Dieses Mal soll es klappen mit der Windenergie in Engen. Bis zu seinem Abschied Ende Oktober will der Engener Bürgermeister Johannes Moser das Windparkprojekt „Langwieden“ so weit wie möglich vorantreiben und für Akzeptanz in der Bürgerschaft werben. Anders lässt sich die aktuelle Bürgerinformation im absoluten Frühstadium des Projekts nicht deuten.
Beim ersten Vorhaben 2020 machten die vorhandenen Milan-Horste den geplanten Standort ‚Staufenberg‘ an der Gemarkungsgrenze zu Geisingen unmöglich. Die soll es aber im Gewann „Langwieden“, das zwischen der A81 und dem Daimler-Testgelände liegt, nicht geben. Und auch sonst scheint der Standort bisher geeignet für den Bau einer Windkraftanlage, vermittelte Bene Müller von Solarcomplex den Bürgern in der Engener Stadthalle. Rund 30 Interessierte waren gekommen, um sich die Pläne der Stadt anzuhören.
„Energiewende bedeutet Stromwende“
Windkraft-Experte Bene Müller machte zunächst die allgemeine Situation deutlich. Künftig werde sich der Strombedarf verdoppeln. Das liegt daran, dass in Zukunft bevorzugt mit Strom geheizt werden wird. Bisher befinde sich Baden-Württemberg aber „in einer ganz schwierigen Situation“, so Müller. Denn mehr als die Hälfte des benötigten Stroms für das Land werde aus Norddeutschland oder dem Ausland bezogen. Hauptsächlich werde diese Stromlücke künftig durch Sonnenstrom geschlossen. Müller erklärte aber, dass Windstrom dennoch unverzichtbar für die Versorgungssicherheit sei und das aus ganz einfachem Grund. Zum einen, weil es Wind vor allem dann hat, wenn es wenig Sonne hat. Insbesondere im Winter. Zum anderen, weil Windkraft auf wenig Fläche große Mengen an Strom produziert.
Möglichen Kritikern ließ Bene Müller wenig Argumentationsspielraum. Er präsentierte genaue Daten, die während eines Jahres am Standort „Langwieden“ gesammelt und ausgewertet wurden. Dabei wurde mit einem Lidargerät, einem Messgerät mit Laser, eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von sechs Metern pro Stunde gemessen. So wäre eine Stromausbeute beim Betrieb von vier Windrädern von 50 Millionen Kilowattstunden möglich, so Müller. Zum Vergleich, die Uni Konstanz hat einen jährlichen Strombedarf von 25 Millionen und das Singener Unternehmen Constellium von 100 Millionen Kilowattstunden.
Stadträte entscheiden als Nächstes über Verpachtung
Die Voruntersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass der Standort „Langwieden“ voraussichtlich genehmigungsfähig ist. Der geplante Windpark hätte nirgendwo weniger als 1000 Meter Abstand zum nächsten Ort, zeigte Müller anhand einer Karte. „Die Schallimmissionen sollten auch kein Problem sein“, so Müller. Die Autobahn sei zu jeder Zeit lauter und der Schall der Anlage liege in den benachbarten Orten innerhalb des Grenzwerts für Kurgebiete von 35 Dezibel. „Es fällt kein Schatten auf Wohngebäude“, so Müller erfreut und auch Schutzgebiete gebe es in dem Gewann keine.
Anhand einiger Visualisierungen zeigte Müller, die optische Wirkung der möglichen Windräder. „Das ist ein völlig untergeordneter Eindruck was das Landschaftsbild angeht“, so seine Einordnung. Im Gegensatz zu anderen Projekten, sei auch die Grundstückssituation sehr überschaubar. Denn das Grundstück selbst gehört der Stadt Engen und nur für die Zuwegung brauche es Pachtverträge mit den Gemeinden Geisingen und Immendingen. Bürgermeister Moser möchte die Verpachtung des Grundstücks an den möglichen Betreiber Hegauwind, in der kommenden Gemeinderatssitzung am Dienstag, 25. Juli, auf den Weg bringen.
„Das wäre der dritte Windpark im Landkreis Konstanz“, so Bene Müller. Viel mehr wird es wohl auch künftig nicht geben. Zum einen, weil es nur in höheren Lagen genug Wind zur Stromerzeugung gibt und sich weitere geeignete Flächen in Schutzgebieten befinden.

Solarcomplex kann Engener Projekt nicht übernehmen
Es sei die erste Information über ein mögliches Projekt „zu einem sehr frühen Zeitpunkt“, gab Bürgermeister Moser zu verstehen. Und es sei die erste Gelegenheit, sich mit dem Projektentwickler Solarcomplex auseinander zu setzen. Die Betonung liegt hier auf Projektentwickler, denn das Singener Unternehmen wird den Engener Windpark definitiv nicht projektieren, wie Bene Müller deutlich machte. Aktuell sei das Projekt für Solarcomplex aus Personalgründen nicht stemmbar, erläuterte er. Hinter der kostenlosen Vorprojektstudie, die das Singener Unternehmen übernommen hat, steckt demnach Idealismus für die Sache. Wie Bürgermeister Moser im Anschluss an die Veranstaltung verlauten ließ, kommt das Freiburger Unternehmen Badenova als Projektierer für „Langwieden“ in Frage. „Wir hoffen, dass wir die Unterstützung aus der Bürgerschaft bekommen“, so der Wunsch des scheidenden Bürgermeisters.
Kritik seitens der Zuhörer gab es zumindest bei der ersten Bürgerinformation zum geplanten Windkraftprojekt „Langwieden“ keine. Das mag an der hieb- und stichfesten Argumentation Bene Müllers gelegen haben, an einer veränderten Haltung zur Windkraft als benötigter, regenerativer Energielieferant oder schlicht am frühen Zeitpunkt der Veranstaltung.