Der Grundstein der Initiative 125 liegt in den Grundstückspreisen für das Mundelfinger Neubaugebiet. „Wir haben uns gegründet, weil die Stadt auf den 149 Euro pro Quadratmeter beharrt“, sagt Kurt Kammerer. Wir, das sind in diesem Fall neben Kammerer noch Simon Friedrich, Gregor Mäder, Daniel Schwarz, Patrick Späth und Roman Strohmayer. Doch nicht der Bauplatzpreis sei ausschlaggebend für die Gründung gesehen gewesen, sondern „die Geheimniskrämerei“, die die Stadt um die Entstehung des Preises mache. Nachdem sich die Initiative im Dezember gegründet hat und bei allen Ersten Gmonden präsent war, gab es nun die erste eigene Veranstaltung: ein Informationsabend, der unter dem Titel „Vitale Dörfer braucht das Land“ stand. Rund 100 Gäste waren gekommen, die Mehrheit aus Mundelfingen und sonst überwiegend aus den Ortsteilen. Neben Bauwilligen und Untersützern waren auch etliche gekommen, um sich selbst eine Meinung zu bilden.
Rund 100 Interessierte besuchen die erste Informationsveranstaltung der Initiative 125. Unter den Gästen sind viele aus Mundelfingen, aber auch aus den anderen Hüfingern Ortsteilen. Rathausvertreter waren keine da und mit Hannah Jaag und Michael Steinemann (beide BFSO/Grünen-Fraktion) auch nur zwei Stadträte.
| Bild: Jakober, Stephanie
Kurt Kammerer: 400 Unterschriften sind gesammelt „Es geht um mehr, als nur um günstige Bauplätze, denn die Rechnung zahlen wir alle“, sagt Kurt Kammerer. Es ginge um die Dörfer und deren Zukunft, denn vitale Dörfer brauche das Land. Über allem stünde die Frage: „Wie schaffen wir es, dass junge Familien hier bleiben oder dass sie zu uns aufs Land ziehen?“ Und dazu gehöre attraktiver Baugrund, aber auch die Möglichkeit, im Vergleich zu benachbarten Ortsteilen bestehen zu können, Baulücken zu schließen und den Erwerb von Altbestand zu ermöglichen. „Vitale Dörfer können in Zeiten von Urbanisierung und Alterung der Bevölkerung nur dann vital bleiben, wenn sie es schaffen, jungen Familien ein attraktives Zuhause zu bieten. Den Verzicht auf die Infrastruktur einer Stadt muss das vitale Dorf ausgleichen durch ein stärkeres Miteinander in der Nachbarschaft, in den Vereinen, im Zusammenspiel zwischen Alt und Jung und natürlich durch günstige Bauangebote“, sagt Kammerer. Die Initiative habe mittlerweile 400 Unterschriften gesammelt. 420 brauche es für einen Bürgerentscheid. Aber erst einmal stünde noch ein Ultimatum aus: Bis Ende Januar hätte die Stadt die Gelegenheit, die Kalkulation offen zu legen und die Fehler zu beheben. Doch mittlerweile forderte die Initiative keine 125 Euro pro Quadratmeter mehr. „Damit sind wir gestartet.“ Bei 110 Euro verdiene die Stadt immer noch ausreichend. Daniel Schwarz: Die Dörfer brauchen junge Familien „Wir brauchen vitale Dörfer mit jungen Familien“, sagt Daniel Schwarz. Fehlende Infrastruktur wie beispielsweise Ärzte, Apotheken, Einkaufsmöglichkeiten und der Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr müsse durch mehr Zusammenhalt ausgeglichen werden. Beispielsweise wenn die Jungen für ihre Kinder einkaufen gehen würden, wenn die Jungen allerdings wegziehen würden, würde das schwierig. „Das Zusammenspiel zwischen Jung und Alt funktioniert nur, wenn die Jungen da sind“, so Schwarz. Doch junge Familien würden nur dableiben, wenn sie günstiges Bauland bekommen würden – andere Kommunen würden das schließlich auch anbieten. Pattrick Späth verwies auch in diesem Zusammenhang auf Veranstaltungen wie das Kreiserntedankfest: „Im Moment funktioniert so etwas, weil es die Dorfgemeinschaft stemmen kann. Aber in 20 oder 30 Jahren vielleicht nicht mehr, weil es keine Jungen mehr gibt.“ Bei vielen Gesprächen, die Schwarz in den vergangenen Wochen geführt habe, sei ein gemeinsamer Nenner herauszuhören gewesen: „Wir wollen Transparenz und nicht, dass einfach nur etwas beschlossen wird“, erklärt Schwarz. Die Bürger würden den Gemeinderat wählen, der Gemeinderat sei das Kontrollorgan der Stadtverwaltung und müsse daher auch wissen, auf welchen Grundlagen der Quadratmeterpreis für das Baugebiet errechnet worden sei. Simon Friedrich: Grundstückspreis ist explodiert Von einer „wahren Explosion“ der Grundstückpreise in Mundelfingen sprach Simon Friedrich. 