Was ist fair? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer emotionalen Debatte im Gemeinderat um die Saisonkarte für die Strandbäder in Bodman und Ludwigshafen, die auf viel Zulauf aus der Region haben. Eigentlich hatten Gemeinde und Betreiber beschlossen, dieses Jahr keine auszugeben. Es hagelte jedoch Kritik von Bürgern und Gemeinderäten.

Bürger machen ihrem Unmut Luft

Zwei Einwohner brachten dies bereits in der Bürgerfrageviertelstunde auf, in der sich dann der erste Teil der Diskussion entspann. Später in der Sitzung brodelten das Für und Wider zu einer Saisonkarte weiter hoch. Die Kritik an der Situation in den Uferanlagen durch viele Besucher und die Frage, wo oder wie Kontrollen am Sinnvollsten wären, begleiteten die Debatte, da alles mit der Corona-Krise zu tun hat.

Kommissarin Dagmar Müller auf Young (vorne) und Oberkommissar Werner Goller auf Lecanto (hinten) ritten Anfang Juni im Naturschutzgebiet ...
Kommissarin Dagmar Müller auf Young (vorne) und Oberkommissar Werner Goller auf Lecanto (hinten) ritten Anfang Juni im Naturschutzgebiet zwischen Bodman und Ludwigshafen Streife. Es war der zweite Einsatz dieser Art hier in Bodman für Goller. | Bild: Löffler, Ramona

Eine Bodmanerin sprach in diesem Zusammenhang auch an, dass an Pfingsten das Handynetz zusammengebrochen sei und an manchen Tagen viel zu viele Leute im Uferpark seien. Sie könne das Bedürfnis, ans Wasser zu gehen, nachvollziehen: „Aber an Spitzentagen ist es wirklich zuviel. Es gehen keine Einheimischen mehr ans Ufer.“ Sie wies auch darauf hin, welchen Unterschied es mache, wenn der Gemeindevollzugsdienst mal einen Tag verhindert sei.

Bürgermeister Matthias Weckbach sagte, dass im Rathaus viele „böse Berichte“ eingegangen seien. In den Strandbädern sei durch die Vorgaben der Corona-Verordnung die Zahl der Besucher beschränkt, während dies an natürlichen Seezugängen nicht so sei. Dort werde nicht reguliert.

Ziel war Vermeidung von Ansprüchen

Zur Saisonkarte betonte Weckbach: „Das Problem ist, dass damit vielleicht das Recht auf Einlass erwartet wird.“ Doch wenn das Bad voll sei, dürfe niemand mehr rein. Auch dass es eine zweite Corona-Welle und eine dann notwendige Schließung der Strandbäder geben könnte, habe zu der Entscheidung für Einzeleintritte geführt.

Es habe aber viele Rückmeldungen und den Wunsch nach der Ausgabe von Saisonkarten gegeben. Es werde auch immer eine Diskussion geben, egal wie man es mache, so Weckbach: „Wir sind nach bestem Wissen und Gewissen vorgegangen.“

Viele finden es ungerecht

Petra Haberstroh (Freie Wähler) merkte an, dass die Bürger es als ungerecht empfänden, dass es keine Saisonkarte gebe, aber Touristen mit Gästekarte einen Euro Rabatt auf den Einzeleintritt erhalten. „Wir müssen eine Lösung finden“, forderte sie. Weckbach signalisierte gleich zu Beginn, dass eine Änderung möglich sei: „Wir werden uns nicht sperren. Wir haben nur versucht, es gerecht zu machen.“

Michael Koch (CDU) beantragte offiziell, die Saisonkarten wieder zu verkaufen, „weil wir sonst die eigenen Bürger bestrafen“. Es summiere sich schnell für eine Familie mit Kindern, wenn diese einzeln bezahlen müsse. Falls das Bad voll sei oder geschlossen werden müsse, solle es jedoch keinen Anspruch auf Einlass oder eine Rückerstattung geben. „Das müssen wir klar kommunizieren“, fügte Koch hinzu.

