Wolfgang Fürderer

Bad Dürrheim – Konzentriert sitzen die fünf Kinder am Tisch im Vereinsraum des Trachtenvereins Bad Dürrheim im ehemaligen Rathaus in der Schulstraße. Vor sich drei Strohhalme und ein nasses Handtuch. Penibel falten sie die Strohhalme übereinander, aufmerksam beobachtet von Barbara Reith und Rosemarie Löhrhoff. "Ein bissle drücken" und "immer in Nass arbeiten", geben sie den Kindern Ratschläge, die im Rahmen des Ferienprogramms der Stadt erste Erfahrungen mit dem Strohflechten machen.

Die beiden besten Lehrerinnen haben sie dabei. Seit fast genau zehn Jahren beschäftigen sich Reith und Löhrhoff engagiert mit der Strohflechterei, haben schon mehrere Kurse in der Schweiz besucht und sich so ständig fortgebildet. Welche filigrane, kleine Kunstwerke so schon entstanden sind, hat Reith auf unzähligen Fotos in einem dicken Album festgehalten.

Während wir gemeinsam im Album blättern und Schwäne, Kreuze, Walliser Fächer aber auch Nadelkissen und Puppe aus dem Strohmaterial bestaunen, arbeiten die Kinder fleißig weiter. Entstehen soll am Ende ein so genannter Liebesknoten. Sie wurden einst auf dem Feld geflochten von den Erntehelferinnen und zahlreiche romantische Geschichten ranken sich darum. Wird der Liebesbeweis aus dem Naturmaterial getragen, bedeutete das einst, dass man den Heiratsantrag annahm.

Doch beim Flechtnachmittag in der kühlen Trachtenstube spielt das an diesem Nachmittag keine Rolle. Begeistert sind die Kinder bei der Sache. "Mein Band wird immer dicker", wundert sich Rico, doch die Anleiterin beruhigt ihn. Das ist normal, weil die Halme unten eben auch dicker werden. Luana, die mit ihrem Bruder Rico dabei ist, gefällt der Nachmittag gut. Sie findet es "schön, was man alles auch Stroh machen kann". "Cool" findet es Mirjam, "wie aus dem Stroh ein Zopf entsteht". Sie ist übrigens gemeinsam mit ihrem Zwillingsbruder auch Mitglied der Trachtenjugend des Vereins, und hat so zum Flechtschnupperkurs gefunden.

Ob die Begeisterung für die filigrane Handarbeit anhalten wird wie bei ihren beiden Betreuerinnen? "Wir haben auf jeden Fall Strohfeuer gefangen", sagt Rosemarie Löhrhoff über sich und Barbara Reith. Das Hobby wird mit Begeisterung betrieben. Das Stroh dafür holen die beiden eigens aus der Schweiz, weil es eine bestimmte Länge haben muss.

Ihre Bastelarbeiten finden übrigens weilweit Anklang. Schon an Gäste aus Kanada und Neuseeland haben sie ihre kleinen Kunstwerke schon verkauft. Ein Käufer fragte sogar nach, ob er die Ware verzollen muss. Beim Holzschnefler-Tag in Bernau sind sie gerne gesehene Gäste und führen Interessenten in die Kunst ein, ebenso wie beim Weihnachtsmarkt und beim Trachtenfachmarkt in Bad Dürrheim.

Strohflechten

Das Strohflechten wurde einst als Nebenerwerb auf den Schwarzwaldhöfen betrieben. In Furtwangen gab es einst sogar eine Strohflechtschule für den Nachwuchs. Im Trachtenverein Bad Dürrheim beherrschen nur Barbara Reith und Rosemarie Löhrhoff diese alte Handwerkskunst. Reith leitet außerdem die Trachtenjugend, die derzeit aus zehn Kindern besteht. Hier sind neue Interessenten willkommen. Sie können sich an Barbara Reith unter Telefon 07720/ 43 86 wenden. (fue)