Seit dem Wochenende leben fünf Menschen aus der Ukraine in Blumberg: Sie sind auf Initiative von Detlev Dillmann aus Riedböhringen von ihm selbst auf die Baar gebracht worden. Unter ihnen befinden sich zwei schwer behinderte Kinder.

Alles ist genau geplant

Die Evakuierung war im Vorfeld detailliert geplant worden, nachdem die medizinischen Befunde sowie die nötigen Dokumente übermittelt und übersetzt und mit der vorgesehenen Unterkunft abgestimmt worden waren. Durch den Einsatz der Hauptamtsleiterin Nicole Schautzgy, die das Gespräch mit den Blumberger Maltesern gesucht hatte, konnten die Menschen schließlich im Gebäude der Malteser an der Hauptstraße unterkommen.

Detlev Dillmann plant bereits die nächste Fahrt in die Ukraine.
Detlev Dillmann plant bereits die nächste Fahrt in die Ukraine. | Bild: Jens Hagen

Zumindest vorübergehend: Nach einer noch ausstehenden ärztlichen Untersuchung wird dann geschaut, in welcher Einrichtung die beiden schwerbehinderten Kinder mit ihren Müttern und der Schwester langfristig am besten untergebracht werden können. Schließlich sollen sowohl ärztliche Versorgung als auch notwendige Heilbehandlungen wie Ergo- oder Physiotherapie sichergestellt sein.

Spontaner Entschluss vor Ort

Detlev Dillmann blieb damit seinem Grundsatz treu, niemanden zu evakuieren, wenn nicht schon im Voraus geregelt ist, wo diese Personen unterkommen können. Das war diesmal allerdings gar nicht so einfach: Am Tag der Rückfahrt fand sich spontan eine junge Familie, die mit nach Deutschland fahren wollte.

Unterkunft in Hausen vor Wald

Beim Anblick des Paares mit seinem sechs Monate alten Baby konnten die Helfer nicht anders, als sich dafür zu entscheiden, dem kleinen Mädchen und seinen Eltern eine Perspektive zu geben. So organisierte Detlev Dillmann kurzerhand noch vor Ort und zum Teil auf der Rückfahrt die Unterbringung, die schließlich mit Unterstützung des Villinger Arztes Michael Fritzer privat bei einer Familie in Hausen vor Wald erfolgte.

Helfer erleben Fluchtgeschehen hautnah

Am Freitagmorgen machte sich Dillmann gemeinsam mit zwei Rettungssanitätern der Malteser aus Freiburg und Sigmaringen und deren beiden Rettungswagen auf den Weg nach Medyka an der polnisch-ukrainischen Grenze. Zudem hatte er über das Netzwerk der ukrainischen Gemeinden in Deutschland und der Schweiz zwei Ärztinnen, eine Krankenschwester sowie eine Dolmetscherin organisiert.

Sie übernachteten nach ihrer Ankunft auf Matratzen auf den Gängen des Flüchtlingsheimes. Somit waren sie ganz nah am Geschehen vor Ort: Sie wurden frühmorgens von Babygeschrei geweckt, sahen das ganze Ausmaß der Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit, aber auch, wie gut und straff organisiert die sicherheitstechnische Überwachung zum Schutz der im Heim untergebrachten Frauen war, berichtet Dillmann.

Jürgen Weißer (links) übergibt Manfred Hewer vier Reifen für den Pick-Up-Geländewagen eines ukrainischen Priesters. Dieser birgt mit ...
Jürgen Weißer (links) übergibt Manfred Hewer vier Reifen für den Pick-Up-Geländewagen eines ukrainischen Priesters. Dieser birgt mit Hilfe seines Pick-ups ukrainische Opfer und bestattet sie würdig auf dem Friedhof seiner Kirche. | Bild: Manfred Hewer

Mit zwei Kleinbussen voller Hilfsgüter fuhr am Freitagabend der zweite Trupp, bestehend aus Manfred Hewer, Hannes Jettkandt, Frank Januschowski und Hartmut Daniel ebenfalls an die polnisch-ukrainische Grenze. Sie hatten Medikamente im Wert von etwa 3000 Euro im Gepäck, die am Samstagvormittag sofort in Kurierfahrzeuge umgeladen und in die einzelnen Krankenhäuser transportiert wurden.

