Die Meldungen häufen sich: In Gewässern werden rekordverdächtig große Fische gefangen. Anfang August meldeten etwa Mitglieder des Angelsportvereins Langenargen am Bodensee den Fang eines 85-Kilo-Wels‘ mit einer Länge von 2,43 Metern. Der Wels wurde getötet, gemessen und gewogen, das Fleisch zu Filets verarbeitet und unter den Angelsportfreunden aufgeteilt. Das Exemplar war so groß, dass die Angler den Stolz über den Fang teilen wollten – ist das harmlose Prahlerei oder schon gesetzeswidriges Vorgehen?
Angeln am Bodensee: Wo legale Fischerei endet und „Catch and Release“ beginnt
Fische dürfen mit dem Ziel des Fischfleischverzehrs geangelt werden, so die Gesetzeslage – die Langenarger Sportangler handelten also legal. Zunehmend zum Problem gerät aber die auch unter Anglern umstrittene Methode „Catch and Release“ (zu Deutsch: Fangen und Freilassen). Was hat es damit auf sich? Der Angler zieht einen (imposanten) Fisch aus dem Wasser, hakt ihn ab, misst und wiegt ihn und lässt sich von einem Begleiter fotografieren. Meist posten die Hobbyangler Video oder Foto im Internet.
Kritik von Tierschützern: Peta gegen Angeln als „Sport“
Laut der Tierschutzorganisation Peta ist „Catch and Release“ die Jagd auf Fische mit dem Vorsatz, sie „in eine Falle zu locken“. Sie würden als Spielzeug oder Trophäe angesehen, schreibt Peta-Sprecherin Tanja Breining. Nach dem „Aufspießen, Wiegen, Messen und Posieren vor der Kamera“ gehe es mit ihnen wieder zurück ins Wasser. Tatsächlich gibt es viele Videos in den sozialen Netzwerken, die dies dokumentieren.

Fischerei-Verbände in Baden-Württemberg warnen vor tierschutzwidrigem Angeln
Peta betont, dass die vermeintlich tierfreundliche Praxis des „Freilassens“ nicht dem Tierwohl entspreche: Das Herausnehmen des Fisches setze diesen einem enormen Stress aus. Wenn er nach Abhaken, Messen und Fotografieren wieder ins Wasser gelassen werde, sei er unter Umständen verletzt und leichte Beute für Fressfeinde.
Dem stimmt der Landesfischereiverband Baden-Württemberg (LFVBW) zu: „Manche Angler kennen ihre Karpfen sogar mit Namen“, sagt Ingo Kramer, Fischereibiologe und Geschäftsführer beim LFVBW. Einige hätten eine Abhakmatte und lösten den Haken mit einem Spezialwerkzeug. „Auch wenn alles sachgerecht geschieht, stellt es einen Verstoß gegen das Fischereirecht dar. Man darf einen Fisch für den eigenen Verzehr angeln, nicht aber zum Spaß“, bestätigt Kramer.
Angeln zwischen Gesetz und Praxis: Wann ein Fisch zurückgesetzt werden darf
Es liege zwar im Ermessen des Anglers, einen Fisch auch mal ins Wasser zurückzusetzen, etwa, weil er zu klein oder in der Schonzeit gefangen worden sei. Dann sei der Angler sogar verpflichtet, den Fisch unmittelbar und schonend zurückzusetzen, sagt der Sprecher des Deutschen Angelfischerverbands Olaf Lindner in Berlin. „Damit würde der Angler auch vor Gericht durchkommen.“ Daraus ein Ritual zu machen, sei jedoch gesetzeswidrig.
Gerichtsurteile: Wenn Angeln am Bodensee zum Fall für die Justiz wird
Es gibt inzwischen auch Prozesse zu diesem Vorgehen. Im Februar 2023 stand ein Angler vor dem Lindauer Amtsgericht, weil er einen Hecht gefangen, fotografiert und ins Wasser gelassen hatte. Es seien drei Minuten vergangen, bis der Fisch wieder frei gewesen sei, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Das Verfahren wurde allerdings eingestellt, weil ein Nachweis über die Dauer des Festhaltens nicht gelang. Der Angler musste laut einem Bericht der Schwäbischen Zeitung 1000 Euro ans Lindauer Tierheim zahlen.
