Aufwinde lassen Drachen fliegen. Kein Wunder also, dass die Fachstelle Sucht für ihre Kindergruppe den Namen „Aufwind“ und einen Drachen als Symbol gewählt hat. „Ein Kind bekommt das ja alles nicht so mit“ – das sei eine weit verbreitete, aber dennoch falsche Vorstellung über das Leben von Kindern in suchtbelasteten Familien, sagt Fachstellenleiter Lars Kiefer. Auch in der Corona-Zeit haben Christian Denecke und Jana Klaiber, die die Aufwind-Gruppe betreuen, den Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen gehalten. „Diese vulnerable Gruppe ist in dieser Pandemie besonders hohen psychosozialen Belastungen ausgesetzt, und so war es für uns wichtig und notwendig, dieses Angebot nicht einfach einzustellen“, fasst es Lars Kiefer zusammen.

Zurzeit werden über 30 Kinder und Jugendlichen in den zwei Gruppen in Singen und Radolfzell betreut, seit kurzem auch wieder als gesamte Gruppe. „Wir hatten im vergangenen Jahr während der Lockdown-Zeiten über Einzelgespräche bei den Kindern zuhause, Online-Meetings oder Spaziergänge weiter Kontakt“, so Denecke. Dabei sei Therapiehund Nero manchmal ein Türöffner gewesen.

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Doch bei dieser Präventionsarbeit ist die Fachstelle auf Spenden angewiesen. Dazu hat zuletzt der Lions-Club Radolfzell-Hegau mit eine Zuwendung von 5000 Euro beigetragen, die laut Kiefer für die Kindergruppe verwendet werden soll. Lions-Präsident Michael Kumpf, sowie Gerd Springe und Schatzmeister Michael Bingeser haben zur Spendenübergabe auch das Maskottchen, einen kleinen Plüsch-Löwen, mitgebracht. Ein Teil der Spende soll für die Unterhaltung eines Busses verwendet werden, der seinerseits schon durch Spenden finanziert wurde und mit dem die Kinder abgeholt oder besucht werden können. Der Rest der Summe soll in die Anschaffung von zwei Laptops fließen, um die Kontakte in Pandemiezeiten beispielsweise über Videokonferenzen möglich zu machen.

Sorgen in der Corona-Pandemie gibt es eher um die Kinder, die noch nicht erreicht wurden

Gerd Springe wollte wissen, ob es in der Pandemie auch Rückschläge gegeben habe. „Um die Kinder der Gruppe haben wir uns weniger Sorgen gemacht als um diejenigen, die noch nicht bei uns angedockt sind“, so Lars Kiefer. Rein theoretisch gehörten im Landkreis Konstanz mehr als 6000 Kinder unter 18 Jahren zu Familien, in denen ein Elternteil eine Suchtproblematik habe. „Wenn ein neues Kind in die Gruppe kommt, übernehmen andere aus der Gruppe eine Patenschaft“, so Kiefer. Mindestens ein Elternteil müsse zustimmen, dass das Kind in der Gruppe reden kann.

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„Diese Präventionsarbeit ist einfach gut“, sagte Michael Kumpf. Schließlich könne in der Aufwind-Gruppe darauf hingewirkt werden, dass sich eine Sucht gar nicht erst entwickele. Christian Denecke und Jana Klaiber vermitteln den Kindern von Anbeginn an, dass sie sich nicht schämen müssen, weil eines ihrer Elternteile suchtkrank ist. Auch bei den Online-Gesprächen hätten die Kinder und Jugendlichen keine Probleme gehabt, sich zu öffnen. Nun hoffen die Betreuer, dass im nächsten Jahr wieder eine gemeinsame Fahrt möglich sein wird. 2020 und 2021 mussten die Fahrten in die Toskana ausfallen. „Wir hoffen auch, dass die halbe Stelle von Jana Klaiber, die bis August 2022 über die Stiftung Herzenssache finanziert wird, danach weiter laufen kann“, so Kiefer.

Neben der Präventionsarbeit bei Aufwind haben die zwölf Mitarbeiter 2020 fast 700 Menschen mit Suchtproblemen oder deren Angehörige beraten. Für 111 Klienten wurde eine medizinische Rehabilitation beantragt. Die Gruppe Aufwind hatte sich im Frühjahr an der bundesweiten Aktionswoche „COA“ – die Abkürzung steht für das englische Children of Alcoholics oder Children of Addicts, auf deutsch Kinder von Alkoholabhängigen – mit einen live übertragenen Interview mit zwei Jugendlichen und einem Vater beteiligt.