Bevölkerungsschutz ist eine Herausforderung, die in Deutschland bislang oft geprägt war von der Debatte um Zuständigkeiten oder über die Kosten. Jetzt, da sich in Osteuropa die Ukraine vor russischen Angriffen wehren muss, bekommt der Schutz der Bürger plötzlich eine neue Relevanz. Was geschieht in VS?

Markus Megerle ist als Feuerwehr-Kommandant einer der zentralen Ankerpunkte, wenn es um Krisenpläne geht. Eine der Fragen, mit denen er sich seit Wochen beschäftigt: Wie muss was genau und wo organisiert sein, um einem Ausfall von Gas und Strom begegnen zu können?

Was nicht mehr funktioniert, wenn der Strom weg ist

„Stromausfall heißt, keine Wasserleitung läuft, die Abwasserentsorgung steht still, kein Festnetz- und kein Mobiltelefon funktionieren dann mehr“, schildert er und fügt hinzu: „Im Mittelpunkt stehen dann alle Einrichtungen, die Notstrom-versorgt sind.“ Im Oberzentrum sind das außer dem Klinikum zum Beispiel die Gerätehäuser der Feuerwehren in Villingen und Schwenningen.

Wo VS sein Not-Rathaus einrichten will

Deshalb werde derzeit wie folgt geplant: Im Villinger Matthäus-Hummel-Saal werde eine Notfall-Verwaltung eingerichtet. Hier seien „die Kommunikationslinien am einfachsten herstellbar für einen solchen Extremfall“, erklärt er. Die Abstimmung mit allen Behörden laufe bereits seit Wochen, in VS tagt dazu regelmäßig ein Krisenstab.

Villingens Matthäus-Hummel-Saal (oben) an der Kronengasse rückt ins Blickfeld – auch, weil die Feuerwehr hier im Erdgeschoss ...
Villingens Matthäus-Hummel-Saal (oben) an der Kronengasse rückt ins Blickfeld – auch, weil die Feuerwehr hier im Erdgeschoss Notstrom hat. | Bild: Trippl, Norbert

Die gute Nachricht: Die Gespräche sind weit vorangeschritten, vieles soll nun im Detail getestet werden. Auch der Betrieb im Not-Rathaus werde „demnächst simuliert“. Die Tücken lägen dabei im Detail: Weil der Notstrom nicht verschleudert werden soll, gelte es genau zu planen, welche Computer überhaupt hier eingesteckt werden dürfen.

Wie werden Bürger zur Lage informiert?

Eine der großen Fragen: Wie wird die Bevölkerung informiert? Handys könnten mit Glück „noch ein, zwei Stunden länger laufen, manche Funkmasten seien mit Akkus ausgerüstet“. Die Bürger, die sich vor allem nach der Ahrtal-Katastrophe gerade eben an die Benutzung von Warn-Apps gewöhnen, seien dann nach diesem Zeitraum aber auch mobil endgültig abgekoppelt.

Blackout: Und dann? Das Konzept der Feuerwehr steht. Es sind zwei Ebenen vorgesehen. In VS will die Stadt ihre Druckerei an der Kanzleigasse mit Notstrom in Betrieb nehmen, um Info-Blätter überhaupt schnell und unbürokratisch drucken zu können. Das ist die eine Ebene. Die Zweite: Die Feuerwehr werde mit Lautsprecherwagen durch die Stadtteile fahren, um alle zu informieren.

Die Infos kommen mit dem Lautsprecherwagen

Megerle offenbart dazu auch Details. Zum Beispiel sei es vorgesehen, diese Durchsagen auch in ausländischer Spreche anzubieten. „Wir können da nicht einhundert Sprachen liefern, aber durchaus das Wichtigste“, sagt Megerle. Die Stimme der Durchsagen käme dann vom Band, aufgenommen würde der Text keinesfalls vorab sondern lageorientiert“, erklärt der oberste VS-Feuerwehrmann.

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Auch die Feuerwehr selbst habe ihre Strukturen überplant. „Wir haben insgesamt über 600 Kräfte, davon aktiv sind 430. Wir wollen aber nicht den Dehler machen und davon ausgehen, dass alle zum Dienst zur Verfügung stehen können. Ich rechne mit einem Drittel“, sagt Megerle. Er erklärt: Kommt es zu einer solchen Extremlage, müssten sich auch Feuerwehrleute nicht selten im privaten Bereich um Notlagen kümmern.

Was laut Experten jeder zuhause haben sollte

Haushalte sollten sich idealerweise einen Vorrat für 14 Tage anlegen. „Auch, damit nicht wegen jeder Flasche Wasser der Weg zum Supermarkt angetreten werden muss“, rät er zu gut durchdachten Lagerbeständen. Der Bund appelliert, dabei auf Mehrwegflaschen zu verzichten. Werden zu viele Glasflaschen eingelagert, trifft es die Getränkehersteller.

Ist der Strom weg, fließt auch kein Leitungswasser. Deshalb: Zuhause einen Vorrat bunkern, aber nicht in Pfandflaschen wie auf diesem Foto.
Ist der Strom weg, fließt auch kein Leitungswasser. Deshalb: Zuhause einen Vorrat bunkern, aber nicht in Pfandflaschen wie auf diesem Foto. | Bild: Trippl, Norbert

Auch beim Beheizen von Wohnungen müsse genau nachgedacht werden, sagt Megerle. Die Retter wissen, wovon sie sprechen. Wer zuhause Holzfeuer macht, müsse auf den Kohlenmonoxidgehalt der Wohnzimmerluft achten, sagt Megerle. Immer wieder komme es auch ohne Panik-Situationen hier im Privatbereich zu Erstickungsfällen.

Vorab nachdenken: Wie erwärme ich daheim Speisen

An Kerzen und Streichhölzer denken viele – und daran auch: Beim Warmmachen von Speisen etwa mit Campinkkartuschen sei es ebenfalls ratsam, sehr vorsichtig zu sein. Megerle: „Nicht den halben Keller damit vollmachen. Das ist zu gefährlich. Und beim Kochen idealerweise im Freigelände“ fügt er hinzu.

Grundsätzlich hofft der Kommandant, dass alle Notfalls-Pläne in der Schublade bleiben können. Aber im Notfall müsse man eben gut vorbereitet sein.

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