209 Menschen aus der Ukraine sind bereits in Singen angekommen, 138 haben sich schon beim Bürgerbüro angemeldet und 71 einen Termin dafür vereinbart. Der kommunale Integrationsbeauftragte Stefan Schlagowsky-Molkenthin hat im Ausschuss für Familien, Soziales und Ordnung einen aktuellen Zwischenstand darüber gegeben, welche Auswirkungen der Ukraine-Krieg in der Hegaustadt hat. Dabei machte er deutlich, dass nicht die üblichen Asylverfahren gelten, wie sie seit Jahren bekannt sind. Wegen der sogenannten EU-Massenzustrom-Richtlinie müsse man Flüchtlingen aus der Ukraine sofort Zugang bieten zu Wohnraum und Arbeitsmarkt, aber auch zu Gesundheitsversorgung, Sozialleistungen und Bildung. „Das Ganze ist natürlich eine große Herausforderung“, sagte Schlagowsky-Molkenthin.

Denn jetzt seien alle Schritte sofort und vor Ort nötig, ohne ordnende Einrichtungen wie eine Landeserstaufnahmeeinrichtung und ohne Übergangsfristen von mehreren Monaten. Das führt zu Schlangen vor Singens Bürgerzentrum.

Alle Zuständigkeiten an einem Ort

Dort sind dann nicht nur das Bürgerzentrum selbst für die Anmeldung beim Einwohnermeldeamt gefragt, sondern auch Mitarbeiter der Ausländerbehörde. Denn Flüchtlinge müssen eine Aufenthaltserlaubnis sowie Sozialleistungen beantragen, auch eine erkennungsdienstliche Erfassung und ein Gesundheitscheck stehen auf dem Programm. Der Stadtseniorenrat habe seine Räume zur Verfügung gestellt, wie Torsten Kalb als Leiter des Fachbereich Jugend, Soziales und Ordnung erklärte. Dadurch könnten die Betroffenen in Zehnergruppen die einzelnen Stationen absolvieren.

Zuvor hatte Walafried Schrott (SPD) angemerkt, dass Menschen lange anstehen müssen und die Sicherheitskräfte offenbar nicht in der Lage seien, gerade älteren Menschen einen Sitzplatz anzubieten. Das solle künftig besser werden, so Kalb.

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„Wir sind intensiv dabei, die Strukturen aufzubauen“, erklärte Oberbürgermeister Bernd Häusler, der Bürgermeisterin Ute Seifried vertrat. Nachdem es teilweise etwas hektisch gewesen sei, laufe es momentan ziemlich geordnet. Einige Wohnungsangebote würden bereits vorliegen, um Geflüchteten ein Zuhause zu bieten. Wichtig sei dabei, dass die Räume nicht nur wenige Wochen, sondern mehrere Monate zur Verfügung stehen.

Es fehlen Wohnraum und Plätze in Kitas und Schulen

Klar sei aber auch: „Wir werden nicht für alle sofort Wohnraum finden.“ Integrationsbeauftragter Stefan Schlagowsky-Molkenthin hatte bereits wenige Minuten zuvor erklärt: „Es wird vielleicht Sammelunterkünfte geben müssen.“ 40 Schutzsuchende seien bereits in der Fittingstraße untergebracht.

„Früher hätten wir gesagt: die Ukraine ist nicht in der EU. Aber jetzt gelten andere Regelungen.“Stefan ...
„Früher hätten wir gesagt: die Ukraine ist nicht in der EU. Aber jetzt gelten andere Regelungen.“Stefan Schlagowsky-Molkenthin, kommunaler Integrationsbeauftragter Singen | Bild: SK

Ähnlich schwierig sei die Situation bei der Bildung. Von den 209 neuen Einwohnern der Stadt seien 65 minderjährig (Stand Donnerstag). Das ein oder andere Kind werde bereits an einer Grundschule unterrichtet, doch das sei noch nicht überall möglich. Selbst wenn man Räume etwa für eine Kitabetreuung habe, fehle es an Personal. „Das wird uns in nächster Zeit massive Probleme machen“, sagte OB Häusler weiter.

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Was mit traumatisierten Menschen geschehen soll, wurde auf Nachfrage von Ramona Halmer (Freie Wähler) nicht ganz klar. Denn: „Therapieplätze waren schon immer rar“, wie Schlagowsky-Molkenthin sagte. Isabelle Büren-Brauch (Grüne) schilderte außerdem Schwierigkeiten beim Behördengang einer Freundin, die ukrainische Flüchtlinge mit russischem Pass aufgenommen habe. Für private Wohnungsgeber könne das Prozedere ganz schön kompliziert werden, befand sie. Laut Stefan Schlagowsky-Molkenthin haben aber alle Menschen einen Schutzstatus, die bis zum Krieg längerfristig in der Ukraine waren.

Verwaltung ist am Limit

Es gebe viele Einzelfälle und Ausnahmen, sagte OB Häusler und betonte in der Diskussion auch, dass die Verwaltung für die aktuelle Situation nicht ausgelegt sei: „Wir sind da schon am Limit.“ Stadtrat Walafried Schrott (SPD) erwähnte auch die große Hilfsbereitschaft, die momentan zu beobachten sei: „Wir hoffen, dass sie auch in vier, fünf oder sechs Monaten noch groß ist.“

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