Pfarrer birgt Todesopfer

Daneben waren auch andere Hilfsgüter, die großzügig gespendet wurden, an Bord: Leichensäcke, eine Wasserpumpe, eine Mikrowelle und auch Autoreifen. Ein ukrainischer Priester, der seine Kirche zur Flüchtlingsunterkunft umgewidmet hat, hatte dieses Gesuch gestellt. Mit seinem Pick-Up, für den die Reifen benötigt wurden, fährt er los und birgt ukrainische Opfer, um sie auf dem Friedhof seiner Kirche zu beerdigen.

Am frühen Sonntagmorgen kommen die evakuierten Flüchtlinge aus der Ukraine, darunter zwei schwerbehinderte Kinder, wohlbehalten in ...
Am frühen Sonntagmorgen kommen die evakuierten Flüchtlinge aus der Ukraine, darunter zwei schwerbehinderte Kinder, wohlbehalten in Blumberg an. Sie sind nun zumindest vorübergehend im Gebäude der Malteser in Blumberg untergebracht. | Bild: Detlev Dillmann

Trotz teils winterlicher Straßenverhältnisse erfolgte auch die Rückfahrt reibungslos, so dass am frühen Sonntagmorgen alle Evakuierten sowie auch die Helfer in Blumberg ankamen. „Obwohl die lange Fahrt sowie die Eindrücke vor Ort für alle anstrengend waren, überwiegt am Ende doch das positive Gefühl, geholfen und damit etwas Gutes getan zu haben“, sagt Detlev Dillmann am Tag nach seiner Rückkehr. „Alle haben bereits zugesagt, dass sie solche eine Direkthilfe-Aktion noch mal mitmachen wollen.“

Zwei Unterkünfte als Reserve

Für Dillmann ist nach der letzten Fahrt direkt schon wieder vor der nächsten. Er hat bereits wieder eine lange Liste mit benachteiligten Menschen, vorwiegend mit Behinderung, die auf eine Evakuierung warten und für die er die Möglichkeit einer Unterbringung prüft. „So lange wir genügend Spendengelder haben, werde ich diese Fahrten fortsetzen“, kündigt Detlev Dillmann an.

Am frühen Sonntagmorgen kommen die evakuierten Flüchtlinge aus der Ukraine, darunter zwei schwerbehinderte Kinder, wohlbehalten in ...
Am frühen Sonntagmorgen kommen die evakuierten Flüchtlinge aus der Ukraine, darunter zwei schwerbehinderte Kinder, wohlbehalten in Blumberg an. Sie sind nun zumindest vorübergehend im Gebäude der Malteser in Blumberg untergebracht. | Bild: Detlev Dillmann

Eine Fahrt koste etwa 5000 Euro, wobei etwa ein Fünftel davon für Benzin benötigt werde und der Rest für Hilfsgüter verwendet werde. Für die Zukunft hat er sich nach der aktuellen Fahrt fest vorgenommen, für den spontanen Bedarfsfall immer zwei Unterkünfte als Reserve vorzuhalten, wobei diese auf verschiedene Landkreise verteilt werden sollen, um keine Gemeinde zu überfordern.

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Mit der Unterbringung in einer Unterkunft sei für ihn die Evakuierung der Menschen aber noch lange nicht abgeschlossen, erklärt Dillmann. „Keiner der Flüchtlinge soll das Gefühl haben, lediglich mit nach Deutschland transportiert, abgesetzt und dann vergessen worden zu sein.“ Daher hält Detlev Dillmann auch zu den bereits vor zwei Wochen nach Freiburg gebrachten Flüchtlingen weiterhin täglich Kontakt.

Sanitätshaus spendet Kinder-Rollstuhl

Zudem habe er für sie einen speziellen Kinder-Rollstuhl gespendet bekommen. Auch die am Sonntag in Blumberg angekommenen Flüchtlinge werden weiter intensiv betreut, um eine Versorgung mit allem Notwendigen zu gewährleisten, so Dillmann. So hat das jugendliche Geschwisterkind ohne Handicap bereits ein Tablet von der Stadtverwaltung erhalten, um weiterhin am Online-Unterricht seiner ukrainischen Schule teilnehmen zu können.