20 Millionen Euro plus X: Je nach Variante wird der Umbau des leerstehenden Rössle-Centers in Schwenningen für die Stadt zu einem enormen finanziellen Kraftakt werden, will sie die Innenstadt dort neu beleben.
Nachdem der geplante Bau eines Einkaufszentrum am Rössle an den Folgen der Corona-Krise gescheitert ist, hat der Investor HBB am Mittwoch, 20. Dezember, den Mitgliedern des Gemeinderates eine Machbarkeitsstudie für ein neues Konzept präsentiert.
Architekt Jens Thormeyer von dem bundesweit agierenden Düsseldorfer Architekturbüro RKW stellte im Auftrag des Investors HBB den Stadträten in öffentlicher Sitzung mehrere Varianten einer Neunutzung des seit 13 Jahren leerstehenden ehemaligen Einkaufszentrums am Muslenplatz vor.
Darum geht es jetzt
Für die erwähnen 20 Millionen Euro könnte in dem Gebäude Räume für die städtische Volkshochschule, die Stadtbibliothek sowie Büros für die Stadtverwaltung, ein Parkhaus mit 286 Parkplätzen, der Bau einer neuen Fassade und neue Erweiterungsbauten auf der Brücke geschaffen werden.
Für die Stadtpolitiker stellt sich dabei die Frage, ob das Forum auch noch um die Städtische Galerie, ein Café, einen Kindergarten oder eine Kindertagespflege-Einrichtung ergänzt werden soll.

Die Grundzüge der neuen Planung
Die erste Entwurfsplanung, die die Architekten auf Wunsch der Stadt in kurzer Zeit gezaubert haben, besteht aus folgenden Grundzügen. Bei den Außenanlagen, so der Architekt, „wollen wir mehr Grün in die Fläche bringen“. In den beiden unteren Geschossen sind zwei Parkdecks mit 280 Parkplätzen vorgesehen, rund 30 mehr als bisher.
Die überbaute Brückenpassage über der Alten Herdstraße sollen nach den Vorschlägen der Planer leergeräumt werden. Auf der Brückenplattform könnten bei Bedarf neue Gebäude errichtet werden, etwa für einen Kindergarten oder die Städtische Galerie.

Die Idee, einen fünfgruppigen Kindergarten in dem Bestandsgebäude unterzubringen, erteilten die Planer eine Absage. Dafür gebe es zu wenig Tageslicht und eine zu geringe Raumhöhe. Auch von einem Raum für eine Kinder-Großtagespflege im Gebäude raten die Planer aus technischen Gründen ab.
Unter anderem würde dadurch die bisherige Anlieferung für das Gebäude wegfallen. Besser sei es, ein Gebäude für den Kindergarten oder eine Großtagespflege als Nebengebäude auf dem vorhandenen Grundstück zu bauern, sofern dies gewünscht wird.
Das Kernstück des Gebäudes mit der Volkshochschule und Bibliothek, eventuell der Städtischen Galerie und einem Café wurde von den Architekten mit dem Etikett „Kulturforum“ versehen. Diese Funktionen könnten allesamt in dem bestehenden Bestandsgebäude des ehemaligen Einkaufszentrums untergebracht werden.
Neue Fassade mit Fenstern und Begrünung
Die Architekten schlagen vor, die Fassade des Gebäudes neue zu gestalten, Fernster anzubringen und die Fassade mit Pflanzen zu begrünen. Auch der ehemalige Büroturm des Rössle-Zentrums soll mit Pflanzen begrünt werden.
In diesem Büroturm könnten 105 Arbeitsplätze für Mitarbeiter der Stadtverwaltung geschaffen werden, die bislang noch zur Miete im Gebäude Winkelstraße untergebracht sind.
Die Planer haben auch eine „große Variante“ des Projekts dargestellt, bei der neben der Stadtbibliothek auch die Bibliothek der Schwenninger Hochschulen in dem Gebäude integriert würden. Dafür müsste allerdings ein zusätzliches Geschoss und ein neues Dach aufgesetzt werden. Sollte der Gemeinderat außerdem einen Kindergarten oder eine Großtagspflege wünschen, müssten diese in neuen Nebengebäuden untergebracht werden.
„Kein Porsche, aber ein Golf“
Die Baukosten für die kleine Variante bezifferte Architekt Jens Thormeyer auf 19,8 Millionen Euro. Darin inbegriffen ist die Unterbringung der VHS, Stadtbücherei, der Stadtverwaltung, der Parkplätze, die neue Fassade und eine neue Überbauung der Brücke. „Was wir liefern ist kein Porsche, sondern eher ein Golf. Aber den liefern wir auch“, rekapitulierte Jens Thormeyer die Planung.
Städtische Galerie umstritten
Die Präsentation kam bei den Fraktionssprechern im Gemeinderat sehr gut an. Sie bildet die Grundlage für die weiteren Diskussionen im Gemeinderat über die inhaltlichen Konzeption und die Kostenseite.
„Das erste Gefühl ist sehr gut“, kommentierte CDU-Fraktionssprecher Dirk Sautter die Entwürfe. Die Planung belege auch, dass die Unterbringung der Städtischen Galerie auf dem Grundstück sehr wohl möglich sei. Sautter reagierte damit auf die Kritik des Freundeskreises Kultur, welcher die Städtische Galerie mit den Schwenninger Museen gemeinsam auf dem Bürk-Areal konzentrieren möchten und den Standort am Rössle als ungeeignet erklärte.

Dagegen verdeutlichte Ulrike Salat (Grüne), dass ihre Fraktion die Städtische Galerie auf dem Rössle-Areal ablehne. Dort sollten andere Funktionen geplant werden.
Nur kleine Variante „realistisch“
Viel Lob für die Entwurfsplanung kam von Andreas Flöß (Freie Wähler). Angesichts der hohen Kosten ist aus seiner Sicht nur die „kleine Variante“ finanziell realistisch. Der Bau eines neuen Obergeschosses samt neuem Dach auf dem Rössle würde wohl den finanziellen Rahmen sprengen, urteilte der freie Architekt.

Zugleich machte sich auch Flöß dafür stark, die Städtische Galerie auf dem Rössle-Areal neu zu bauen. Denn sollte der Gemeinderat zum Ergebnis kommen, dass er sich das geplante Museumsquartier auf dem Bürk-Areal nicht auch noch leisten kann, habe Schwenningen am Ende weder Museum noch Galerie. Zugleich mahnte Flöß den Investor HBB, der Stadt einen fairen Preis für den Rückkauf des Rössle-Areals zu machen. Die Stadt habe schließlich noch viele anderen Aufgaben zu leisten.
„Müssen uns ehrlich machen“
Nicola Schurr (SPD) zeigte sich von den Entwürfen ebenfalls angetan. Jetzt gehe es für den Gemeinderat darum, „dass wir uns bei den Haushaltsberatungen ehrlich machen“, forderte er. „Ich denke, dass wir uns nicht alles leisten können“, so Schurr mit Blick auf die weiteren Großprojekte der Stadt.