2019 wären noch Grundstücke mit einem Quadratmeterpreis von 98 Euro beziehungsweise von 102 Euro angeboten worden. „Und 2020 sollen die Grundstücke dann für 149 Euro pro Quadratmeter verkauft werden“, sagt Friedrich. Das sei ein Anstieg von 50 Prozent innerhalb von nur einem Jahr. „Das schlägt dem Fass den Boden aus.“ Denn vitale Dörfer bräuchten auch junge Familien, die schlagkräftig wären. Und Anfang 30 habe man nicht Geld im Überfluss. „Die Leistungskraft wird einem komplett genommen, denn bei einem 600 Quadratmeterpreis sind das Mehrkosten in Höhe von 30 000 Euro“, erklärt Friedrich. Das Argument, dass Hüfingen eine steuerschwache Kommune sei und an den Grundstücken verdienen müsse, lässt Friedrich nicht gelten: „Andere Städte wären froh, wenn sie zehn Millionen Euro hätten und das schon mit einem Minus davor.“ Wenn in Mundelfingen der Quadratmeterpreis 149 Euro betrage, sei klar, dass es in keinem der anderen Ortsteile billiger werde. „Mundelfingen trifft es eben nur als erstes, bei uns fängt es nur an.“ Doch es solle kein Dörfer versus Kernstadt geben. „Wir schaffen das nur gemeinsam. Hüfingen ist eine Gesamtstadt, in der die Zahnräder ineinanderreifen und geschwächte Orte schwächen auch die Kernstadt.“ Gregor Mäder: Grundstückspreis ist nicht nachvollziehbar Ob die Stadt den Grundstückspreis wohl gewürfelt hat, fragt sich Gregor Mäder. „Eigentlich müssen so etwas Sachverständige machen und das kann nicht Hinz und Kunz sein“, sagt Mäder, der sich mit der rechtlichen Lage via Internetrecherche beschäftigt hat. Seiner Meinung nach habe die Stadt aber keine Sachverständige zurate gezogen. Wichtig sei für eine „objektive Wertermittlung für faire Grundstückspreise„ die Grundstücksbewertung zur Ermittlung des Marktwertes. Hier gelte der Bodenrichtwert als Hilfswert bei der Wertermittlung. In Mundelfingen liege der Bodenrichtwert zwischen 65 und 88 Euro. Auch in den anderen Hüfinger Ortsteilen bewege er sich in dieser Größenordnung. In Aasen hingegen liege aufgrund der besseren Lage zu Donaueschingen und zu Villingen-Schwenningen der Bodenrichtwert bei 100 Euro. „In Aasen werden die Grundstücke aber für 115 Euro pro Quadratmeter verkauft und in Mundelfingen sollen es 149 Euro pro Quadratmeter sein. Das ist nicht nachvollziehbar“, so Mäder. Für die Bewertung von unbebauten Grundstücken sei auch das Vergleichswertverfahren geeignet. Voraussetzung hierfür sei eine genügend große Anzahl von Vergleichsobjekten. Die gebe es auch zu genüge in der unmittelbaren Region rund um Hüfingen – eine Aufgabe der Mundelfinger Ortschaftsrat Bernhard Merz übernommen hat. Bernhard Merz: Durchschnittpreis beträgt 109,17 Euro Viel Arbeit hat sich Bernhard Merz gemacht. Er hat in Geisingen, Blumberg, Wutach, Bonndorf, Löffingen, Bräunlingen, Donaueschingen und Bad Dürrheim Erkundigen eingezogen, wie es dort mit den Baugebieten und den Grundstückspreisen aussieht. Neben dem Quadratmeterpreis hat er auch die Zahl der freien Bauplätze und das Erschließungsjahr des Baugebietes abgefragt. „Ich war vor allem verwundert, wie offen die anderen Kommunen mit diesem Thema umgehen“, sagt der Mundelfinger Ortschaftsrat. In Löffingen gebe es sogar auf der Internetseite frei zugänglich Informationen, wie sich der Quadratmeterpreis zusammensetze. „Das ist ganz einfach: Bodenpreis plus Erschließungskosten ergeben den Quadratmeterpreis„, erklärt Merz. Zwar hätten andere Kommunen die Flächen für ihre Neubaugebiete auch wesentlich günstiger eingekauft als Hüfingen, „aber nicht um so viel“. Von den noch 102 verfügbaren Bauplätzen in der Region hat Bernhard Merz einen gewichteten Durchschnittspreis ermittelt: „Dieser beträgt 109,17 Euro je Quadratmeter“, erklärt Merz. Deshalb auch die neue Forderung der Initiative, die nun 110 Euro beträgt. In Mundelfingen hätten die 149 Euro dafür gesorgt, dass von den 13 Interessenten mittlerweile fünf abgesprungen wären. „Die acht Mundelfinger stehen dazu, aber die Auswärtigen sind weg“, erklärt der Ortschaftsrat.