Aufgeschreckt wurden vor rund zwei Jahren Anwohner im vornehmen Villinger Kurgebiet. Baupläne zweier Investoren, die neue Wohnungen im Nobelbaugebiet planten, sorgten für Unruhe. Mit einem neuen Bebauungsplan hat die Stadtverwaltung nun die Situation befriedet, am 14. Dezember stimmte der Gemeinderat zu. Allerdings gefällt die Umsetzung nicht allen.
Entstanden ist das Tauziehen um die Zukunft des Kurviertels durch den Verkauf der ehemaligen Hotels Bosse und Garland im Bereich Farnweg. Am ehemaligen Hotel Bosse wollte der neue Eigentümer Bilal Zinar mit seiner Zabo GmbH zunächst eine dreigeschossige Seniorenpflegeeinrichtung bauen. Vielen Nachbarn erschien diese Planung indes zu viel zu voluminös. Das Vorhaben passe nicht in den gewachsenen Charakter des Kurgebietes, monierten Arrivierte und Alteingesessene.
Auch das Wohnbauvorhaben auf dem Gelände des einstigen Hotels Garland im hinteren Farnweg nahe der Germanstraße weckte Argwohn in der Nachbarschaft. Die Firma Ibach Bau aus Rottweil, die das Areal erworben hat, will das Gebäude ebenfalls abreißen und neue Wohnungen hochziehen.

Nach Anhörungen der Anwohner hat sich die Stadtverwaltung aufgemacht, die Verhältnisse mittels eines Bebauungsplan für den Farnweg zu ordnen. Der liegt nun vor. Die Spielräume und Möglichkeiten für eine Wohnbebauung sind darin nun rechtlich festgesetzt.
In diesem Falle so, dass die Anwohner wohl kaum noch Grund zur Klage haben dürften. In diesem Bereich sind jetzt nur noch zweigeschossige Wohnbebauungen mit Satteldach und einer maximalen Firsthöhe von 14,50 Meter möglich. Damit ist die Stadt im wesentlichen auf die Forderungen der Anwohner eingeschwenkt.
Grüne kritisieren erneut fehlende Nachverdichtung
Angesichts der Wohnungsnot und dem Gebot, aus Umweltgründen flächensparend zu bauen, stießen diese Festlegungen im Bebauungsplan indes erneut auf massive Kritik der Grünen.
Fraktionssprecherin Ulrike Salat forderte im Technischen Ausschuss eine massivere Nachverdichtung, damit mehr Wohnraum geschaffen werden kann. Wenig Sympathie bekundete sie auch für die vorgeschriebenen Sattel- oder Walmdächer. Darauf, so kritisierte Salat, könne man kaum geeignete Photovoltaik-Anlagen installieren. Und noch eine Breitseite Ökö-Kritik: „Grundstücksgrößen über 1000 Quadratmeter sind nicht mehr zeitgemäß.“
Dietmar Wildi (CDU) sah sich bemüßigt, dieser mehrfach artikulierten Kritik entgegenzutreten. Die Bebauung im einstigen Kurviertel habe „eine gewisse Historie“, die es zu beachten gelte. „Daher wollen wir hier nicht alles auf den Kopf stellen.“
Den Leuten nicht alles vorschreiben
Die Stadt müsse im Einzelfall flächenkritisch beurteilen, wo massive Nachverdichtungen zugelassen werden und wo nicht. Im Kurgebiet wollen es die Christdemokraten definitiv nicht. „Wir können den Leiten nicht immer vorschreiben, wie sie wohnen sollen“, findet Wildi. Da sah die Mehrheit ebenso. Im Ausschuss wurde der neue Bebauungsplan ebenso wie im Gemeinderat mit breiter Unterstützung beschlossen.

36 Wohnungen auf dem Bosse-Areal
Was soll nun auf den beiden Grundstücken gebaut werden? Beim Hotel Bosse ist das Thema Altenwohnungen mittlerweile vom Tisch. Stattdessen: Reine Wohnbebauung. Der Hotelkomplex soll abgerissen und das Grundstück mit sechs Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 36 Eigentumswohnungen bebaut werden.
Ein Teil dieser Eigentumswohnungen kommt über einen Investor möglicherweise auch als Mietwohnungen auf den Markt. Denkbarer Baubeginn könnte Herbst 2023 werden. Die Fahrzeuge sollen alle unterirdisch in einer Tiefgarage verschwinden und damit den Kurgebietscharakter nicht beeinträchtigen.
18 Wohnungen auf dem Garland-Gelände
Auf dem ehemaligen Garland-Gelände ist ebenfalls Wohnbebauung vorgesehen. Die Planung umfasst nach derzeitigem Stand drei Mehrfamilienhäuser mit 18 Wohneinheiten und ebenfalls einer Tiefgarage.
Derzeit kein Thema mehr ist die Bebauung der großen Wiese zwischen Oberförster-Ganter-Straße und Germanstraße im Kurgebiet. Überlegungen, das Gebiet mit Wohnblocks und Einfamilienhäusern massiv zu bebauen, stießen vor wenigen Jahren auf massiven Widerstand der Anwohner. Der Gemeinderat hat daraufhin die Verwaltung von ihrem Planungseifer zurückgepfiffen.