Brigitte Frank-Gauckler

Gütenbach (bfg) Sandra Kreisler und Roger Stein als Wortfront-Duo – da wirken Stimme und Texte besonders stark. Bereits zum dritten Mal gastierten die Musiker aus Berlin im Hanhart am Samstagabend, dieses Mal instrumentell auf ein Klavier reduziert. Sie boten einen literarischen Kabarett-Chanson-Abend zwischen Poesie und Gesellschaftskritik.

Der Bandname klingt vielleicht etwas kriegerisch, doch sie sehen ihn eher im Sinne von kämpferisch, quasi an vorderster Front der Sprache und mit dieser wissen sie bestens umzugehen. Sie stammen aus unterschiedlichen Welten und erstreiten sich ihre Lieder, gab Kreisler zu, die mit starker Bühnenpräsenz und dunkelsamtiger Stimme die Lieder entsprechend interpretierte. Dabei setzen sie alle Musikstile ein, sie passen in keine Schublade und wollen dort auch nicht hinein. „Herz aus Freilandhaltung“ ist ihr neues Programm, für offene Ohren und Seelen, doch präsentierten sie auch alte und beliebte Songs.

Die Lieder erzählen davon, dass es heute ein Zuhause kaum mehr gibt und Heimat ein fremdartiges Gefühl ist. Sie beleuchten kritisch den Öko-Pazifisten mit Hang zum Konsum in ihrem älteren Song „Ich bin ein postmodernes Arschloch“, das in jedem von uns stecke.

Voll Poesie besingen sie dann wieder den Zauber des Herbstes, den es jedes Jahr neu zu entdecken gilt, um gleich den „Pensionierten Punks“ zuzuhören, die über die gute alte Zeit in den 1980er Jahren schwadronieren. Ihre Songs spiegeln das diffuse Lebensbild in einer informationsgefluteten Welt, treffen den Kern und formulieren ihn berührend. Auch die Zukunft wird besungen, Roger Stein stellt sich sein Leben als Rentner vor, und gleich danach folgt die Aufforderung „Stirb, bevor’s zu spät ist“.

Stein ist viel mehr als der Begleiter am Klavier. Die meisten Texte stammen aus seiner Feder, er singt auch eigene Parts. Beeindruckend seine Familiengeschichte aus dem Berner Oberland und die Hommage einiger Dichter und Denker ans Grillen. Wortfront legte mit Leichtigkeit bei gleichzeitigem Tiefgang die Finger in die Wunden der Zeit und bot einen gleichzeitig bissig-witzig unterhaltsamen wie nachdenklich stimmenden Chansonabend.