlgemerkt.

Rund 150 Helfer sorgten für das Gelingen der Großveranstaltung, darunter Regula Amer (links) und Marie Engelmann (rechts), welche die ...
Rund 150 Helfer sorgten für das Gelingen der Großveranstaltung, darunter Regula Amer (links) und Marie Engelmann (rechts), welche die Läufer mit Getränken versorgten. | Bild: Scherrer, Aurelia

Das sterbende Ehrenamt – ein gesellschaftliches Phänomen?

„Es scheint wohl ein gesellschaftliches Problem zu sein, dass man sich nicht mehr wie früher engagieren möchte“, vermutet Michael Scherer. „Außerdem ist es wohl so: Je größer der Verein, desto weniger Kontakt haben die Mitglieder untereinander und desto geringer ist die Ausprägung zu helfen.“ Die, die dann tatsächlich anpackten, lieferten laut Scherer und Knörr tolle Arbeit ab. „Wir dürfen uns da nicht beschweren, ganz im Gegenteil, das war hervorragend. Es ging ja schon am Freitag los, nachdem der Markt gegen 13 Uhr beendet war“, berichten sie.

Mit den entspannten, reibungslosen Abläufen sind (von links) Erika Pfau sowie Michael und Olivia Hartwich, die für die ...
Mit den entspannten, reibungslosen Abläufen sind (von links) Erika Pfau sowie Michael und Olivia Hartwich, die für die Startnummern-Ausgabe verantwortlich waren, mehr als zufrieden. | Bild: Scherrer, Aurelia

Von Freitag bis Sonntag alle Hände voll zu tun

Absperrgitter und Zelte wurden angeliefert, Tüten für die Familien- und Firmenläufe mussten gerichtet werden. Am Sonntag wurden dann schließlich noch Tische, Stühle und Bänke aufgebaut, Schilder aufgestellt und Streckenposten eingewiesen. Spannend ist der frühe Sonntagmorgen, wenn der eigentliche Aufbau auf dem Stephansplatz ansteht. Von 6 Uhr an diesem Tag bis Sonntag, 19 Uhr, ist hier laut mehrerer Hinweisschilder Parkverbot – was einige Personen offenbar Jahr für Jahr übersehen. „Die Ortspolizeibehörde musste nach einer 15-minütigen Karenzzeit dreizehn Autos abschleppen lassen“, so Michael Scherer.

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Schon laufen die Vorbereitungen für 2020

Die Vorbereitung für den Altstadtlauf 2020 hat bereits am Montag begonnen. „Als erstes habe ich das Datum 18. Oktober 2020 für den 36. Altstadtlauf auf der Homepage eingetragen“, berichtet Michael Scherer. Am kommenden Freitag findet in der Schänzlehalle das große Helferfest statt, mit dem sich die Organisatoren und die Stadt bedanken möchten. Fest steht für ihn wie für Jürgen Knörr: Ohne tatkräftige Unterstützung ist eine Organisation mit einer Veranstaltung mit über 4000 Teilnehmern nicht zu stemmen. „Es wäre schön, wenn wir im nächsten Jahr mehr ehrenamtliche Hilfe hätten“, sagt Jürgen Knörr. „Es wäre doch schade, wenn es nur mit dem finanziellen Angebot liefe.“