Donnerstag, 9.54 Uhr: Überall in der Region bimmeln, piepen und rappeln die Mobiltelefone. Die App Nina gibt Entwarnung für den Gebäudebrand in Mönchweiler.

Fast genau zwölf Stunden ist es her, dass die Berufsfeuerwehr Reutlingen über die Warnapp des Bundes und per Cell Broadcast vor Brandgasen gemeldet hatte. Das war um 22.07 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt brennt es in der Fahrzeughalle eines Bauernhofs bereits seit über zwei Stunden.

Weshalb wurde die Bevölkerung so spät gewarnt? Und warum kam die Entwarnung erst gut fünf Stunden, nachdem die Feuerwehr abgezogen war?

So sieht die Benachrichtigung in der App Katwarn aus. Sie ist am Morgen nach dem Brand noch aktiv.
So sieht die Benachrichtigung in der App Katwarn aus. Sie ist am Morgen nach dem Brand noch aktiv. | Bild: Cornelia Putschbach

Florian Vetter ist der Kreisbrandmeister im Schwarzwald-Baar-Kreis. Er ist unter anderem auch für die Alarmierungen zuständig. „Anfangs sorgte der thermische Auftrieb durch das Feuer dafür, dass der Rauch nach oben abgezogen ist“, erklärt er.

Kreisbrandmeister Florian Vetter im November 2022. Er gehört zu den wenigen Menschen im Schwarzwald-Baar-Kreis, die einen Alarm per Cell ...
Kreisbrandmeister Florian Vetter im November 2022. Er gehört zu den wenigen Menschen im Schwarzwald-Baar-Kreis, die einen Alarm per Cell Broadcast anfordern können. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Dann hätten die Feuerwehrleute aber das brennende Stroh zum Löschen aus der Halle herausgeholt. „Der thermische Effekte wurde dadurch geringer und der Rauch hat sich bodennah ausgebreitet“, sagt Vetter. Der Wind habe die Brandgase dann in Richtung Mönchweiler geweht.

In der Nacht zum Donnerstag löschen Feuerwehrleute aus Mönchweiler, Königsfeld und St. Georgen das brennende Stroh und Heu in der ...
In der Nacht zum Donnerstag löschen Feuerwehrleute aus Mönchweiler, Königsfeld und St. Georgen das brennende Stroh und Heu in der Fahrzeughalle. | Bild: Sprich, Roland

Warum kam die Meldung aber von der Berufsfeuerwehr Reutlingen? „Es gibt für die Warnungen zwei Vollsysteme im Land“, erklärt Vetter. „Das eine steht beim Innenministerium in Stuttgart, das andere bei der Leitstelle in Reutlingen.“ Die dortige Feuerwehr ist somit für das gesamte Bundesland zuständig.

Ein Mobiltelefon zeigt eine Warnmeldung per Cell Broadcast für einen Brand in Mönchweiler. Es ist der erste echte Einsatz des Systems in ...
Ein Mobiltelefon zeigt eine Warnmeldung per Cell Broadcast für einen Brand in Mönchweiler. Es ist der erste echte Einsatz des Systems in Baden-Württemberg. Der Screenshot stammt vom 2. März. | Bild: Block, Andreas

So kommt die Warnung aufs Handy

Einen Alarm für den Schwarzwald-Baar-Kreis auslösen können nur die zuständigen Behörden. „Meistens ist bei solchen Bränden der Bürgermeister vor Ort, der das dann entscheidet, sobald die Einsatzleitung eine Gefährdung festgestellt hat“, beschreibt Florian Vetter den Ablauf.

Danach geht die Mitteilung über die Leitstelle in Villingen-Schwenningen nach Reutlingen und von dort aus ins Modulare Warnsystem (MoWaS) für Deutschland. Ausgespielt wird sie je nach Warnstufe auf unterschiedlichen Wegen – per Cell Broadcast oder durch eine der zahlreichen Apps.

Warum hat nicht jeder die Warnung erhalten?

Im Falle der Mönchweiler-Warnung waren viele Handynutzer verwundert: Warum wurden manche in St. Georgen nicht über den Brand verständigt, obwohl sie etwa genauso weit weg wohnen, wie die Menschen in Villingen? Und warum erhalten manche Handys in der selben Wohnung die Alarm-SMS und andere nicht?

Dieter Notter ist Leiter der Leitstelle Feuerwehr in Reutlingen und kann das erklären. „Wo gewarnt wird, entscheiden die zuständigen Behörden vor Ort, wir führen das nur aus“, sagt er. „Je nach dem, was angefordert wird, können wir den Bereich als Polygon auf einer Karte festlegen, nach Gemeindegrenzen oder nach Postleitzahl.“

Von einem Arbeitsplatz wie diesem aus versenden die Berufsfeuerwehrleute in der integrierten Leitstelle Reutlingen die Warnmeldungen.
Von einem Arbeitsplatz wie diesem aus versenden die Berufsfeuerwehrleute in der integrierten Leitstelle Reutlingen die Warnmeldungen. | Bild: Leitstelle – Integrierte Leitstelle Heilbronn

Hinzu komme noch, dass der Erhalt der Nachricht auch davon abhängt, in welcher Mobilfunkstation das Telefon zu dem Zeitpunkt tatsächlich eingebucht ist. Womöglich steht die Antenne außerhalb des Warnbereichs.

In Zukunft will der Kreis selbst warnen

Der Landkreis ist lediglich an die Warnapp Nina angeschlossen. „Wir wollten kein anderes System, sondern ganz minimalistisch klare Wege gehen“, sagt Vetter. Geplant sei allerdings ein direkter Zugang zu MoWaS, um in Zukunft Warnungen im niederschwelligen Bereich auslösen zu können. Also Warnungen von unteren Gefahrenstufen für den lokalen Bereich.

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„Dadurch fällt eine Instanz weg und der Zeitfluss wird beschleunigt“, sagt Kreisbrandmeister Florian Vetter. Dass die Entwarnung so lange nach den Löscharbeiten erfolgte, liege aber nicht an dem Umweg über Reutlingen, sondern an dem Stroh, das immer noch vor sich hin kokele.

Der Geruch des nach dem Brand qualemden Futtermittels liegt auch am Morgen nach der Brandnacht über dem Aussiedlerhof bei Mönchweiler.
Der Geruch des nach dem Brand qualemden Futtermittels liegt auch am Morgen nach der Brandnacht über dem Aussiedlerhof bei Mönchweiler. | Bild: Cornelia Putschbach

„Das ist bei solchen Bränden normal und kann sogar noch ein paar Tage dauern“, sagt der Kreisbrandmeister. Der Hintergedanke sei gewesen, die Warnung für alle Bürger aufrecht zu erhalten, die vom eigentlichen Brand nichts mitbekommen hatten.

Das dürften angesichts der Lautstärke der Cell-Broadcast-Warnungen die wenigsten sein.

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