Erich Schüle

Zu unserem Bericht in der Reihe "Gedächtnis der Region" am 18. August über die Geschäfte Blumbergs in den 1960er Jahren meldet sich mit Erich Schüle aus Fützen ein Kenner.

Die aufgezählten Geschäfte sind mir alle bekannt. Die genannten Lebensmittelgeschäfte wurden allesamt von der damaligen Lebensmittelgroßhandlung Adolf Wehinger aus Fützen beliefert und von mir als „Handlungsreisender“, wie es damals hieß, besucht. Und von diesen „Supermärkten“, alle noch ohne Selbstbedienung, gab es noch weitere. So residierte in Blumberg am „Waldrand“ der Fritz Kiefer, ebenso wie der Bühler Max, in der Nachfolge Regenscheit. In der Friedhofstraße gab es die Baracke von Theodor Scherer mit dem vollen Lebensmittelsortiment (und Gastwirtschaft/Beiz), unweit davon August Allgeier, und im Anbau von Bauer Rudolf Fritz betrieb die hübsche Felicitas Bäurer erfolgreich ihr klitzekleines Nachbarschaftslädele.

Erich Schüle (88): Der gebürtige Fützener lernte in der Lebensmittelgroßhandlung Wehinger in Fützen Großhandelskaufmann, war dort 23 ...

Erich Schüle (88): Der gebürtige Fützener lernte in der Lebensmittelgroßhandlung Wehinger in Fützen Großhandelskaufmann, war dort 23 Jahre tätig und anschließend fast 25 Jahre bei der Lebensmittelzentrale Okle mit Sitz Singen. Schüle hat Aufstieg, Blüte und Niedergang der mittelständischen Lebensmittelgeschäfte erlebt, jahrelang berichtete er für den SÜDKURIER hauptsächlich über seinen Heimatort.

| Bild: Reiner Baltzer

Am Burbacher Weg versorgten Käthe/Eugen Kesenheimer (heute private Liegenschaft Dötzkirchner) die Bewohner der benachbarten Straßenzüge, Im Winkel versorgte das Feinkostgeschäft von Berndt das dortige Umfeld. In Zollhaus gab es die Bäckerei Glatz, das Lebensmittelgeschäft Rudolf Schüle und dort, wo heute die Bäckerei-Filiale Jim Knöpfle floriert, führte „der Winter Max“ auf wenigen Quadratmetern ein kleines Sortiment, bekannt auch als „Kleberhütte“: Er versorgte schon morgens ab 6.30 Uhr die Schichtarbeiter von Teves mit dem ersten Vesper und Gerstensaft.

Heute unvorstellbar ist der 15 m2 große Laden von Martin Weh in Randendorf, der die die Randener trefflich versorgte. Damals konnte man wirklich beim Einkaufen von den „kurzen Wegen“ sprechen. Über den Rückzug der „Mittelständler“ hat der SÜDKURIER im Bericht über Elektro Müller umfassend berichtet. Dazu muss ich allerdings Stadtrat Dieter Selig beipflichten, dass damals wie heute die Stadtverwaltung nichts zum Erhalt der existenziell nicht mehr haltbaren Nachbarschaftsläden beitragen konnte. Die Marktmacht, und die immer anspruchsvoller werdenden Verbraucher regelten und regeln das unter sich.

Zu erwähnen bleibt, dass dann bald beim entstandenen Verdrängungswettbewerb auch die sogenannten „Großen“ ihren Tribut zahlen mussten und sich zum Teil an ihrem unersättlichen Gebietserweiterungen mehrfach „verhoben“. So hieß es dann treffend: Zuerst fressen die Großen die Kleinen und nun die Schnellen die Langsamen“. Auf diesem „Schlachtfeld“ blieb zum Beispiel auch die Lebensmittelkette „Gottlieb“ mit Sitz in Freiburg auf der Strecke, sie wurde vom größeren „Pfannkuch“ aus Karlsruhe geschluckt, der sich aber letztlich mit seiner Expansionspolitik verhob und heute längst vom Markt verschwunden ist.

Mit dem Ausscheiden der mittelständischen Lebensmittelhändler (wie auch anderer Sparten) schieden konsequenterweise auch deren Lieferfirmen vom Markt aus. Nach 1948 gab es zwischen Freiburg und Konstanz gut zwölf Lebensmittelgroßhändler (Lieferanten für den Mittelstand), zum Beispiel Ruef in Freiburg, Müller-Degler, Säckingen, Anger in Tuttlingen, oder die einst große „Spar-Zentrale" Kasper in Singen, um nur einige zu nennen. In Bad Dürrheim stand auf dem heutigen Kaufland-Areal einst die Vivo-Lebensmittel-Zentrale der Firma Bürk, zu der übrigens auch die „Büdo-Schuhcreme-Fabrik" in Schwenningen gehörte.

Wo früher der Lebensmittelgroßhandel Wehinger in Fützen war, hat heute das Autohaus Stoffler mit seinen Büroräumen, dem Verkauf und dem ...
Wo früher der Lebensmittelgroßhandel Wehinger in Fützen war, hat heute das Autohaus Stoffler mit seinen Büroräumen, dem Verkauf und dem Tuning-Geschäft seinen Sitz. | Bild: Erich Schüle

Die Großhändler Spathelf in Villingen wie auch die Firma Oberle in Villingen importierten und rösteten nach der Währungsreform (1948) erfolgreich „echten“ Bohnenkaffee für ihre mittelständischen Abnehmer. Auch die Firma Wehinger, wo ich 25 Jahre bis zu deren Betriebsaufgabe (1968) meine Brötchen verdiente, war als Kolonialwaren-Großhandlung mit Kohlehandel und mit „der unteren Mühle“ gut im Geschäft.

Zu erwähnen ist, dass die Edeka, ein genossenschaftlicher Einkaufsverbund deutscher Kaufleute, den Zahn der Zeit erkannte, ihre im süddeutschen Raum gut zehn Lagerhäuser bündelte und heute von Offenburg, Balingen, Ellhofen und Heddesheim aus ganz Baden-Württemberg bedient.