Singen Es war wie ein Nach-Hause-Kommen. Zum Beginn der neuen Spielzeit im Kneipentheater „Die Färbe“ waren alle Plätze ausverkauft. Beim Eröffnungsfest wollten alle sehen, ob es nach der mehr als einjährigen Sanierung noch „ihr“ Theater ist. Auf den ersten Blick erschien alles wie gewohnt. Das Mobiliar konnte gerettet werden. Die Freude bei den Besuchern war groß.
Gespielt wurde in der Matinee allerdings nicht viel. Abgesehen vom Jazz der Dieter-Rühland-Nachfolgeband unter der Leitung von Andreas Frank und einer eindrucksvollen Kostprobe der Kompanie des Färbe-Balletts ging es jetzt um den Neustart. Es gab Rückblicke und Ausblicke von der Vorsitzenden des Färbe-Fördervereins, Veronika Netzhammer, Oberbürgermeister Bernd Häusler und der Theaterintendantin Cornelia Hentschel. Die Spielzeiteröffnung folgte einem bekannten Ritual: Färbe-Freunde erhielten ein Update in entspannter Atmosphäre.
Ein zentrales Thema war die Unwetterkatastrophe vom 26. Juni 2024. Innerhalb von Minuten überfluteten die Wassermassen das Singener Kneipentheater. Keine Absaugeinrichtung konnte den Strom aufhalten. „Ohnmächtig, mit Tränen in den Augen mussten wir der Verwüstung zuschauen“, erinnerte Oberbürgermeister Bernd Häusler an diesen schwarzen Tag, „normalerweise kommen die Wolken von Westen und bleiben am Hohentwiel hängen. Doch diesmal rückten sie von Osten an, und es gab kein Halten.“ Nach tagelangem Regen hatte sich die leicht erhöhte Schanz schon wie ein Schwamm vollgesaugt und konnte kein Wasser mehr aufnehmen.
Das Ergebnis bekamen Ensemble und Publikum unmittelbar zu spüren. Im Kneipentheater ging nichts mehr. Die gesamte Technik, die Böden, die Kühlgeräte der Gastronomie mussten erneuert werden. „Die Sanierung hat die gewaltige Summe von 650.000 Euro verschlungen“, berichtete Häusler. Die Versicherung habe die Kosten ohne ein Beklagen übernommen. Einen besonderen Dank richtete Häusler an die Eigentümer, Martina und Walter Demut, die aus eigener Tasche eine neue Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung bezahlt haben.
Für das Privattheater war der Gebäudeschaden existenzgefährdend. Rettung kam aber von der Stadt, die dem Ensemble die Räume in der Basilika für die Zeit der Renovierung zur Verfügung stellte. Überhaupt komme die größte finanzielle Unterstützung von der Stadt, erklärte Veronika Netzhammer. Aber auch das Land Baden-Württemberg und der Landkreis Konstanz helfen mit. Nicht zuletzt trägt der Förderverein zur Finanzierung des Theaters bei.
Doch was erwartet die Zuschauer in der neuen Spielzeit? Cornelia Hentschel stellte zunächst drei neue, junge Absolventen der Schauspielschulen in Hamburg, Berlin und Siegburg vor, die im Singener Ensemble mit Leidenschaft in ihre neuen Rollen schlüpfen: Femke Tiedemann, Oscar Blancke und Justus Hör. Carla Striewe hatte bereits in der vergangenen Spielzeit das Färbepublikum überzeugt. Bekannte Gesichter sind Dina Roos und Ralf Beckord, der bereits am 26. September in dem Solo-Stück von Joop Admiraal „Du bist meine Mutter“ in den beiden Rollen der demenzkranken Mutter und des Sohnes zu sehen sein wird. Beckord schilderte die Herausforderung dieser Doppelrolle. Das Stück soll vorerst nur achtmal gespielt werden. Es könne aber auch außer Haus gebucht werden.
Wie beim Färbe-Ballett unter der Leitung von Ines Kuhlicke zeichnet sich nach dem Generationenwechsel auch im Theater unter der Leitung von Cornelia Hentschel eine Neuausrichtung ab. So haben Komödien einen größeren Stellenwert erhalten. Zuletzt in der Shitparade unter der Regie von Elmar Kühling, der in dieser Spielzeit pausiert. Mit dem Stück „Kalter weißer Mann“ unter der Regie von Nete Mann geht es um den Konflikt der Ewig-Gestrigen, die mit dem politisch korrekten Gendern der jungen Generation nicht zurechtkommen. Die Geschichte eskaliert bei der Trauerfeier für den verstorbenen Feinwäscheunternehmer Gernot Steinfels. Premiere ist am 17. Oktober.
Passend zum Advent inszeniert Andreas von Studnitz das Stück „An der Arche um acht“, das Familien ansprechen soll. In lustiger, philosophischer Situationskomik werde das Thema Solidarität aufgearbeitet. Zusammen mit der Singener Tafel erarbeitet Dina Roos ein Amateurstück über armutsbetroffene Menschen, das am 31. November im großen Saal der Gems Premiere haben wird. Über die weiteren Stücke für 2026 werde noch beraten, sagte Cornelia Hentschel. So viel steht aber jetzt schon fest: Die neue Spielzeit verspricht viel Abwechslung.