Sandra Bossenmaier

Halbzeit in der Vesperkirche: Der Kirchenraum ist gut gefüllt, nur vereinzelt gibt es noch freie Plätze an den Tischen, man isst und unterhält sich miteinander. Wo sonst Kirchenbänke stehen, befinden sich jetzt mit weißen Tüchern eingedeckte Tische und Stühle. Freundlich empfangen wird man von Helfern, einer angenehmen Wärme sowie dem lecker duftenden Geruch von warmem Essen.

Ehrenamtliche machen es möglich

Zum sechsten Mal gibt es die Vesperkirche und die Mitglieder des Lions Clubs Radolfzell-Singen helfen wie jedes Jahr. Und sie brachten 35 selbstgebackene Kuchen mit. „Wir helfen mit großem Engagement“, so Jürgen Gabele, Präsident des Lions Clubs. Neben der finanziellen Unterstützung sei es für den Lions Club genauso wichtig, sich aktiv einzubringen und nicht nur einen Scheck zu übergeben. So kommt es, dass an diesem Samstag 35 Mitglieder und deren Frauen für den kompletten Service zuständig sind und dieselbe Anzahl an Kuchen gebacken haben. Weiter wurden von den Lions die Mittagessen und die Getränke für diesen Tag vollumfänglich finanziert.

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„In der Bibel gibt es viele Beispiele, in denen es um gemeinsames Essen geht“, so Lions-Mitglied Gerd Springe. Und eben auch um persönliche Begegnungen. „Die Vesperkirche ist gut und wird gebraucht“, lautet das Fazit von Jürgen Gabele. Und so lange es die Vesperkirche geben wird, wolle der Lions Club diese weiter unterstützen.

Die Vesperkirche als Gesamtkunstwerk

Über 200 ganz unterschiedliche Menschen kommen täglich zum Mittagessen in die Lutherkirche und nehmen an den Tischen Platz. Einer davon ist Enzio Hahn. Er kommt regelmäßig und hält sich gerne in der Vesperkirche auf, wie er erzählt. Das Ineinandergreifen vom Stil des Kircheninneren, der besonderen Atmosphäre, den Menschen hier und den empathischen Helfern bezeichnet er als Gesamtkunstwerk Vesperkirche. Das Essen sei von einer hohen Qualität.

In der Vesperkirche herrscht eine angenehme Atmosphäre und das Miteinander und der Austausch stehen im Vordergrund.
In der Vesperkirche herrscht eine angenehme Atmosphäre und das Miteinander und der Austausch stehen im Vordergrund. | Bild: Sandra Bossenmaier

Am Halbzeittag gibt es Pichelsteiner Eintopf und eine fleischlose Variante mit Nudeln. Auch hier könne man viel falsch machen, so Hahn, dem das Essen schmeckt, weil alles richtig gemacht wurde. „Mit Beginn des Essens beginnt für mich eine tiefe Entspannung“, fasst er zusammen. Jedes Mal könne er an einem anderen Tisch sitzen und mit anderen Leuten ins Gespräch kommen und erfahre deren ganz unterschiedliche Lebensgeschichten.

Das Zusammensein gefällt auch Caritas-Vorstand Wolfgang Heintschel, der einen kurzen Impulsvortrag hält. In der Vesperkirche könne man mit Menschen essen und sich unterhalten, mit denen man privat vermutlich nicht zusammenkommen würde. „Das Zusammensein hier ist großartig“, so Heintschel.

Horizonterweiterung beim Essen

Das gegenseitige Kennenlernen erweitere den Horizont, so Pfarrerin Andrea-Fink-Fauser, Hausherrin der Lutherkirche. „Alle haben Freude an den Begegnungen“, erklärt sie. Dabei gelte es auch, die unterschiedlichen Lebenssituationen der anderen wahrzunehmen. Denn oft würden die Menschen in ihrer eigenen Blase leben und die anderen nicht wahrnehmen, benennt die Pfarrerin eine Gefahr in der Gesellschaft. Viele berührende Gespräche würden sich immer wieder an den Tischen ergeben, was so in einem Restaurant in der Regel nicht möglich wäre.

Ein Angebot für alle

Die Vesperkirche ist ein Angebot für alle Menschen, ganz unabhängig von deren Herkunft oder sozialem Hintergrund. Renate Weißhaar vom Tagesdienst ist fast jeden Tag dabei und berichtet, das Angebot käme gut an. Es gebe immer eine tolle Stimmung. „In der Vesperkirche spiegelt sich ein Zusammenhalt wider. Man spürt die Freude darüber, nach zwei Jahren Corona endlich wieder Vesperkirche veranstalten zu dürfen“, so Renate Weißhaar. Dankbar sei man über die große Spendenbereitschaft und die vielen ehrenamtlichen Helfer, ohne die das Ganze nicht umzusetzen wäre.