Eigentlich hätte es mittlerweile schon an den ersten Spatenstich beim Bau der zweiten großen Brücke über das Gauchachtal gehen sollen. Stattdessen ist die Zukunft des etwa 57 Millionen teuren Projektes aktuell unklar. Der Grund: Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) klagt dagegen. Der Verein sieht bei den vorbereitenden Verfahren eklatante Mängel seitens des Regierungspräsidiums Freiburg (RP).

In der Klagebegründung führt der VCD schwerwiegende Mängel der Plangenehmigung an; die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Dögginger Ortsumfahrung fehle vollständig. Wie das RP sagt, sei die Genehmigung für das Gesamtverfahren indes „seit langem unanfechtbar“, so Heike Spannagel, Pressesprecherin des RP Freiburg. Die zweite Gauchachtalbrücke sei Teil der B31-Ortsumfahrung Döggingen, die bereits 1991 planfestgestellt wurde. Die Klagefristen seien dafür bereits abgelaufen.

Wo sieht der VCD die Mängel?

Für den Bau der Brücke werden umfangreichere Bauflächen benötigt als ursprünglich genehmigt. Insbesondere sollen die Bauteile zur Vermeidung von Umleitungen durch Döggingen und aus statischen Gründen nicht von der bestehenden Brücke eingehoben werden, sondern mit Kränen auf einer Baustraße im Tal. „Die Herstellung der Baustraße sowie der zugehörigen Baustelleneinrichtungsflächen wurde am 11. Februar 2022 vom Regierungspräsidium genehmigt“, erklärt Heike Spannagel.

Die Briefe

Da Rodungen nur außerhalb der Vegetationsperiode gemacht werden dürfen, sei bereits Ende 2021 zur Vermeidung eines einjährigen Bauverzugs von der Körperschaftsforstdirektion die Rodung der für den Bau und den ökologischen Ausgleich benötigten Flächen genehmigt worden. „Vor Erteilung dieser Genehmigungen wurde geprüft, ob für die Beeinträchtigungen während der Bauzeit eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden muss“, heißt es aus dem RP.

Bereits seit 1991 genehmigt

Aufgrund der Vorprüfung sei eine UVP nicht als erforderlich angesehen worden, da die Bauflächen nach Fertigstellung der Brücke größtenteils wieder rekultiviert und in den vorigen Zustand versetzt und das Brückenbauwerk selbst – und damit auch seine anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen – bereits seit 1991 genehmigt seien.

Wogegen klagt der VCD?

Die Umweltverbandsklage des VCD richtet sich gegen die Genehmigung vom 11. Februar 2022 zur Herstellung der Baustraße und der Baustelleneinrichtungsflächen. Begründet werde sie laut RP sie etwa damit, dass das Gesamtvorhaben der Ortsumfahrung Döggingen nicht in die UVP-Vorprüfung einbezogen worden sei, die Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Verträglichkeitsprüfung auch die anlage- und betriebsbedingten Wirkungen der bestehenden Brücke umfassen müsse und eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets Wutachschlucht im Hinblick auf die Fledermausart Großes Mausohr fehlerhaft ausgeschlossen worden sei.

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In der Klageschrift nennt der VCD weitere Flächen: Betroffen sind das FFH-Gebiet „Wutachschlucht“, das Vogelschutzgebiet „Wutach und Baaralb“, das Vogelschutzgebiet „Baar“, das gesetzlich geschützte Biotop „Gauchach unterhalb Posthaus“, das Gewässer „Graben Hohle Gasse“, das Gewässer „Gauchach“, das Gewässer „Mauchach“, umfangreiche Waldflächen (Bodenschutzwald und Erholungswald) und ein internationaler Wildtierkorridor. Hinzu treten zahlreiche besonders und streng geschützte Arten.

Zudem verstoße die Genehmigung gegen die Vorgaben des Arten- und Biotopschutzes, da die Vergrämung und Umsiedlung von Reptilien nicht fachgerecht geplant und die Fläche eines Auwald-Biotops nicht korrekt ermittelt worden sei. Außerdem sei nicht die Körperschaftsforstdirektion beim RP für die Rodungsgenehmigungen zuständig gewesen sei, sondern die dortige Planfeststellungsbehörde.

Wie geht es jetzt weiter?

Nach Prüfung der Klagebegründung des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) zeigt sich das RP zuversichtlich, dass der Bau der zweiten Gauchachtalbrücke auf dem Klageweg nicht verhindert werden kann. Es verweist dabei auf die Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses der Ortsumfahrung Döggingen von 1991, der den Bau der zweiten Gauchachtalbrücke einschließt.

Und die Kosten?

Das RP befürchtet, dass das Klageverfahren mehrere Jahre in Anspruch nehmen könnte. Damit würden sich die Baukosten voraussichtlich weiter erhöhen. „Wir müssen davon ausgehen, dass sich die Baukosten weiter erhöhen werden, je länger das Verfahren dauert“, erklärt Spannagel, „anschließend müssten die für den Brückenbau benötigten Haushaltsmittel des Bundes erneut beantragt und bewilligt werden.“

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Dieser mehrjährige Zeitverzug würde bedeuten, dass die enge und kurvige Ortsdurchfahrt von Döggingen bei Arbeiten an der Brücke oder Unfällen weiterhin vom Umleitungsverkehr belastet würde. Im Fall der mittelfristig anstehenden Sanierung der bestehenden Brücke könnte dies sogar über einen längeren Zeitraum der Fall sein. Aus diesem Grund haben die Gemeinderäte der Städte Bräunlingen und Löffingen aktuell eine Resolution für den Bau der Brücke beschlossen und sich damit an das RP gewandt.

Eilantrag wird gestellt

Um eine lange Verzögerung zu vermeiden, wird die Straßenbaubehörde des RP einen Antrag auf Sofortvollzug der Plangenehmigung für die Baustraße und die Bauflächen stellen. „Dadurch soll erreicht werden, dass der Verwaltungsgerichtshof die Erfolgsaussichten der Klage des VCD in einem gerichtlichen Eilverfahren prüft“, sagt die Pressesprecherin. Damit bestehe die Möglichkeit, dass das Verfahren in einigen Monaten abgeschlossen werden und der Bau der Brücke trotz der Klage starten kann, heißt es aus dem RP.

Warum es die Brücke braucht

In diesem Zusammenhang teilte das RP mit, dass der Tunnel Döggingen künftig im Gegenverkehr befahren werden kann. Das habe zur Folge, dass Sperrungen einer Tunnelröhre oder einer Brücke in Zukunft jeweils durch das Schwesterbauwerk kompensiert werden können. Dies sei ein wichtiger Meilenstein im Projekt, weil dadurch künftig kein belastender Umleitungsverkehr durch die Ortsdurchfahrt von Döggingen mehr notwendig ist, so das RP. Voraussetzung hierfür sei jedoch der Bau der zweiten Gauchachtalbrücke.

Vorbereitungen laufen weiter

Die Vorbereitungen für den im Mai kommenden Jahres geplanten Baubeginn der Brücke laufen laut RP trotz der Klage unverändert weiter. Bereits vor deren Eingang waren mehrere Ingenieurverträge abgeschlossen und die europaweite Ausschreibung der Baumaßnahmen auf den Weg gebracht worden. Das RP kündigt an, unabhängig vom Fortgang des Klageverfahrens das Gespräch mit dem VCD zu suchen, um mit diesem über Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung zu sprechen.