Das könnte Sie auch interessieren

Dietmar Specht (CDU) sah einen anderen Schwerpunkt. Er sagte, dass für ihn das Überleben der Pächter im Vordergrund stehe. Er befürchtete, dass sie vielleicht abspringen könnten, falls sie finanziell nicht über die Runden kommen. Weckbach versicherte jedoch, dass soetwas nie im Raum gestanden habe. Er betonte, dass es rein um den Punkt gegangen sei, ob mit einer Saisonkarte ein Anspruch auf Einlass erwartet werde. Die Pächter würden auf jeden Fall weitermachen, sagte er. Beide saßen in der Sitzung auch im Zuschauerbereich und verfolgten die Diskussion. Die Debatte endete damit, dass die Mehrheit des Gemeinderats beschloss, die Saisonkarte auszugeben. Es gab drei Gegenstimmen.

In Hinsicht auf die Corona-Krise gab es noch weitere Punkte, zu denen Weckbach entweder den Sachstand erklärte oder eine Entscheidung anstand. Die Grillplätze bleiben weiter geschlossen. Die Vorgaben seien zu schwierig umsetzbar, erläuterten Weckbach und Sandra Domogalla, Leiterin der Touristinformation.

Räume für Vereinsversammlungen

Vereine sollen nun die Möglichkeit haben, Versammlungen unter Einhaltung aller Abstandsvorschriften im katholischen Gemeindezentrum in Ludwigshafen sowie dem Seeum in Bodman abhalten zu können. Michael Koch regte dazu an, noch einen Schritt weiter zu gehen und auch die Probenarbeit in den öffentlichen Gebäuden zu ermöglichen. Da es im Seeum aber die Gastronomie gibt, die dadurch gestört werden könnte, sagte Weckbach, dass erst getestet werden müsste, ob das geht. Alessandro Ribaudo (CDU) regte an, auch die Sporthallen als mögliche Orte aufzunehmen. Das Gremium entschied dementsprechend.

Beim Gemeindevollzugsdienst bat Christoph Leiz (Grüne) darum, die Kontrollen weiterzumachen. Das deckte sich auch mit dem Vorschlag in der Sitzungsvorlage. Der Rat beschloss, dass im Rahmen der Möglichkeiten des Gemeindevollzugsdienstes das Lagerverbot in den Uferanlagen durchgesetzt werden soll.

Corona-Verordnung und Kontrollen

  • Strandbäder: Die Corona-Verordnung der Landesregierung gibt für Strandbäder vor, dass auf einen Gast zehn Quadratmeter Liegewiese kommen müssen. So können in Bodman rund 900 Personen gleichzeitig sein, in Ludwigshafen sind es rund 600. Seit der Wiedereröffnung am 6. Juni gab es keine Saisonkarten, sondern nur Einzeleintritte und Zehnerkarten. Das hat der Gemeinderat nun geändert. Momentan läuft es ohne vorherige Onlineregistrierung, aber die Gäste müssen ihre Kontaktdaten angeben.
  • Besonderheit in Seegemeinde: Das Rathaus in Ludwigshafen sei das einzige im ganzen Landkreis gewesen, das während der Corona-Krise immer geöffnet gehabt habe, so Bürgermeister Matthias Weckbach. Es habe aber Schichtbetrieb mit wechselndem Home Office gegeben.
  • Kontrollen: Die Gemeinde arbeite mit der Polizei zusammen, erklärte Weckbach. Gemeindevollzugsdienst und Polizei hätten sich bemüht, den Betrieb im Naturschutzgebiet einigermaßen einzudämmen. Dies bezog sich vor allem auf die Zeit vor der Öffnung der Strandbäder. Im April und Juni war auch jeweils ein Mal die Reiterstaffel der Polizei unterwegs. Am Waschplatz in Ludwigshafen, einem natürlichen Seezugang, der nicht gesperrt werden kann, habe die Polizei versucht, die Einhaltung der Abstände zur erreichen. Es sei eine schwierige Situation, so Weckbach. (löf)