Bald beginnt wieder die Zeit, in der man kalte Füße bekommt. Da heißt es: Dicke Socken anziehen und die Heizung aufdrehen. Doch müssen Verbraucher in der Region auch kalte Füße bekommen, wenn sie auf Nahwärmenetze gesetzt haben? Werden die Preise durch Ernteausfälle in die Höhe schnellen und gibt es genügend Reserven?
Wetterextreme belasten die Ernten
„Die Ernteerträge waren beim Grünfutter sehr schlecht und beim Getreide durchschnittlich“, fasst Bernhard Stulz als Vertreter des Wärmenetz-Betreibers Fernwärme SBH, der Netze im Bereich Schwarzwald, Baar und Hegau betreibt. Die Erträge beim Mais würden wahrscheinlich unterdurchschnittlich ausfallen.
„Die Wetterextreme gefährden potentiell die Ernte von Energiepflanzen für Biogasanlagen und können deren Preise in die Höhe treiben“, räumt Bene Müller ein. Er ist im Vorstand von Solarcomplex. Sein Unternehmen betreibt Wärmenetze in rund 20 Gemeinden. In der Region in Hilzingen, Schlatt und Weiterdingen, darüber hinaus in den Landkreisen Tuttlingen, Sigmaringen und im Hochschwarzwald.
Ernteausfälle würden sich zunächst aber nur auf die Wirtschaftlichkeit der Biogasanlagen auswirken, nicht auf die der Kunden der Fernwärmenetze, betont Müller. Die Biogasanlagen und die Energiekunden hätten keine direkte Vertragsbeziehung zueinander. Dazwischen sei der Betreiber des Wärmenetzes, also Solarcomplex. „Eingespeist wird neben der Abwärme von Biogasanlagen auch Energie aus Holzhackschnitzeln, industrielle Abwärme oder solarthermische Energie aus großen Kollektorfeldern“, so Müller.
„Wir haben genug Material, Ertragsschwankungen sind ja nichts Neues“, bringt Bernhard Stulz ein weiteres Argument für die Versorgungssicherheit. Die Ertragsschwankungen würden durch große Lagerkapazitäten ausgeglichen, so Stulz. So stünde auch für diesen Winter wie bisher immer genügend Material zur Verfügung.

Bei den Projekten von Solarcomplex müsse mit keiner überdurchschnittlichen Verteuerung gerechnet werden, sagt Müller weiter. Die Preisbildung sei über eine sogenannte Preisgleitklausel für die gesamte Vertragslaufzeit fest vereinbart. „In der Preisgleitklausel finden sich weder fossile Energien noch die Preise für Biogas-Substrate. Sondern in der Regel die allgemeine Inflation und die Hackschnitzelpreise“, fasst Müller zusammen.
Wer regenerative Energien nutzt, kann heute etspannen
Dies werde zu einer Verteuerung in 2022 auch bei Solarcomplex-Netzen führen. Aber um Größenordnungen kleiner als das, was sich gerade bei fossilen Energien abspiele, so Müller. „Die Kunden unserer regenerativen Wärmenetze können sich relativ entspannt zurück lehnen“, versichert der Solarcomplex-Vorstand.
Auch in Tengen sehe es ähnlich aus: „Die Schwankungen bei den Ernteerträgen haben keinen unmittelbaren Einfluss auf die Energiepreise“, betont Stulz als Betreiber des Tengener SBH-Netzes. Und dies, obwohl die derzeit hohen Diesel- und Düngerpreise zu einem Aufstieg der Erntekosten geführt hätten.

Gibt es Sicherungsmaßnahmen, falls die Ernte zu knapp wird? „Ergänzend zu den Energieeinspeisungen durch die Biogasanlagen können wir auch noch mit Hackschnitzel heizen“, spricht Stulz für das Tengener Netz. Diese Variante solle in 2023 mit einer weiteren Hackschnitzelheizung in Tengen ausgebaut werden. Mittelfristig sei außerdem der Bau eines Saisonspeichers und die Nutzung von Überschussstrom angedacht.
Auch Müller betont: „Es gibt immer mehrere Wärmequellen, beispielsweise Biogas-Abwärme und zusätzlich einen Hackschnitzelkessel.“ Standardmäßig sei immer der Anschluss für eine sogenannte mobile Heizzentrale eingebaut. Eine solche Heizzentrale halte Solarcomplex vor. „Die Versorgungssicherheit in einem Wärmenetz ist daher immer höher als mit einer eindimensionalen Einzelheizung“, so Müller.