Anja Greiner

Für Stefan Stocke gibt es eigentlich nur eine Regel: „Das Ding muss durchhalten.“ Denn: Wessen Mofa-Motor die 17 3/4 Stunden beim Rennen in Fischbach durchsteht, davon ist Stocke überzeugt, der kommt mit Sicherheit unter die ersten zehn.

Doch Stocke und sein Team, die Feldwegheizer, wollen mehr. Minimum einen Platz unter den ersten fünf. „Wir haben einen enormen Aufwand betrieben dieses Jahr“, sagt Stocke. Unter anderem auf einem Prüfstand die Leistung des Motors exakt abstimmen lassen. Wir, das sind insgesamt sechs Team-Mitglieder zwischen 20 und 48 Jahren.

Zwei davon sind Denis Heini und Tim Wolf, 20 Jahre alt, aus Weilersbach und Obereschach. Kennengelernt haben sie sich in der Schule, Denis Heini ist in Fischbach zum dritten Mal dabei, Tim Wolf zum zweiten Mal. Mehrmals standen sie bei Mofa-Rennen in den vergangenen Jahren auf dem Podest. In Fischbach noch nie.

Stefan Stocke hatte mit 15 Jahren sein erstes Mofa, zehn Jahre später hatte er das erste Mofa-Rennen der Region – die 17 3/4 Stunden von Fischbach – mit ins Leben gerufen. Heute, 30 Jahre später, steht er in einer zur Werkstatt umfunktionierten Scheune in Obereschach an einer Werkbank und blickt auf das Mofa vor sich, an dem er und seine fünf Team-Kollegen seit einem Jahr gearbeitet haben. „Von einem Mofa“, sagt er, „ist nicht mehr viel dran“. Gerade so viel, wie das Reglement vorsieht: Der Motor, der über die Pedale gestartet werden muss und der Rahmen. Nach dem letzten Rennen in Pfohren haben sie begonnen aufzurüsten. Wieder einmal: Ein besseres Fahrwerk sollte das Mofa haben, besser im Gelände liegen.

2001, bei der ersten Ausgabe des Rennens in Fischbach, sei noch jeder mit einem handelsüblichen Mofa gefahren. Seitdem hat eine Art Wettrüsten eingesetzt. Bei über 50 Prozent der Teilnehmer ähnelt das Mofa inzwischen einer Motor-Cross-Maschine. Der Unterschied: Beim Motor-Cross-Rennen ist die Kunst des Fahrens für einen Sieg entscheidend, beim Mofa-Rennen ist es die Kunst des Bauens. Der Reiz liegt nicht auf der Strecke zwischen Start und Zielfahne. Er liegt in den Werkstätten, zwischen Schraubenschlüssel und Zylindern.

Am schwersten zu Bauen? Der Motor. Tim Wolf und Denis Heini sind beide gelernte Industriemechaniker, nach Feierabend, in Absprache mit dem Chef, fräsen sie schon mal die Teile für das Mofa selbst. 300 bis 400 Stunden haben sie in das Mofa gesteckt, vom Geld ganz zu schweigen. Seit diesem Jahr haben sie auch einen Sponsor. Das hilft, sagt Stocke. Rennsport ist Faszination, er ist Leidenschaft, Motorengeräusch und Adrenalin, aber vor allem ist Rennsport eines: teuer. In dem getunten Mofa stecken mehrere Tausend Euro. Allein der Motor, sagt Stocke, kostet schon 800 Euro. „Wenn man vorne mitfahren will, muss man was investieren.“

Fünf Rennen fahren sie durchschnittlich im Jahr. Das Rennen auf der Reichenau haben sie gewonnen, waren von 25 Teilnehmern die schnellsten. In Meggen kamen sie auf den 2. Platz, ließen 58 Teams hinter sich. In Fischbach sind sie bisher noch nie aufs Treppchen gefahren. Aber Fischbach ist auch nicht wie alle anderen Rennen. Was zählt, ist nicht so sehr, wann man ins Ziel kommt, sondern, dass man überhaupt dort ankommt. Nach 17 Stunden und 45 Minuten.

Der größte Gegner, abgesehen von der Dunkelheit und der unweigerlich einsetzenden Müdigkeit, ist schließlich der Motor. Ein Mofa-Motor, im Originalzustand für 1,5 PS gemacht, der über Stunden hinweg Leistung zwischen acht und zehn PS erbringt. „Nach dem Rennen ist der Motor so sehr beansprucht, da geht erst mal gar nichts mehr.“

Im Schnitt wechseln sie die Fahrer alle eineinhalb Stunden, dann wird auch getankt. Die Reihenfolge der Fahrer? „Es fährt, wer noch fit ist“, sagt Stocke. Die schlimmsten Stunden sind zwischen drei und fünf Uhr morgens. Ob er auch fahren wird? „Nur, wenn es unbedingt sein muss.“ Sein Platz wird in der Box sein. Er ist dran, wenn die Zündung nicht mehr funktioniert, der Auspuff schleift, der Motor streikt. „Im schlimmsten Fall ist man dann schon mal zwei Stunden beschäftigt“, sagt Stocke.

Der schönste Moment im Rennen? „Wenn der Motor das erste Mal läuft“, sagt Stocke. „Wenn die erhoffte Leistung da ist, und der Motor bis zum Schluss durchhält“, sagt Heini. „Wenn es so läuft, wie man es sich vorstellt, auch wenn man nicht erster wird.“ „Es geht um die Ehre“, Wolf. Auch wenn sie nicht immer auf dem Treppchen standen: „Durch‘s Ziel sind wir bisher immer gekommen.“ Egal wie.

Die Regeln

Gefahren wird beim 17 Stunden und 45 Minuten-Rennen mit Mofa-Motoren mit 49ccm. Der kann jedoch getunt werden, sodass die Leistung ein Vielfaches des Serienmotors beträgt. Die Höchstgeschwindigkeit ist beschränkt auf 50 Stundenkilometer. Der Rahmen der Fahrzeuge muss von einem Mofa stammen, veredelt werden darf er mit Eigenbauten und Teilen von ausgedienten Motor-Cross-Bikes. Am Start sind maximal 50 Teams. Jedes Team besteht aus maximal fünf Fahrern, die sich über die gesamte Renndauer beliebig oft abwechseln dürfen.