Klimawandel verändert das Angeln am Bodensee: Mehr Welse durch höhere Temperaturen
Verhinderbar seien Fälle von „Catch and Release“ kaum, sagt Kramer. Der Verband versuche, seine Mitgliedsvereine über die tierschutzwidrige Praxis aufzuklären. Einen Rekordfang zu veröffentlichen, sei eine uralte Praxis: „Ein Angler, der einen riesigen Fisch fängt, ist stolz wie Bolle und wird dies auch mitteilen“, so der Experte. Dass die Meldungen über geangelte Riesen-Welse sich häufen, hat einen anderen Grund: Der Wels ist als wärmeresistenter Fisch ein Profiteur des Klimawandels, daher gibt es immer mehr große Exemplare.
16 Fischereigesetze
Wer einen Fisch zum Spaß aus dem Wasser zieht, ihn vor der Kamera präsentiert und dann wieder ins Wasser entlässt, der begeht in Deutschland eine Straftat. „Catch and Release“ nennt man das Vorgehen. Viele Angler machen es trotzdem und posten die Fotos und Videos in den sozialen Netzwerken. Das Mitleid bei einer Anzeige hält sich beim Deutschen Angelfischerverband in Grenzen. Oft herrsche Unsicherheit darüber, was wirklich verboten sei und was nicht. „Wir haben in Deutschland 16 Fischereigesetze und somit 16 verschiedene Regelungen zu dem Thema“, so ein Verbandssprecher. „Zurücksetzen darf man den Fisch zum Beispiel je nach Landesgesetz auch, wenn man ihn nicht richtig verwerten kann oder der Fisch aus Sicht des Anglers eine bedeutende Rolle für die Arterhaltung spielt.“ Nicht alle seien mit der aktuellen Regelung einverstanden. Bei den Anglern gebe es zwei Strömungen. Die einen fordern demnach, „Catch and Release“ uneingeschränkt zu ermöglichen und nur zum Spaß zu angeln. Für die anderen wiege das Tierwohl schwerer. Letzteres entspreche in der Gesellschaft der Mehrheitsmeinung. (dpa)Info
Angler posten verbotene Videos – Verband zeigt wenig Mitleid
Wer Fische nur zum Spaß fängt und wieder freilässt, riskiert in Deutschland eine Strafe. Angler teilen trotzdem Bilder und Videos davon. Was der Anglerverband dazu sagt.
Berlin/Langenargen (dpa/lsw) – Angel-Fans drohen dafür hohe Geldstrafen: Wer einen Fisch zum Spaß aus dem Wasser zieht, ihn vor der Kamera präsentiert und dann wieder ins Wasser entlässt, der begeht in Deutschland eine Straftat. Catch and Release nennt man das Vorgehen. Viele Angler machen es trotzdem und posten die Fotos und Videos in den sozialen Netzwerken. Das Mitleid bei einer Anzeige hält sich beim Deutschen Angelfischerverband in Grenzen.
„Das verstößt eindeutig gegen das Gesetz und wird oft auch angezeigt“, sagte Verbandssprecher Olaf Lindner in Berlin. Probleme gebe es dann, wenn man ohne jegliche Verwertungsabsicht, also nur zum Spaß und nicht für den Eigenbedarf, Fische fange.
Doch nicht alle Anzeigen seien gerechtfertigt. In Ausnahmefällen dürften Angler Fische zurücksetzen. Wenn der Fisch etwa zu klein oder in der Schonzeit gefangen worden sei, sei der Angler sogar verpflichtet, den Fisch unmittelbar und schonend zurückzusetzen. „Damit würde der Angler auch vor Gericht durchkommen.“
Der Spaß-Faktor und die 16 Fischereigesetze
Oft herrsche Unsicherheit darüber, was wirklich verboten sei und was nicht. „Wir haben in Deutschland 16 Fischereigesetze und somit 16 verschiedene Regelungen zu dem Thema“, so der Sprecher weiter. Weniger Wildwuchs wäre aus Sicht des Verbands besser. „Zurücksetzen darf man den Fisch zum Beispiel je nach Landesgesetz auch, wenn man ihn nicht richtig verwerten kann oder der Fisch aus Sicht des Anglers eine bedeutende Rolle für die Arterhaltung spielt.“
Nicht alle seien mit der aktuellen Regelung einverstanden. Bei den Anglern gebe es zwei Strömungen. Die einen fordern demnach, Catch and Release uneingeschränkt zu ermöglichen, und nur zum Spaß zu angeln. Für die anderen wiege das Tierwohl schwerer. Letzteres entspreche in der Gesellschaft der Mehrheitsmeinung.